Monika Rincks Gedicht „mein denken“

MONIKA RINCK

mein denken

ich hab heute mittag mein denken gesehen,
es war eine abgeweidete wiese mit buckeln. Wobei,
es könnten auch ausläufer bemooster bergketten sein,
jener grünfilzige teppich, den rentiere fressen.
nein, einfach eine rege sich wölbende landschaft jenseits
der baumgrenze, und sie war definitiv geschoren.
die gedanken gingen leicht schwindelnd darüber
wie sichtbar gemachte luftströme, nein, eigentlich vielmehr
wie eine flotte immaterieller hoovercrafts. sie nutzten
die buckel                                                         als schanze.

2003

aus: Monika Rinck: zum fernbleiben der umarmung. kookbooks Verlag, Berlin 2007

 

Konnotation

Die 1969 geborene Dichterin Monika Rinck hat man für den „verzückend frei flottierenden Assoziationsdrang“ ihrer Gedichte gelobt. Er führt zu einem lässigen Switchen zwischen unterschiedlichsten Themen und Wissensfeldern, die dann in einer „mobilen Form“ poetisch verbunden werden. Es ist ein unglaublich temporeicher, sinnlicher, von verblüffenden Verknüpfungen immer wieder belebter Dynamismus, der diese Gedichte vorantreibt. Wer Monika Rincks überraschenden Denkbewegungen zusieht, gerät in eine bucklige Landschaft:
Das „bucklige Gefühl“ – so definiert es die Autorin in ihrem Essayband Ah, das Love-Ding! (2006) – meint die unerschöpfliche Neugier auf immer neue Denkfiguren aus der Psychoanalyse und der französischen Philosophie, die zu einer Poetik des Begehrens zusammengeführt werden sollen. Die Begeisterung für Geschwindigkeit und für Fließbewegungen, wie sie in dem 2003 entstandenen Gedicht zelebriert wird, ist ein Zentralmotiv der Dichterin.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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