Martina Hefter: Zu Ann Cottens „Equilibrium And Stop Motion On A Trick Bike“

Mashup von Juliane Duda zu der Beitragsserie „Im Kern“

Im Kern

− Zu Ann Cottens Gedicht „Equilibrium And Stop Motion On A Trick Bike“ aus dem Gedichtband Ann Cotten: Fremdwörterbuchsonette. −

 

 

 

 

ANN COTTEN

Fremdwäörterbuchsonett Nr. 35:
Equilibrium And Stop Motion On A Trick Bike

Gezieltes Bremsen kann dieses Verharren −
verlängern? Nur ein bisschen. Wiederholen? Eher.
Und Wiederholen brauchts, bis das Manöver
die Zuverlässigkeit vergrößert. Deutlich ist,

dass bei den ersten paar tausend Versuchen
der Rahmen hängenbleibt oder die Bank
zerstört wird. Faktum ist, du hättest Grund
dieses Verfahren sinnlos oder für schwankend

zu halten, wär nicht das Probieren
oder das Atemholen zwischendurch
oder das Aufblicken im richtigen Moment
im eigentlichen Sinne das Vergnügen;
wie auch die ganzen zähen Stehversuche,
imperfekt, nicht Anfang noch Ende kennen.

Denn du bist ständig mitten im Versieren,
immer daraufhin kriegst du erst den Dreh raus.
Es machen lauter Tricks den großen Schmäh aus,
deren genauen Kenntnisse, Vorsicht!, sich ballen, zieren,

in Übergangsmomenten, in der Schwebe
zwischen dem Sinn und dem, was er bedeutet:
Wortlos verbleibst du irrend auf der Kante
und nur mit Worten spinnst präzis bescheuert.

Es dreht sich, wie in Filmen sich die Räder,
dass, wenn du glaubst, dass alles regrediert,
du näherst dich beständig einer, äh, stehenden Wendung.
Nur: stehend ist in diesem Krachen relativ
wie alles, was auf sich selber beruht eher
als auszurutschen auf der Augenblicke Chic.

 

