ALBERT CAMUS ZUM GEDENKEN
Er konnte sich vergnügen
wie ein Kind
sagte der Patron eines Cafés.
Nach einem Autounfall
verließ er die Erde,
müde und horchend.
Die Stille in dem Schulsaal
nahm zu, in dem man ihn aufbahrte
die erste Nacht.
Das ganze Dorf war versammelt,
als man ihn begrub.
Es regnete an dem Tag.
Walter Helmut Fritz
Vorwort
Gedichte über Dichter der Antike
FRIEDRICH LEOPOLD GRAF ZU STOLBERG: Homer
AUGUST VON PLATEN: Homers Odyssee
JOHANNES BOBROWSKI: Sappho
ODA SCHAEFER: Sappho
HANS ERICH NOSSACK: Aeschylos
FRIEDRICH HÖLDERLIN: Sophokles
AUGUST VON PLATEN: Sophokles
BERTOLT BRECHT: Der Schuh des Empedokles
ERICH FRIED: Empedokles
ERNST MEISTER: Anfang mit Pindar
JOHANNES BOBROWSKI: Pindar
AUGUST VON PLATEN: Pindar
EDUARD MÖRIKE: Theokrit
EDUARD MÖRIKE: Tibullus
MORITZ AUGUST VON THÜMMEL: Der Leser des Horaz
BERTOLT BRECHT: Beim Lesen des Horaz
KARL KROLOW: Stele für Catull
ECKART KLESSMANN: Vergil
Gedichte über deutsche Dichter vom Mittelalter bis zur Gegenwart
WALTHER VON DER VOGELWEIDE: Reinmar von Hagenau
GOTTFRIED VON STRASSBURG: Dichterkatalog: Hartmann von Aue – Heinrich von Veldeke – Reinmar von Hagenau – Walther von der Vogelweide
RENÉ SCHICKELE: Gottfried von Straßburg
RUDOLF VON EMS: Dichterkatalog: Heinrich von Veldeke – Hartmann von Aue – Wolfram von Eschenbach – Gottfried von Straßburg
HUGO VON TRIMBERG: Her Walther von der Vogelweide
GÜNTER EICH: Unterm Schlern (Oswald von Wolkenstein)
WILHELM SZABO: Wernher der Gartenaere: Meier Helmbrecht
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: Hans Sachsens poetische Sendung
PETER HUCHEL: Alt-Seidenberg (Jakob Böhme)
FRIEDRICH BISCHOFF: Werkstatt zwischen Himmel und Erde (Jakob Böhme)
CHRISTOPH MECKEL: Meletomenus (Andreas Gryphius)
FRIEDRICH BISCHOFF: Andreas Gryphius
FRIEDRICH VON HAGEDORN: Hofmann von Hofmannswaldau
GOTTHOLD EPHRAIM LESSING: Klopstock
AUGUST VON PLATEN: Klopstock und Horaz
JOHANNES BOBROWSKI: An Klopstock
JOHANN WILHELM LUDWIG GLEIM: Lessing und Kunz und Klaus
FRIEDRICH HEBBEL: Lessing und seine Nachfolger
FRIEDRICH HEBBEL: Die alten Naturdichter Brockes, Geßner und ihre modernen Nachzügler wie z.B. Adalbert Stifter
HERMANN CLAUDIUS: Matthias Claudius
PETER RÜHMKORF: Variation auf das „Abendlied“ von Matthias Claudius
OSKAR LOERKE: Beim Lesen Herders
NIKOLAUS LENAU: Am Grabe Höltys
PETER HUCHEL: Lenz
BERTOLT BRECHT: Über das bürgerliche Trauerspiel „Der Hofmeister“ von Lenz
CHRISTOPH MECKEL: Widmung an J.P. Hebel
CHRISTOPH MARTIN WIELAND: Goethe
FRIEDRICH HEBBEL: Goethes Biographie
HEINRICH VON KLEIST: Herr von Goethe
CARL AUGUST VARNHAGEN VON ENSE: Goethes Werke
AUGUST VON PLATEN: Goethes Romane
FRIEDRICH SCHILLER: An Goethe
AUGUST VON PLATEN: Das Sonett an Goethe
FRIEDRICH RÜCKERT: Östliche Rosen – Zu Goethes West-östlichem Diwan
HOFFMANN VON FALLERSLEBEN: Goethescher Farbenwechsel
FRIEDRICH NIETZSCHE: An Goethe
