ELSE LASKER-SCHÜLER: EXIL UND VERSÖHNUNG
– Eine szenische Lesung beim XIV. ELS-Forum. –
Guten Abend, meine Damen und Herren – eh, Erev Tov, – eh, good evening, ladies and gentlemen, eh… Verzeihen Sie bitte – ich muss mich erst besinnen. Ich träume immer noch so lange nach dem Aufstehen, eigentlich den ganzen Tag.
Also, wo bin ich hier? In Jerusalem, richtig, und das schon seit bald fünf Jahren.
Und dies ist also die Hygienic Dairy, die Molkerei in Rehavia. Hm, schön sauber ist es. Kein bisschen Staub, kein bisschen Schmutz, aber auch kein bisschen – Phantasie!
Danke, dass Sie gekommen sind. Ein paar mehr hätten’s schon sein können! Ich hab schliesslich selbst die Einladungen geschrieben und einigen von Ihnen auch selbst gebracht.
Sie haben doch an der Kasse bezahlt? 20 Piaster, richtig! Verspätungen? Noch mal 20 Piaster! Stimmt! Und wenn Sie vor Schluss gehen? Weitere 20 Piaster! Genau.
Da bin ich streng, Dichter müssen bezahlt werden. Wenn ich schon mein Geschriebenes nicht verkaufen kann, muss es eben mein Reden machen. Von was muss der Schornstein ja rauchen?
Hübsch sind sie geworden, diese Eintrittskarten, finden Sie nicht? Ich habe sie selbst gemalt. Die Buntstifte sind noch von meinem lieben Päulchen, meinem einzigen Kind. Der ist nun schon lange tot.
Hier steht also, das wir den 14. August 1944 haben und dass ich aus meinem Buch Hebräerland vorlesen werde. Würde ich ja auch gerne! Aber nein – der alte Schinken! Den habe ich schon Vorjahren geschrieben, in Zürich, als ich noch Illusionen hatte.
„Ganz Palästina ist eine Offenbarung“ habe ich da verkündet und „Jerusalem, die fromme Stadt,… das heilende Bad der Seele…“1 Na, wer’s glaubt?
Lieber erzähle ich Ihnen von meinem neusten Stück ICHundICH. Ich habs nochmal unbeschrieben: gichtige Finger, klapprige Schreibmaschine und alles. Aber man ist ja froh, wenn sich ein Verleger überhaupt interessiert. Früher war das noch der liebe Salman, der Adon Schocken. Der ist ja nun auch weg aus Jerusalem und nach Amerika, der Ausreisser!
Aber halt mal. Habe ich mich eigentlich vorgestellt? Sie Herr Professor Buber und Sie, Adon und Adona Chorin, und Sie Adon Scholem – mit Ihnen wuerde ich gern nochmal ein Hühnchen rupfen, Sie Schlingel! Nun, Sie alle kennen mich ja gut, zur Genüge vielleicht! Sie helfen mir schon seit Jahren. Ich schäme mich dessen immer sehr und danke Ihnen, toda, toda.
Hier steht also ganz richtig: Ich bin die Else Lasker-Schüler aus Deutschland. Dichterin bin ich. Und Jude bin ich auch. 1933 rausgeflogen aus Berlin und dann 1939 auch aus der Schweiz und jetzt also hier in Eretz Israel. Heutzutage muss man ja dankbar sein, überhaupt wo sein zu dürfen.
Aber ich wollte Ihnen von meinem neuen Stück erzählen. Ein richtiges Höllenspektakel ist es. Es spielt hier im Hinnomtal. Hinnom heisst nämlich Hölle. Man sagt, in Urzeiten habe man dem Moloch hier Kinder geopfert. Deshalb kommt in meinem Stück auch der alte Heidengott Baal vor, dieser menschenfressende Fruchtbarkeitsprotz. Später war dann dieses Hinnomtal eine Müllhalde, wo immer Feuer brannten. Trifft sich gut. Denn bei mir verbrennt auch eine Menge Müll, der ganze Nazimüll nämlich: Der Herrmann, der Joseph, der Heinrich, der Rudolf und natürlich der Adolf selbst.
„Flamme empor!“ Ja, ja, ich hör schon auf!
Also, im Vorspiel, da bin ich die Dichterin auf dem Weg zur Probe. Im Nachspiel bin ich die Dichterin im Himmel. In den sechs Akten dazwischen, teile ich mich in zwei Teile, zwei Ichs:
Höret, Publikum, die Mordgeschichte,
Die ich an mir in finsterer Nacht vollbracht!
Und da die Wahrheit ich berichte, wenn ich dichte,
Lasst allen Zweifel ausser Acht!
