Park – Heft 49/50

Mashup von Juliane Duda zu der Zeitschrift Park

Park

IDENTITÄT

Welche Identität wäre deine, die deines Todes?

du bist, würden einige sagen, das Grab und sein Inneres,
aaaaaund der Grabstein mit deinem Namen

aber das ist nichts anderes als zu sagen:

lebendig, warst du dieser gekleidete und nicht-gekleidete Körper,
aaaaadieser Körper, der dein Denken (oder deine Seele) enthielt
aaaaaund dieser Körper trug auch diesen Namen, deinen

die Identität überlebt in der Welt nur durch diese Analogie

du bist, würden andere sagen, so wie dich in ihrer Erinnerung,
aaaaawenn sie sich erinnern, diejenigen wachrufen, die dich,
aaaaasei es nur für einen Augenblick, gekannt haben

so wärest du, aber geteilt, veränderlich, widersprüchlich,
aaaabhängig, durch Blitzlichter

und wenn jeder von denen gestorben ist, wärest du nicht mehr.

und wahrscheinlich, benutzt die Vorstellung vom Überleben hier
noch einmal die Merkmale selbst deiner Lebenswelt.

aber, für mich, geschieht alles ganz anders:

jedesmal, wenn ich dich denke, erlischst du.

Jacques Roubaud
übertragen von Nathalie Charlet

 

 

 

Die Zeitschrift PARK

wurde 1976 begründet mit dem Ziel, neue Tendenzen der Gegenwartspoesie zu entdecken und in Erstdrucken vorzustellen. Sie will ohne programmatische Festlegung die Formen jüngster Lyrik erkennbar machen. Zwar konzentriert sich das Interesse auf das Werk jener Dichter, die sich der hermetischen Tradition verpflichtet fühlen, gleichzeitig steht PARK aber anderen Strömungen offen und bringt auch Texte von Autoren, die sich literarischen Zirkeln und Schulen konsequent entzogen haben.
Ein Schwerpunkt liegt bei der Präsentation jüngerer begabter Lyriker. Eine Daseinsberechtigung erhält PARK rückblickend dadurch, daß viele von ihnen später den Weg in größere Verlage gefunden haben.
Texte von über 150 Schriftstellern sind in den bisherigen 48 Ausgaben der Zeitschrift erschienen, die damit gleichsam eine Lyrik-Anthologie in Erstdrucken darstellt. Die Namen der Autoren spiegeln Entwicklungen wider, die die deutsche Lyrik in den letzten zwanzig Jahren genommen hat. So sind u.a. vertreten: Christoph Meckel, Friederike Mayröcker, Gerhard Falkner, Rose Ausländer, Paul Celan, Uwe Kolbe, Jan Koneffke, Richard Anders, Wolfgang Bächler, Michael Buselmeier, Dieter M. Gräf, Margarete Hannsmann, Helmut Heißenbüttel, Uta Mauersberger, Detlev Meyer, Bodo Morshäuser, Oskar Pastior, Johannes Poethen, Ralf Rothmann, Sabine Techel, Jürgen Theobaldy, Hans-Ulrich Treichel, Ernest Wichner und Lioba Happel.
Einen festen Bestandteil der Zeitschrift bildeten von Anfang an Dossiers über Gegenwartspoesie in fremden Sprachen. Bisher wurden Dichtungen aus 18 Ländern präsentiert, – meist zweisprachig und mit instruktiven Einleitungen. So konnte man zeitgenössische Gedichte aus Griechenland, Italien, Spanien, Schweden, Frankreich, England, Jugoslawien, USA, Polen, Rußland, Irland und Lateinamerika kennenlernen. Erstübertragungen von Arbeiten auch hierzulande vielbeachteter Dichter, wie Octavio Paz, Andrea Zanzotto oder Gennadij Ajgi, stehen dabei neben Expeditionen zu unbekannten Poesien, etwa aus Estland, Iran oder Argentinien.
Wenn auch das Hauptgewicht der Zeitschrift bei der Lyrik liegt, so veröffentlicht PARK darüber hinaus kürzere Prosaarbeiten, Rezensionen wichtiger Neuerscheinungen und oft auch literaturästhetische und poetologische Essays, z.B. von Hans Blumenberg oder Gerd Henniger.

Waschzettel, Heft 29/30, Februar 1987

20 Jahre PARK

Als im Dezember 1976 das erste Heft von PARK herauskam, war das zwanzigjährige Bestehen der Zeitschrift und das halbe Hundert nun vorliegender Ausgaben nicht vorauszuahnen. Das „Programm“ hieß Gegenwartslyrik und das Gedicht sollte der Mittelpunkt sein, zu dem essayistische, theoretische, kritische Beiträge hinzuträten. In 20 Jahren PARK wurde daraus eine sich fortschreibende Anthologie der Gegenwartspoesie: In Erstdrucken konnten bisher mehr als 200 Autoren vorgestellt werden, die Hälfte davon übersetzt (aus insgesamt fünfzehn Sprachen) und bisweilen kommentiert. Darunter finden sich etablierte wie seinerzeit noch ganz unbekannte Namen, schließlich war es ein Anliegen, neue Talente zu entdecken und – oft erstmals – lesbar zu machen. Es blieb stets ein gewisser Luxus, bei der Auswahl auf Marktgängigkeit verzichten zu können.
Trotz der für kleinere Zeitschriften typischen Probleme bei Vertrieb und Erscheinungsfolge war PARK für die Aufmerksamen stets zu finden. Ihnen sei gedankt für ihre Mühe und Geduld, Dank den Autoren, den Übersetzern und den Bildenden Künstlern für das oft langjährige freundschaftliche Zusammenwirken sowie den Förderern und den ungenannten Mitarbeitern bei der Herstellung

Michael Speier, Park, Heft 49/50, Dezember 1996

 

Das Haus für Poesie feiert das 40-jährige Bestehen von Park – Zeitschrift für neue Literatur.
Zu Ehren der Zeitschrift haben am 7.2.2017 vier PARK-Autoren der letzten Jahre im Haus für Poesie gelesen: Kenah Cusanit, Gerhard Falkner, Kerstin Preiwuß und Monika Rinck. Michael Speier und Michael Braun führten durch den Abend.

 

Fakten und Vermutungen zu Michael Speier + Kalliope +
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Beitragsbild von Juliane Duda zu Richard Pietraß: Dichterleben – Michael Speier

 

Michael Speier liest beim 11. Internationalem Poesiefestival von Medellín im Juni 2001.

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