STEFAN GEORGE: Goethe-Tag
GÜNTER GRASS: Goethe oder Eine Warnung an das Nationaltheater zu Mannheim
FRIEDRICH HEBBEL: Schiller und Napoleon
FRIEDRICH HEBBEL: Schiller in seinen ästhetischen Aufsätzen
GOTTFRIED BENN: Räuber-Schiller
BERTOLT BRECHT: Über Schillers Gedicht „Die Glocke“ / Über Schillers Gedicht „Die Bürgschaft“
GÜNTER KUNERT: Schillers Bett
CONRAD FERDINAND MEYER: Schillers Bestattung
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: Epilog zu Schillers Glocke
HERMANN HESSE: Ode an Hölderlin
GEORG HERWEGH: Hölderlin
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL: Eleusis – An Hölderlin
PETER HÄRTLING: Hölderlin
PETER HÄRTLING: Nürtingen, Marktstraße, Hölderlin und Bordeaux
HANS-JÜRGEN HEISE: Der Herr Hofmeister Hölderlin
HELGA M. NOVAK: dunkle Seite Hölderlins
JOHANNES BOBROWSKI: Hölderlin in Tübingen
PAUL CELAN: Tübingen: Jänner (An Hölderlin)
RAINER MARIA RILKE: An Hölderlin
FRANZ GRILLPARZER: Jean Paul
AUGUST VON PLATEN: An Jean Paul
FRIEDRICH HEBBEL: Kleist
BERTOLT BRECHT: Über Kleists Stück „Der Prinz von Hornburg“
HANS ERICH NOSSACK: Kleist
KARL ALFRED WOLKEN: Kleists Ende
HANS ERICH NOSSACK: Kleists Totenmaske
ACHIM VON ARNIM: An Tieck
NOVALIS: An Tieck
LUDWIG TIECK: An Novalis
OTTO HEINRICH GRAF VON LOEBEN: An Novalis
GEORG ANTON FREIHERR VON HARDENBERG: An Novalis
EMANUEL GEIBEL: An Ludwig Achim von Arnim
GÜNTER EICH: Wiepersdorf, die Arnimschen Gräber
SARAH KIRSCH: Wiepersdorf (Bettina von Arnim)
PETER HUCHEL: Wiepersdorf
JOHANNES BOBROWSKI: Brentano in Aschaffenburg
ARNO HOLZ: Eichendorff
JOHANNES BOBROWSKI: Eichendorff
FRIEDRICH BISCHOFF: Das Lied der Ewigkeit
PETER RÜHMKORF: Auf eine Weise des Joseph Freiherrn von Eichendorff
DIETER HOFFMANN: Justinus Kerner
GEORG HERWEGH: Ludwig Uhland
FRIEDRICH HEBBEL: Platen
GEORG HERWEGH: Platen
SARAH KIRSCH: Der Droste würde ich gern Wasser reichen
ERICH JANSEN: Annettes Kutsche auf Rüschhaus
DETLEV VON LILIENCRON: An Lenau
CHRISTOPH MECKEL:An Mörike
PETER HÄRTLING: Mörike
HEINZ PIONTEK: Erscheinung eines Österreichers (Adalbert Stifter)
GEORG HERWEGH: Heinrich Heine
PETER HÄRTLING: Heine
HUGO VON HOFMANNSTHAL: Zu Heinrich Heines Gedächtnis
PETER HACKS: Der Heine auf dem Weinbergsweg
PETER RÜHMKORF: Heinrich-Heine-Gedenk-Lied
FERDINAND FREILIGRATH: Bei Grabbes Tod
GEORG HERWEGH: Zum Andenken an Georg Büchner
GOTTFRIED BENN: Der junge Hebbel
PAUL HEYSE: Hebbel
HANS ERICH NOSSACK: Hebbel
GOTTFRIED KELLER: Herwegh
ARNO HOLZ: An Gottfried Keller
DETLEV VON LILIENCRON: An Conrad Ferdinand Meyer
ARNO HOLZ: An Joseph Viktor von Scheffel
STEFAN GEORGE: Nietzsche
RICHARD DEHMEL: Nachruf auf Nietzsche
BERTOLT BRECHT: Über Nietzsches „Zarathustra“
ERICH KÄSTNER: Nietzsche – sein Porträt
FRANZ GRILLPARZER: Richard Wagner
ARNO HOLZ: Richard Wagner als „Dichter“
CARL ZUCKMAYER: Trinkspruch für Gerhart Hauptmann
MAX HERRMANN-NEISSE: Die Hauptmann-Menschen