Das echte Kunstrad

Wenn ich „Equilibrium And Stop Motion On A Trick Bike“ lese, muss ich jedes Mal die Bewegung gleich mitmachen: Stoppen. Zentrieren. Zittern. Lösen. Nochmal zurück schwingen. Nach der Mitte streben, und das gleich wieder sterben lassen. Dann alles von neuern. Das Gedicht von Ann Cotten ist die Bewegung selbst, und zugleich schon dessen Analyse. Die Bewegung wird komplett zerlegt und in Zeitlupe darstellt, ein Verfahren, so ähnlich wie in meinem Bewegungslehre-Buch, in dem die einzelnen Phasen eines Sprungs oder eines Felgaufschwungs grafisch dargestellt sind und dicht an dicht aufgefächert dann doch eine neue Form des Ganzen ergeben: den Kranz eines Turners um eine Reckstange, den Bogen aus einem Leichtathleten, aufgespannt zwischen Absprungpunkt und Sandgrube. Eine Art Daumenkino auf nur einer Buchseite. Insgesamt ist das weniger penibel, als es sich anhört, es ist vielmehr – visionär. Zumindest positiv vorwegnehmend und vorausschauend.
Was ist eigentlich Gleichgewicht? Jedenfalls kein statisches „Verharren“, das, je trainierter man ist, immer länger andauert. Es meint vielmehr eine Folge aus ziemlich vielen Wiederholungen einer oder mehrerer winziger Bewegungen, siehe auch Strophe eins. Es müssten im Prinzip Bewegungen, die optisch einem vollkommenen Stillstand nahekommen, sich abwechseln mit jenen, die einen größeren Ausschlag, einen größeren Radius aufweisen, z.B. Armerudern oder in kurzes Lösen der vertikalen Körperachse. Die Tänzerin und Tanztheoretikerin Doris Humphrey sprach im Zusammenhang mit Gleichgewicht von „kontinuierlichen Anpassungen des gesamten Körpergewebes“, und auch vom „vertikalen Tod“. Deswegen besteht die Hauptaufgabe im zeitgenössischen Tanz vielleicht eher darin, aus dem Gleichgewicht heraus zu kommen, oder, noch besser, es rechtzeitig zu vermeiden.
Ann Cottens Gedicht besteht strenggenommen aus zwei Sonetten, also zwei mal vierzehn Zeilen zu je zwei Quartetten und je einem Sechserblock anstelle zweier Terzette. Die Versenden reimen sich bis auf eine Ausnahme im dritten Quartett nicht, manchmal meine ich aber, leichte Lautähnlichkeiten heraushören zu können (z.B. „eher-Manöver“, „probieren-Vergnügen“). Ich habe mir nie die Mühe gemacht, auszuzählen, ob und wenn ja welches Metrum hier ein- bzw. durch- oder eben nicht ein- bzw. durchgehalten wird. Auf jeden Fall empfinde ich einen gewissen Grundrhythmus beim Lesen, der aber hier und da aufgebrochen wird und dann in ein Gezitter, Gewackel, in ein Geknäuel fällt, bis er sich wieder fängt.
Spricht ein Sonett immer auch über seine eigene Technik? Sonett, da denke ich nicht nur sehr respektvoll an komplizierte Vershäkeltechniken, sondern vor allem an räumliche Aspekte, an die genaue Verteilung der Wörter innerhalb der Strophen, an Berechnungen der Statik, Gewicht und Gegengewicht. Ich denke an Ausbalancieren, an Harmonie, die, ich weiß nicht wieso, mir im Falle eines Sonetts nicht sofort suspekt ist – vielleicht nur deswegen, weil ein Sonett so altehrwürdig ist? Es wirkt ein bisschen unangreifbar, obwohl ich es sonst nicht mag, wenn etwas unangreifbar wirkt (indem ich „ein bißchen“ sage, mache ich damit deutlich genug, dass ich die Unangreifbarkeit relativiere, oder drücke ich mich nur davor, es genauer zu erklären?). Das Sonett von Ann Cotten wiederholt in seiner Form die Bewegung des Gleichgewichts, es spricht in jeder Hinsicht darüber, und zugleich spricht es vom Gegenteil des Gleichgewichts, also von den Augenblicken des „Probierens“, „Atemholens“, vom „Aufblicken im richtigen Moment“ – was vielleicht dann jene Bewegungen wären, die vom Zustand des wirklichen, echten Stillstands (der nur ein gedachtes Maß sein kann) am weitesten entfernt sind. Mit einem Sonett über das Gleichgewicht auf einem Trickbike und zugleich über sein Gegenteil zu sprechen, über Hinfallen, geschredderte Bänke, über körperliches Stummbleiben, über das Gegenteil von Gelingen, ist eine Technik, die auf ziemlich nette Weise gegen sich selbst gerichtet ist.