Es handelt sich nicht etwa um Gesichte.
Da ich mich teilte in zwei Hälften kurz vor Tageslichte,
In zwei Teile Ich und Ich!
Und bin von grenzenloser Einsamkeit befreit!
Da Ich und Ich im Leben nie zusammenkamen.2
Die nächsten fünf Akte bin ich also einmal Faust, ganz recht, Goethes Faust, und einmal Mephisto. Die beiden sind ja öfter mal in der Hölle gewesen, Auerbachs Keller, Walpurgisnacht, usw.
Den Faust haben wir zu Hause oft gespielt. Mein Papa bekam immer die Schreirollen. Man kriegte Bauchschmerzen, wenn man in die Nähe kam. Meine grosse Schwester Anna, die Schöne, Zarte, war das Gretchen. Mein grosser Bruder Moritz war der Mephisto. Und Nachbars Pülle und Gerhartchen und mein Bruder Paul und ich? Wir waren die kleinen Teufel und machten Höllenspektakel unter dem Esstisch.
Was mein so geteiltes Ich betrifft: Lieber ist mir ja der Mephisto. Der Faust, der jammert ,ümmer bloß‘!
Und überall nur Finsternis und nirgend
Licht
Da kann der Mephisto ja nur den Kopf schütteln:
O, diese Welt von Menschenhand!
WÄr Gott nicht Gott,
verlor er den Verstand!3
Das Gretchen? Na, das hab ich mir geschenkt. Das Ewig Weibliche liegt mir nicht. Wenn’s wenigstens das Ewig-Menschliche hiesse! Aber die Frau Marthe Schwertlein, die alte Hexe, die ist dabei! Die ist Hausdame in der Hölle, und macht die Honneurs:
Hier oberhalb, mein trauter Freund,
ein Paradies, dagegen…
Dies Berglein führt hinab in
heftige Feuerregen.
Es üben sich mit Feuerkräften
Vaterteufel und die Teufelssöhne
und brennen oft im Eifer lichterloh
wie Hobelspäne.4
Im letzten Akt versöhnen sich meine beiden Ichs wieder, und schleppen sich notdürftig geflickt, in den Garten Eden.
In Wirklichkeit gehört der Garten dem lieben Adon Dr. Abraham Tycho. Sie sind doch da, Herr Doktor? So lieb, dass Sie gekommen seid. Ja, Ihr Garten ist schon seit Jahren mein Paradies hier in Jerusalem. Ich unterhalte mich dort besonders gern mit Ihrer Vogelscheuche. Die und die Pinien und Zedern finde ich zum Sterben schön. Also sterbe ich in meinem Stück unter ihnen. Schliesslich haben wir hier eine Tragödie. Da muss nun mal gestorben werden. Und woran sterbe ich? Nun, ich war’s satt, glatt satt!
Ich bin so müd –
leblos wie diese gegenwärtige Zeit…
Glaub ich, in meinem grossen Reim
das Rätsel dieser Welt gelöst?
Nein!
Da sichs in dieser Welt nicht lösen lässt!5
Zum Glück gibt’s ja noch ’ne andere Welt, die Ewigkeit nämlich.
Dies hier ist doch nur Exil. Wie mein Mephisto meint:
Nur Ewigkeit ist kein Exil.
Er muss es ja wissen, er war ja schliesslich auch mal rausgeflogen aus dem Paradies.
Das ist also mein Exilstück. In Sachen Exil bin ich ja sehr erfahren. Zuerst, da war die Sadowastrasse in Elberfeld, mein Kindheitsparadies. Da musste ich raus, weil alle weg waren, die Eltern starben, die Geschwister heirateten in alle Winde. Ich hab dann eben auch geheiratet und konnte mich so nach Berlin retten. Und was geschah in Berlin? Ich verfiel der freien Künstlerei und die wurde dann selbst wieder Exil. Nämlich so:
Wir, die freien Künstler, fühlten uns am wohlsten im Café. Man war unter sich und stöhnte sich gegenseitig was vor, vor lauter Einsamkeit und verkannter Größe. Café Größenwahn wurde es allgemein genannt! Im Café, da fühlte man sich eben sicher, vor sich selbst nämlich.
Na und dann kam ’33 und das richtige Exil. Hals über Kopf vor den Nazihalunken in die Schweiz. Die Sache glaubt mir keiner, weil’s keiner gesehen hat. Zusammengeschlagen haben sie mich auf offener Straße. Ich hab mich zur Wehr gesetzt mit meinem Regenschirm. Einen Stock hatte ich damals noch nicht. Aber die hatten Knüppel und stahlblaue Augen. Drei stramme, deutsche Jungs.