FRIEDRICH BISCHOFF: Carl Hauptmann
ELSE LASKER-SCHÜLER: Richard Dehmel
JOHANNES BOBROWSKI: Else Lasker-Schüler
HANS ERICH NOSSACK: Barlach
ELSE LASKER-SCHÜLER: Theodor Däubler
GOTTFRIED BENN: Für Oskar Loerke
HERMANN KASACK: Zum 60. und 70. Geburtstag von Hermann Hesse
ELSE LASKER-SCHÜLER: Giselher dem Tiger (Gottfried Benn)
HANS-JÜRGEN HEISE: Gottfried Benn
PETER RÜHMKORF: Lied der Benn-Epigonen
CARL ZUCKMAYER: Kleine Sprüche aus der Sprachverbannung (Für Thomas Mann)
ERNST JANDL: rilke reimlos; rilkes gewicht
HANS EGON HOLTHUSEN: Mit Rosen in Raron
MICHAEL GUTTENBRUNNER: Raron
GOTTFRIED BENN: Für Klabund
CARL ZUCKMAYER: Totenlied für Klabund
ELSE LASKER-SCHÜLER: Paul Zech
FELIX BRAUN: Auf den Tod des Dichters Georg Heym
WOLFGANG HÄDECKE: Heym
RICHARD ANDERS: Traum vom Tod Georg Heyms
HORST LANGE: Der Strom (In memoriam Georg Heym)
ELSE LASKER-SCHÜLER: Georg Trakl
JOHANNES BOBROWSKI: Trakl
ELSE LASKER-SCHÜLER: Franz Werfel
JOHANNES BOBROWSKI: An Nelly Sachs
PAUL CELAN: Zürich: Zum Storchen (Für Nelly Sachs)
ELSE LASKER-SCHÜLER: Ernst Toller
JOHANNES BOBROWSKI: Gertrud Kolmar
PETER HUCHEL: Widmung (Für Hans Henny Jahnn)
JOHANNES BOBROWSKI: Trauer um Jahnn
WOLFGANG WEYRAUCH: Tod des Brecht
WOLF BIERMANN: Herr Brecht
KURT BARTSCH: Chausseestraße
ERICH FRIED: Beim Lesen der Gesammelten Werke Bertolt Brechts
GEORG VON DER VRING: Grabstätte der Ricarda Huch
MARIE LUISE KASCHNITZ: Auf Elisabeth Langgässers Begräbnis
PETER HÄRTLING: Für die Kaschnitz
HORST BIENEK: Schattengestalt (Für Peter Huchel)
WOLF BIERMANN: Ermutigung (Peter Huchel gewidmet)
MARIE LUISE KASCHNITZ: Für Peter Huchel
REINER KUNZE: Zuflucht noch hinter der Zuflucht (Für Peter Huchel)
ODA SCHAEFER: Die Verzauberte (Für Peter Huchel)
HEINRICH BÖLL: Für Peter Huchel
PETER HUCHEL: Gehölz (Für Heinrich Böll)
HANS-JÜRGEN HEISE: Günter Eich
PETER HÄRTLING: Franz Tumler
PETER HÄRTLING: Karl Krolow
ROLF HAUFS: Bei Johannes Bobrowski
RAINER BRAMBACH: Brief an Hans Bender
EDWIN WOLFRAM DAHL: Celan in Memoriam
PETER HÄRTLING: Für Christa Reinig
EDWIN WOLFRAM DAHL: Nach dem Tod von Ingeborg Bachmann
JOHANNES BOBROWSKI: Nußknacker (Günter Grass)
REINHARD LETTAU: Der Liebhaber von Originalsprachen (Günter Grass)
PETER HÄRTLING: Für Günter zum Fünfzigsten
REINER KUNZE: Wolf Biermann singt
REINHARD LETTAU: Interessante Begegnung (Peter Handke)
REINHARD LETTAU: Wie entsteht ein Gedicht? (Peter Rühmkorf)
Gedichte über ausländische Dichter
HUGO VON HOFMANNSTHAL: Nach einer Dante-Lektüre
JOHANNES BOBROWSKI: Villon
WOLF BIERMANN: Ballade auf den Dichter François Villon
FRIEDRICH HEBBEL: Ariost
JOHANNES BOBROWSKI: Rabelais
FRANZ GRILLPARZER: Lope de Vega
FRIEDRICH HEBBEL: Shakespeare
FRIEDRICH HEBBEL: Shakespeares Testament
AUGUST VON PLATEN: Corneille
CONRAD FERDINAND MEYER: Miltons Rache
AUGUST VON PLATEN: Racine
GÜNTER GRASS: Racine läßt sein Wappen ändern
ABRAHAM GOTTHELF KÄSTNER: Voltaire’s Taufe