Das Fahren auf einem Trick Bike wollte ich eigentlich nicht als Metapher für das Schreiben von Gedichten lesen. Man kann das machen, wenn man unbedingt fixiert ist auf Poetologie. Ich hatte vor, bei dem echten Kunstrad zu bleiben. Ich hätte einfach sagen können, wie sehr ich es schätze, dass sich ein Gedicht mit Bewegung befasst, mit einem sich bewegenden Körper und dem Nachdenken darüber, wo in der Dichtung richtige, echte Bewegung und das Nachdenken über sie gar nicht so oft vorkommt. Strophe vier: Ein Trick besteht darin, dass die „genauen Kenntnisse“, die man von ihm hat, sich zahllos zusammenballen in diesen „Übergangsmomenten“, also wenn das Unbekümmerte und das Unbewusste die Oberhand über die Beherrschung der Technik gewinnen. In diesen Übergangsmomenten herrscht „Sinn“, daneben aber auch „die Bedeutung“ des Sinns. Diese Aufspaltung gefällt mir, weil sie einerseits paradox ist, aber vage vorstellbar. Sie beschreibt diese „Übergangsmomente“ sehr passend.
Wenn ich mit Sprache umgehen will, ist es immer ein Vor und Zurück im selben Moment. Kontrahieren und Loslassen, ja sagen und nein sagen, hyperventilieren und die Luft anhalten, laut explodieren und still nach innen implodieren, alles zugleich. Es ist nicht steuerbar. Es kennt den Begriff „Koordination“ nicht und und ist doch nichts anderes, nämlich negative Koordination. Wie rückwärts getanzt. Es hinkt mitten ins Graziöse. Es ist so unmöglich, dass es schon wieder möglich ist. Ich nähere mich, wie in Strophe sechs, beständig einer stehenden Wendung. Fixiere ich meinen Umgang mit Wörtern auch noch in einem Gedicht, das dann in ein Buch hineinkommt, das für alle sein soll, nicht nur für mich selbst, verlasse ich also den privaten Raum, liegt darin vielleicht das empörende Moment. Was ist das für ein Geschreibsel, ein dünner Nebel? Ist das artistisch, ist es „gekonnt“? Ich wünsche, dass es etwas werde, das wie Ann Cottens Gedicht die Artistik, ohne sie für bescheuert zu erklären, hinter sich lassen kann.
Nachtrag: Jetzt, wo ich gerade wieder viel Ballett trainiere, aus unterschiedlichen Gründen, bin ich natürlich verleitet, Ann Cottens Gedicht darauf anzuwenden, oder es auf das Ballett hin zu lesen. Ballett reimt sich ja sogar auf Sonett, das habe ich schon immer gesagt, und auch auf Pirouette; irgendwie steht das in dem Gedicht mit drin, wie zwiespältig so eine Sache sein kann: sich den halben Tag damit abzugeben, an einer Technik zu feilen, deren Anwendung auf das Leben außerhalb des Bereichs, der direkt mit der Technik verbunden ist, sich einem erst nach sehr langer Zeit erschließt; sich überhaupt in ein System zu stürzen, das man ständig hinterfragt und gleichzeitig angezogen ist davon. So geht es mir auch mit „Dichtung“. Dichtung erscheint mir manchmal als ziemlich merkwürdiges System, das erst dadurch merkwürdig wird, weil es merkwürdige Sichtweisen auf es gibt. Das gleiche gilt für das Ballett.
Vielleicht kann ich auch einfach nur sagen, ich mag das Gedicht von Ann Cotten gerne, weil es, meinem Empfinden nach, eine Haltung konstruiert, die mir einerseits vertraut ist wie sie mir auch hochfahrerisch, irgendwie schauspielerisch übertrieben erscheint. So, wie in den Mantel-und-Degen-Filmen die Männer immer ihre Umhänge stürmisch von der Schulter werfen und die Waffen ziehen. Aber auch nachdenklich dabei. Was man sich insgeheim doch für sein Schreiben wünscht: beim Schreiben, und vielleicht auch nicht nur da, so jemand zu sein, in dieser Haltung.

