Peter Huchels Gedicht „Ich sah des Krieges Ruhm“

PETER HUCHEL

Ich sah des Krieges Ruhm

Ich sah des Krieges Ruhm.
Als wärs des Todes Säbelkorb,
durchklirrt von Schnee, am Straßenrand
lag eines Pferds Gerippe.
Nur eine Krähe scharrte dort im Schnee nach Aas,
wo Wind die Knochen nagte, Rost das Eisen fraß.

nach 1939

aus: Peter Huchel: Gesammelte Werke, Band 1: Die Gedichte, hrsg. v.Axel Vieregg, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1984

 

Konnotation

Die Literaturgeschichte porträtiert den Dichter Peter Huchel (1903–1981) gerne als wortkargen Einsiedler aus der Mark Brandenburg, der sich in seinen Gedichten und seiner Zeitschrift Sinn und Form allen Imperativen des SED-Staates verweigerte. Bis zu Hitlers Machtergreifung tummelte sich Huchel in der literarischen Bohème Berlins und bewohnte mit seinen Kollegen Ernst Bloch und Eberhard Meckel eine Künstlerkolonie. In seiner Phase des öffentlichen Verstummens nach 1933 entstand das finstere Gedicht über die Schrecken des Krieges.
Hier ist der Motivbestand von Huchels Dichtung exemplarisch entwickelt: Es geht um eine Poetik des Verhängnisses, die in die beschworenen Realien oder Naturerscheinungen stets die Zeichen des Unheimlichen oder des Todes einschreibt. Der Dichter hält Zwiesprache mit dem Schweigen oder entwirft Bilder vom Verlust der Hoffnung.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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