Odile Kennel: oder wie heißt diese interplanetare Luft

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Odile Kennel: oder wie heißt diese interplanetare Luft

Kennel-oder wie heißt diese interplanetare Luft

EINMAL SO RICHTIG DANEBENHAUN

[       ]

dies ist ein Gedicht, bei dem ich einmal
so richtig daneben haue, nein, mehrfach
und gerne. Ein Gedicht, das die Tasten
nicht richtig erfasst, sich im Halbton
vergreift, dafür aus dem vollen
Fingerspiel schöpft. Worauf stehen
die Zeichen? Unsicherer Boden.
Scheinen am Ende
mehr als sie sind oder springen
im Dreieck, wissen nicht
ein noch aus zwischen
Darstellung und Stellung
Zufall und Traum
in dem sie Mücken sind
und aus der Ferne
Meergänse auf Schnee

[a  ⇄ s]

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[a  ⇄  w]

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[dt  ⇄  fr.trad]

das ist ein Gedicht, an dem ich Mangel einmal so richtig,
nein, mehrere Male und gern habe. Ein Gedicht, das
keine Tasten (Striche), im halben deinem (Ton) richtig
erfasst, irrt sich, dafür der Fülle
Das Spiel (Satz) von Finger schöpft. Worauf finden sich
die Zeichen (Zeichen)? Erde (Boden) gefährlich.
In Zeugnissen (Hellen) ((Klarheiten)) am Ende mehr, als
sind sie oder springen ins Dreieck, kennen noch zwischen nicht
Vorstellung (Darstellung, Vertretung) und Lage
Der Zufall und der Traum in sind sie von Mücken und von weitem
Seegänse auf Schnee

 

 

 

Das klirren eines Glascontainers

am Samstagnachmittag, eine nächtliche Fahrt mit der Straßenbahn, ein Schuh, ein Wecker, ein Giebel – in Odile Kennels Gedichten sind es die zufälligen und alltäglichen Ereignisse und Dinge, in denen die Erfahrung von Transzendenz aufblitzt, „für einen Moment, und nur weil wir es wollen“. In acht Kapiteln erkundet sie in einer spielerischen Mischung aus Reflexion und Staunen unsere Existenz, scheut Themen wie Liebe und Sterben nicht, lässt aber auch Taschendiebe, Meteorologen oder Waldrappe auftreten. Es sind Texte, die mal erzählend, mal sprachverspielt, daherkommen, immer aber getrieben sind von Rhythmus und Klang. Schon in ihrem Debütroman Was Ida sagt beeindruckte Odile Kennel durch ihre elegante und präzise Sprache. Ihre Gedichte eröffnen einen immer wieder überraschenden, frischen Blick auf unsere Gegenwart, auf unser Leben – wach und voll einprägsamer Beobachtungen.

Deutscher Taschenbuch Verlag, Klappentext, 2013

 

Fussel und ein falscher Tierzyklus

Odile Kennel und Wolfram Lotz, Literaturstipendiaten des Landes Baden-Württemberg, lesen auf Schloss Bonndorf.

(…)

Odile Kennel las Beispiele ihrer Lyrik, wobei sie eingangs an die Zuhörer appellierte, die Texte nicht verstehen oder interpretieren zu wollen, mithin sich nicht auf die Suche nach einer Metaebene zu begeben. Die Gedichte über Höfe beispielsweise seien einfach Beschreibungen konkreter Orte, etwa ein Hof voller Friseure, die dort ihre Pause verbringen. Die Autorin fragt sich, worüber sie wohl reden – tchatchen nennt sie diese Form der Unterhaltung – und erkennt, sie reden über Haare.
Odile Kennel spielt gern mit Wörtern, mit Wortanklängen, mit Wortbedeutungen. In der Ouvertüre zu ihrem „falschen“ Tierzyklus (falsch, weil wahllos zusammengewürfelt) etwa spielt sie virtuos mit Stabreimen. Und natürlich straft sie sich gegenüber ihrer anfänglichen Behauptung, es stecke nichts hinter den Texten, mit diesen ganz nebenbei selbst Lügen, wenn sie das Auerhuhn auffordert, zu bleiben oder konstatiert, Kühe seien „auf der Methanebene gewaltig passé“, weshalb das elfte Gebot fordern müsste, sie abzuschaffen. Odile Kennel verfasst ein Dorfgedicht, indem sie das Wort „fröhlich“ auseinandernimmt, sie lässt sich aus über die alltäglichen Absurditäten anhand der Thematisierung eines Geo-Artikels, der das Defizit des weiblichen Orientierungsvermögens am unterschiedlichen Hämmern von Männern und Frauen festzumachen versucht, und sie benennt die generelle Fragwürdigkeit von Sprache, indem sie die Übersetzerin als elende Verräterin anprangert, der es nie gelingt, dass der Baum sich nicht verraten fühlt, egal, mit welchem Begriff und in welcher Sprache sie ihn benennt. Zum Schluss trieb Odile Kennel die Wortspielerei auf die Spitze mit von ihr als „Resteverwertung“ bezeichneten Sätzen wie „ich werde dein muttermundgerechtes Häppchen sein“, oder „ich wäre komplett am Beckenboden, wenn du dich sehnenscheiden ließest“.

Karin Steinebrunner, Badische Zeitung, 26.6.2015

 

 

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Odile Kennel liest Gedichte am 19.8.2008 im La Rayuela, Berlin.

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