Martina Hefter

Das Metakunstrad

− Zu Martina Hefters Kommentar über mein Sonett. −

Vielleicht nimmt man überhaupt nur über Echos, Ähnlichkeiten, Wiedererkennen im weitesten Sinn wahr, oder wenigstens das wahr, was einem selbstverständliche Bedingung alles anderen ist, oder wenigstens gilt das für eine Wahrnehmung, mit der man kognitiv etwas anfängt. In der Arbeit der Trick-Biker erkannte ich meine Sonettarbeit wieder, und jetzt, wo du in deinen Worten, vom Tanz kommend, beschreibst, was ich beschrieb, beziehungsweise wie, höre ich etwa das Album Coccothraustes von deef und erkenne darin wiederum wieder diese Mechanismen, diese Freuden der Halte, des Weitermachens, des Fließens und Stockens, Foppens und Erlösens, seiner selbst und der Zuhörer. Im Spiel der Hunde und im Gesang der Amseln findet man solche Freuden auch, bloß nicht die der Bezeichnung davon. Dafür eben die der Verbannung der Bezeichnung, was ein Schriftsteller nur als Luxus empfinden kann. Und dann hat wohl jeder seine Leib- oder Lieblingsfiguren, ich weiß nicht, aber wenn du schreibst vom Sterbenlassen einer Bewegung, sehe ich vor mir, wie du das beim Tanz machst.
Und auffängst, gerade bevor die gestorbene Bewegung den Boden erreicht. Also sie stirbt nicht, sie spielt. Warum hat man Lieblingsbewegungen, -gesten? Man möchte ja glauben, weil sie irgend innere Verhältnisse darstellen, dem Drang dienend, sich mitzuteilen, aber vielleicht sind sie ja nur Lieblinge, weil man sie früh entdeckte, einmal dafür gelobt oder bemerkt wurde, sie somit zur Chiffre für die Person wurden, die man zu werden als Kompromisslösung zwischen sich und der Welt akzeptieren könnte.