HEINRICH VON KLEIST: Voltaire
AUGUST VON PLATEN: Voltaire
PAUL HEYSE: Voltaire
GOTTHOLD EPHRAIM LESSING: Grabschrift auf Voltaire 1779
FRIEDRICH GOTTLIEB KLOPSTOCK: Gespenstergeschichte (Voltaire)
AUGUST VON PLATEN: Parini
JOHANNES BOBROWSKI: Ode auf Thomas Chatterton
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: Lord Byron
GEORG HERWEGH: Shelley
ECKART KLESSMANN: Percy Bysshe Shelley
RAINER MARIA RILKE: Zu der Zeichnung: John Keats im Tode darstellend
RAINER MARIA RILKE: Sonett (Auf Elizabeth Barret-Browning)
HERMANN BROCH: Zum Beispiel: Walt Whitman
RAINER MARIA RILKE: Baudelaire
HANS ERICH NOSSACK: Strindberg
KARL SCHWEDHELM: Rimbaud in Luxor
JOHANNES BOBROWSKI: Joseph Conrad
BERTOLT BRECHT: Grabschrift für Gorki
JOHANNES BOBROWSKI: Proust
PETER JOKOSTRA: Bei Proust
WOLFGANG WEYRAUCH: Ezra Pound
PAUL CELAN: In memoriam Paul Eluard
PETER JOKOSTRA: Ode an Lorca
HEINZ PIONTEK: Auf den Tod Hemingways
ALTER HELMUT FRITZ: Cesare Pavese
WALTER GROSS: An Cesare Pavese
WALTER HELMUT FRITZ: Albert Camus zum Gedenken
JOHANNES BOBROWSKI: Dylan Thomas
REINER KUNZE: 8. Oktober 1970 (Alexander Solschenizyn)
Autorenverzeichnis
Quellenverzeichnis
In dieser Anthologie äußern sich Dichter über ihre „Berufsgenossen“ nicht wie so oft in Prosa, sondern in metrischer Form, freien Rhythmen, strophischer Gliederung, in enthusiastischen Hymnen, feierlichen Oden, kunstvollen Sonetten, schlichten Liedern, pointierten Epigrammen, treffsicheren Parodien und derben Spottversen, in Gedichten aller Art. Während Zusammenstellungen prosaischer Äußerungen von Dichtern über Dichter wiederholt erschienen sind (Aufsätze, Betrachtungen, Essays, Laudationen, Reden, Rezensionen, Würdigungen oder Nekrologe), gibt es auf dem Buchmarkt keine Sammlung von Gedichten über Dichter.
Diese Anthologie ist eine Auswahl aus Hunderten von Gedichten, die der Herausgeber jahrelang zusammengetragen hat. Ausgeschieden wurden bis auf einige Ausnahmen Gedichte von weniger bekannten Autoren und solche, die weniger bekannte porträtieren. Auch Gedichte, die lediglich germanistisches oder literarhistorisches Interesse beanspruchen oder deren Zeitbezüge nicht mehr allgemein verständlich sind, blieben unberücksichtigt. So wurden zum Beispiel weder Quirinus Kuhlmanns Grab-Schriften von 1668 auf Martin Opitz, den „schlesischen Homerus“, auf Andreas Gryphius, den „teutschen Sophocles“, auf Friedrich von Logau, den „schlesischen Martial“, aufgenommen noch solche Gedichte wie das Sonett von Johann Heinrich Voß an Goethe, dessen antiquierte Sprachform heute kaum noch genießbar ist:
Auch du, der sinnreich durch Athenes Schenkung,
Sein Flügelroß, wann’s unfügsam sich bäumet
Und Funken schnaubt, mit Kunst und Milde zäumet,
Zum Hemmen niemals, nur zu freier Lenkung:
Du hast, nicht abhold künstelnder Beschränkung,
Zwei Vierling und zwei Dreiling uns gereimet?
