Dichtung als Schwarzkunst
Farben … Farbbezeichnungen kommen in Gedichten auf vielerlei Weise zum Einsatz, sei es in gegenständlicher, in symbolischer oder in redensartlicher Bedeutung: rot für Blut, grün für Hoffnung, blau für Besoffenheit usf. – Im Unterschied zur Gebrauchssprache, die all diese Verwendungsweisen ebenfalls kennt und sie weitgehend automatisiert hat, geht die Dichtersprache bewusst, gezielt, bisweilen überraschend oder auch befremdlich damit um. Hinzu kommt, dass Farbwörter auf der Ausdrucksebene des Gedichts diversen formalen Anforderungen (Metrum, Assonanz, Reim u.a.m.) entsprechen müssen, was notwendigerweise zu Abweichungen von ihrem geläufigen Gebrauch und damit zu einem gewissen Verfremdungseffekt führt.
Es gibt, egal in welcher Sprache, weit mehr Farben als Farbwörter. Lediglich für die Grundfarben Rot, Gelb, Blau, für einige Mischfarben (z.B. Violett, Beige, Grau) sowie für die Nichtfarben Schwarz und Weiss stehen entsprechende Begriffe zur Verfügung, während deren unzählige Abstufungen durch Umschreibung oder Ableitung benannt werden müssen (hellblau, giftgrün, goldgelb; bläulich, rötlich, bräunlich). Allerdings bestehen diesbezüglich vielerlei zwischensprachliche Unterschiede. So kennt das Deutsche, anders als das Französische oder Russische, kein spezifisches Wort für die Bezeichnung von «rotem» Haar, und was deutsch mit «hellblau» beziehungsweise «dunkelblau» umschrieben wird, lässt sich russisch mit jeweils eigenständigen Farbadjektiven ausdrücken.
… Fortsetzung hier …
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
Schreibe einen Kommentar