Wie abstrakt kann man etwas fassen, dass es noch erkennbar bleibt, ohne dass darin gleich fast alles erkennbar ist? Musik ist angeblich abstrakt, aber die Bewegungen darin sind recht genau beschreibbar: es eilt, nur um dann stehenzubleiben, eine Länge lang, die man erkennt als genau die Zeit, die man auf einem Fahrrad stehend balancieren kann, ohne umzukippen, und ungefähr – oder genau? das wage ich nicht zu denken – die Zeit, die man zwischen zwei Gedanken verleben kann, ohne zu denken. Denn Gedanken sind ja Bewegungen, also Prozesse, nicht Resultate; sie sind Beziehungen; sie existieren nicht ohne das, zwischen dem sie sich verhalten. Sie sind Kommentar, Reaktion, verbinden mehrere disparate Topoi durch eine vom einen zum anderen gehende Bewegung von einer bestimmten Art. Diese hat eine ganze Grammatik, wissen die Tänzer.
Ja, und wer verhält sich da? Ich muss sagen, ich vergesse mich; auch jetzt, beim Schreiben, beim Radfahren, beim Hören und Sehen. Ich kenne keine bewusste Setzung: ich tu, und dann erkenne ich darin etwas wieder. Es gibt mich nicht gleichzeitig mit der Bewegung.
Es gibt mich sehr: als Begehren, nach Wiedererkennen, nach Wiederholen, nach Variation. Es gibt mich als Euphorie, die Gesamtwirkung einer Serie von halb autokratischen, halb vollkommen hörigen Setzungen, die ich im Laufe ihrer Abfolge an meinem eigenen Körper als gelingend – im Fall eines niedergeschrieben werdenden Gedichts als gelungen werdend empfinde. Oder nicht, und dann muss ich noch mal drüber. Aber ich muss, wie ein Klavierspieler, wie beim Bearbeiten von Tondateien immer wieder ein Stück weiter vorne anfangen, um Anlauf zu nehmen und mit dem Stück zu verschmelzen, bevor die kaputte Stelle kommt. Meine Professionalität bedeutet, ich werde zum Tier des Textes. Nur ich habe ja das Visuelle des aufgeschriebenen Gedichts gewissermaßen als Terrain, ich muss es mir nicht jedes Mal im Kopf wieder unsichtbar assemblieren, sodass ich oft mit Erfahrungsblick zielgenau die Stelle mit der Lösung treffen kann. Dann überprüfe ich das, indem ich noch einmal „drübergehe“.
Im Grunde hatte dieses Gedicht wie einige der Sonette, jung wie ich da war, eine propagandistische Absicht. Es war gegen die righteousness gerichtet, eine meiner Lieblingsfeinde, die Überzeugung von der Verlässlichkeit der eigenen Überzeugung; sollte die Integren, die sich nur auf sich selbst verlassen, entlarven und sie warnen, dass ein Leben ein Balanceakt, dieser ausgeliefert ist an Interaktion mit der Umgebung. Warum ich darauf kam, das Bild mit dieser Aussage zu verbinden weiß ich nicht, es wirkte balanciert – und solche Korrespondenzen von Mittel und Umgang damit können mich als „Witz“ reizen.
Wenn Martina Hefter die Idee entwirft, die Hauptaufgabe im zeitgenössischen Tanz bestehe vielleicht darin, aus dem Gleichgewicht zu kommen, oder es rechtzeitig zu vermeiden, klingt das plausibel, davon abhängig natürlich, was Gleichgewicht an sich ist: Schon das einfache Geradestehen erfordert in Wirklichkeit ein ständiges kleines Muskelspiel, das Balancieren auf einem Fahrrad oder einer Leine erst recht. Zu meinen, das Statische sei ein Normalzustand, verwechselt also das Lebewesen mit lebloser Materie. (Den Grenzfall des Liegens möchte ich hier nicht erörtern.) Die Aktivität und Sonderlichkeit des Gleichgewichts anzuerkennen, hieße also, diese falsche Annahme einer natürlichen Neigung zur Statik zu verlassen. Je länger ich lebe, desto mehr merke ich, dass das stimmt, dass es ungeheure Anstrengungen kostet, einen Text zu verfassen, der auch nur „sitzt“ – nämlich nicht kurz, im Vorübergehen, sondern wie ein Gegenstand wirkt, den man in Ruhe betrachten kann und der noch derselbe scheint, wenn man ihn später wieder betrachtet. Kennt man das vom Tanzen auch? Von jedem Improvisieren, denke ich, wird es bekannt sein, dass es schwierig ist, Kohärenz herzustellen, wenn man sich einmal vom Zwang, nur Fixiertes zu präsentieren, befreit hat.
Jedenfalls, das Sonett ist, wie viele Formen, ein suggestives Gespenst, das man auf viele Weisen evozieren kann; eine davon, die aber nicht im Geringsten foolproof ist, bestünde darin, die überlieferten Regeln zu befolgen. Da ist es wie in der Alchimie oder bei jedem Handwerk: Das Wesentliche, der Unterschied zwischen einem tristen Pfusch und einer feinen Arbeit liegt in der stilistischen Handhabe der Regeln.
Nun gut, dieses ist ein Werkstattgedicht, spricht vom Abfall, den Momenten beim Probieren, und die Selbstvergessenheit der Stimmung ist das, was mir daran immer noch paradiesisch erscheint. Natürlich ist es eher für die verständlich, die die Interna der Gedichtproduktion kennen, als für die, die gewohnt sind, fertige Produkte ohne sonderliche Rücksichten auf ihre Entstehung zu beurteilen.
Die Passage über den „Sinn“ und die „Bedeutung“ des Sinns finde ich interessant, muss noch darüber nachdenken. „Es herrscht Sinn“ verstehe ich als eine Beschreibung dieser Selbstvergessenheit beim Arbeiten, die „Bedeutung“ des Sinns als die Metaebene, die, vage, aber deutlich, „im Augenwinkel“ darüber schwebt, im Sinn etwa vom Bewusstsein „ich schreibe gerade ein Gedicht, yes! das ist mein liebstes Hobby“. (Nicht, natürlich, dass Dichtung ein Hobby wäre, obwohl ich das damals so hätte sagen können. Das ist nur ein Spleen, dass ich von intimst-liebsten Gegenständen, von denen ich reden soll, lieber im Understatement rede, um die Beziehung mit ihnen heimlich zu halten und nicht zu strapazieren.)
Die Beschreibung des Umgangs mit Sprache, die folgt, kann ich nicht auf mich applizieren, das ist normal, hat jeder seine Wahrnehmung. Der Umgang mit Sprache ist nicht unmöglich, und ich finde ihn auch steuerbar, wenn das auch gerade die Schwierigkeit ist. Setzt dieses Steuern doch eine Absicht, die für mich noch philosophisch zu klären ist, voraus, nebst allem Können. Von daher kommt es, dass ich mich gerne an Modelle anderer Künste schmiege, beobachte, wie jemand etwas übt und macht, was ihm oder ihr ein Anliegen ist, sucht, gut darzustellen, was ihm oder ihr gefällt, und dann über das, bzw. mit dem Übertragungsverhältnis ein Gedicht schreibe. Noch besser ist es natürlich, diese Unsicherheiten die Bedeutung des Sinns betreffend fahren zu lassen, und einfach selbstvergessen etwas zu schreiben, was einem gefällt, so gut man es kann. Der öffentliche Wettstreit, Austausch, Genuss hat hierbei die Funktion, eine Disziplin zu kultivieren, die einem hilft, besser können zu lernen, was man mag. Und einfach zu sehen, was man mag. Ich denke, nichts anderes ist Artistik.

Ann Cotten

Die Texte wurden entnommen aus: die horen, Heft 246, Wallstein Verlag, 2. Quartal 2012

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