Wiewohl man hier Kernholz verhaut, hier leimet,
Den Geist mit Stümmlung lähmend und Verrenkung?
Laß, Freund, die Unform alter Truvaduren,
Die einst vor Barbarn, halb galant, halb mystisch,
Ableierten ihr klagendes Sonette,
Und lächle mit, wo äffische Naturen
Mit rohem Sang und Klingklang afterchristisch,
Als Lumpenpilgrim, wallen nach Loretto.
Aber auch an Autoren mit niedrigerem literarischen Niveau gerichtete Verse wurden nicht in diese Sammlung aufgenommen, wie zum Beispiel die folgenden von Arno Holz auf Friederike Kempner (1836–1904), deren Novellen, Dramen und vor allem Gedichte ihrer unfreiwilligen Komik wegen einstmals hohe Auflagen erlebten.
Powrer noch als Zink und Zinn
ist die deutsche Dichterin.
Vor der ersten gelben Primel
leiert sie ihr Lenzgeschwimel.
Lilien, Heliotropen, Rosen
wiegen sie in Duftnarkosen.
Hyazinthen und Azalien
frißt ihr Vers wie Viktualien.
Zwischen Rittersporn und Malven
knallt sie ihre Liedersalven.
In Salbei und Türkenbund
weint sie sich die Äuglein wund.
Hinter ihr mit ernster Miene
runzelt sich die Georgine.
Erst die herbstlich blaue Aster
[…] klebt auf ihre Wunde Pflaster.
In dieselbe Kategorie fällt das Spottgedicht des gleichen Verfassers auf den Unterhaltungsschriftsteller Hans Hopfen (1835–1904), der zeitweilig Generalsekretär der Deutschen Schillerstiftung war:
Hans Hopfen.
Von seiner Prosa war die Welt besopfen.
Doch seine Verse legte sie ad acta –
Facta!
Diese Sammlung berücksichtigt lediglich Gedichte, die in Form und Aussage auch heute noch literarische Gültigkeit haben, Gedichte, in denen – um mit Gottfried Benn zu sprechen – die „beschwörende Kraft des dichterischen Wortes“ erhalten geblieben ist. Ein weiteres Auswahlkriterium galt den Gedichten, die eine besondere Vorstellung von den persönlichen oder geistigen Beziehungen zwischen Dichtendem und Bedichtetem vermitteln.
Obwohl die Dichter durch die Jahrhunderte hinweg vorwiegend positive Leitbilder ihrer literarischen Entwicklung auswählten, Lob sich häufiger findet als Tadel, reicht die Skala der Ausführungen von überschwenglichen Preisungen und um objektive Würdigung bemühten Darstellungen bis zu sarkastischen Bissigkeiten und aggressiven Konfrontationen. Hier und da begegnen wir auch verschlüsselten Porträtgedichten wie zum Beispiel Günter Eichs Gedicht „Unterm Schlern“, hinter dem die Gestalt Oswald von Wolkensteins steht, Peter Huchels „Alt-Seidenberg“, das Jugendeindrücke Jakob Böhmes nachzeichnet, oder Hans Egon Holthusens Gedicht „Mit Rosen in Raron“, das sich auf Rilke bezieht. In diesen Zusammenhang gehören auch Gedichte wie Günter Kunerts „Schillers Bett“ und Erich Jansens „Annettes Kutsche auf Rüschhaus“. Immer aber wird hinter den Gedichten die Persönlichkeit nicht nur des Porträtierten, sondern auch die des Porträtierenden sichtbar, reflektieren sie in der schöpferischen Auseinandersetzung eine innere Beziehung zwischen Dichter und Bedichtetem.
Die Subjektivität aller Äußerungen ist offensichtlich. Sie wird besonders deutlich, wenn ein Porträtierter in mehrfachen Spiegelungen erscheint, das heißt, wenn er von mehreren Dichtern aus kontroversen Sichtweisen oder in verschiedenen Epochen dargestellt wird.
