Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Wozu das Gedicht? (Teil 3)

Wozu das Gedicht?

Teil 2 siehe hier

Mehrfach leiht Hermann Broch dem römischen Dichterfürsten seine Stimme, lässt ihn monologisch vor sich hin reden, unterschiebt ihm gelegentlich auch seine eigene Auffassung von der Aufgabe und vom Sinn «schöner» Literatur. Dabei besteht er darauf, dass «schöne» Literatur gerade nicht auf «Schönheit» angelegt sein sollte, da «auf diese Weise das Kunstwerk zum Un-Kunstwerk wird, zu einem unkeuschen Mantel der Künstlereitelkeit», derweil «die Schönheit sich als Selbstzweck vordrängt, die Kunst in ihren Wurzeln angegriffen» und «der Wirklichkeitsinhalt durch die leere Form» ersetzt wird. Deutlich klingt hier in überanstrengter Rede der Vorwurf des dichterischen Formalismus an, den Broch zu Gunsten «echter Kunst» und deren «Menschheitsstreben» dezidiert ablehnt.
Sterbend kommt sein Vergil zur Einsicht, dass die Menschensprache, und sei sie noch so kunstvoll ausgeformt, niemals über sich selbst, ihre Regeln, ihre Bedeutung hinaus wirksam werden kann: Das «reine» göttliche Wort bleibt ihm, dem grössten Dichter seiner Zeit, unerreichbar. «Er konnte es nicht aussprechen», heisst es dazu bei Broch: «Unfaßbar unaussprechbar war es für ihn, denn es war jenseits der Sprache.»

Fortsetzung hier

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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löst Schatten ab; labt Blössen; schön und satt: täuscht bald.

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– Ein Glossar –

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