Einige Gedichte mußten ihres allzu großen Umfangs wegen gekürzt werden, wie zum Beispiel Wielands und Schillers Goethe-Gedichte, Goethes „Epilog zu Schillers Glocke“, Hegels Hölderlin-Gedicht „Eleusis“, Herweghs „Zum Andenken an Georg Büchner“. Andere wurden trotz ihrer Länge ungekürzt oder nur leicht gekürzt wiedergegeben, weil eine Kürzung dem Verständnis des Gedichts abträglich gewesen wäre, wie zum Beispiel Goethes „Hans Sachsens poetische Sendung“, Peter Huchels „Lenz“ und einige andere.
Bei den mittelhochdeutschen Gedichten wurde auf die Wiedergabe einer Übertragung ins Neuhochdeutsche verzichtet, um für Kenner den Reiz der ursprünglichen Fassung zu erhalten, aber auch der des Mittelhochdeutschen nicht kundige Leser wird die ausgewählten Texte durchaus verstehen können. Dagegen wurde die Schreibweise der älteren Gedichte in unsere heutige Orthographie transkribiert.
Die Anordnung der Gedichte erfolgte nach literaturgeschichtlichen Prinzipien. Sie richtet sich nach den Geburtsjahren der porträtierten, nicht der porträtierenden Dichter; somit stellt dieses Buch gewissermaßen eine „Literaturgeschichte in Versen“ dar. Allerdings ist dieses Prinzip der Anordnung nicht ganz streng eingehalten worden und wird da durchbrochen, wo eine Einordnung der Gedichte nach bestimmten Zusammenhängen erforderlich schien; so ist – um ein Beispiel zu nennen – Georg von der Vrings Gedicht „Grabstätte der Ricarda Huch“ nicht dem Geburtsjahr der Dichterin entsprechend, sondern vor dem Kaschnitz-Gedicht über das Begräbnis der kurz nach Ricarda Hucb verstorbenen Elisabeth Langgässer eingefügt worden.
Die Kurzbiographien der Autoren und der von ihnen Dargestellten im Anhang wollen ohne Anspruch auf biographische Vollständigkeit nur kurze Informationen geben und hier und da etwaige Beziehungen der Porträtierenden zu den Porträtierten erhellen oder einige Bezüglichkeiten verständlich machen.
Abschließend sei der Dank des Verlags und des Herausgebers allen Verlagen und Rechtsinhabern ausgesprochen, die durch Gewährung der Abdrucksgenehmigungen das Zustandekommen dieses Bandes ermöglicht haben.
Edgar Neis, Vorwort
Dies ist eine Anthologie besonderer Art. Sie versammelt mehr als zweihundert Gedichte – Metren, freie Rhythmen, Sonette, Lieder, Parodien, Spottverse – bedeutender Dichter über ihre ebenso bedeutenden „Berufskollegen“ von der Antike bis zur Gegenwart. Während es Sammlungen mit prosaischen Äußerungen von Dichtern über Dichter mehrfach gibt – in Essays, Würdigungen, Reden, Rezensionen usw. –, erschien bisher noch keine Ausgabe mit Gedichten über Dichter. Ausgewählt wurde nach dem Gesichtspunkt der Qualität der Gedichte und des Bekanntheitsgrades sowohl des Dichtenden als auch des Bedichteten, Die Skala der Titel reicht von Hans Erich Nossack über Aeschylos, Grass über Goethe, Zuckmayer über Klabund, Sarah Kirsch über die Droste bis zu Böll über Peter Huchel, Reinhard Lettau über Handke, Härtling über Christa Reinig und Reiner Kunze über Wolf Biermann, um nur einige Beispiele zu nennen. Jedes Gedicht ist im Anhang mit Kurzbiographien der Dichtenden und Bedichteten versehen. Da die Auswahl vor allem solche Gedichte berücksichtigt, die neben dem Reiz des Persönlichen und der lyrischen Form auch eine Vorstellung von den Beziehungen zwischen dem Dichtenden und dem Bedichteten vermitteln, ist diese Sammlung eine Literaturgeschichte in Versen voller Überraschungen, selbst für Kenner.
Fischer Taschenbuch Verlag, Klappentext, 1982
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