In der Schweiz dann, dachte man, man wäre sicher. Aber Pustekuchen! Die wollten auch keinen deutschen Müll. Also weiter, immer der Nase nach, – der jüdischen, könnte man sagen – nach Palästina. Ob man wollte oder nicht!
Und so bin ich also hier, weil ich Jude bin, aber auch sonst hätten die mich ja rausgeworfen. Meine Bücher waren den braunen Literaturpopen schon lange nicht geheuer.
Nun abgeschoben nach Palästina ist noch lange nicht aufgehoben in Palästina? Als Jude ist man hier eigentlich nur zum Wüstenbepflanzen erwünscht. Als deutscher Jude? Na, das richtige Zionistische, das bewundern wir zwar, aber es liegt uns nicht. Und von deutscher Sprache oder Kultur will hier jetzt kein Mensch hören.
Und deshalb sind uns hier nun alle feind, weil wir zu deutsch sind. Yekkes nennen sie uns! Aber man ist doch nun mal deutsch! Mit Leib und Seele, nicht nur mit Bindestrich. Ich glaube, um wirklich hier zu existieren, müssten die deutschen Juden eigentlich nochmal raus, nämlich, raus aus der eigenen Haut. Wir müssten uns unsere deutsche Seele selbst aus der eigenen Brust reißen. Raus damit!
Ich habs ja auch versucht, aber jetzt geht mir die Puste aus. Das muss ich nun den Zukünftigen überlassen.
Reisst ihr nur immer raus, was hier nicht hingehört, raus mit Stumpf und Stiel und Donnerkiel! Und wo man hobelt, da fliegen Späne. Und wenn das Herz auch bricht.
Ich habs eben nur in meinem Stück geschafft, mich aus mir herauszureissen und alles mal vor mich hinzustellen. Das Ergebnis? Es gibt keins. Ich lass die ganze Nazibande einfach die Waffen strecken, die Flinte ins Korn – eh ins Feuer – werfen und hinterher springen. Totale, bedingungslose Kapitulation!
Satanas… hat kapituliert!
Jawohl! Jedoch vor Gott dem Herrn…
Baruch atta adonai eloeinu melech haolam…6
Jetzt hätte ich mich doch fast bekreuzigt, wie unsere Auguste immer tat, wenn man sie erschreckte.
Und so
Füllt einen weiteren Krug,
Frau Wirtin Muhme!
Torabwärts schreitet
das Verflossene!
Ich bin mit mir vereint
in eitel Melodie und Glück…7
„Freut Euch des Lebens…“
Das haben wir immer gebrüllt, wenn mal wieder was Schlimmes überstanden war.
Die Frage ist nun: Wer ist da mal verantwortlich für den Schaden? Der Deutsche wird sagen, der Jude war’s, der Jude wird sagen – wenn einer übrig bleibt, – der Deutsche war’s. Und da ich nun selbst beides bin und mich nicht schon wieder teilen will, sage ich: Liebe Leute, sag ich, diese Katastrophe, die haben wir alle miteinander verursacht. Nicht nur die Deutschen und nicht nur die Juden. Und komm mir bloß keiner, dass das der Teufel war, dass der Schuld ist! Der ist schließlich auch nur ein Gottesgeschöpf wie alle. Was hier unten auf der Erde passiert, dafür sind wir alle ganz persönlich zuständig, tut mir leid.
Was von uns deutschen Juden hier auf Erden Zurückbleiben wird? Diese Vogelscheuche, in Dr. Tychos Paradiesgarten vielleicht. Ich habe sie für mein Stück schon ausstaffiert, mit den feinsten Manieren und der feinsten klassischen Bildung aus dem West-Östlichen Divan. Diese Vogelscheuche, das ist so ein richtiges deutsch-jüdisches Luftwesen im permanenten Exil vor sich selbst!
Und doch waren da mal Zeiten, wo sich beide Seelen, die deutsche und die jüdische, näherkommen wollten. Da wollte man Toleranz üben. Alle Achtung, Gotthold Ephraim und Freund Moses! Ihr sagt, wir haben doch alle denselben Gott, und der befiehlt uns, einander zu lieben.
An dieses „Liebet einander“ da glaube ich auch ganz fest. Nur hat’s da für mich fast nur Missverständnisse gegeben.
Ganz besonders wegen der lieben Liebe. Ich habe da ja einen schlechten Ruf, weil bei mir – sagen wir – zu heftig geliebt wird. Aber, liebe Leute, wenn’s um Liebe geht, da muss man doch das Kind beim Namen nennen. Da kann man doch nicht um den Brei herumreden. Es ist wohl auch nicht klar, wie ich das eigentlich meine mit der Liebe. Da geht es doch immer ums Ganze, um Leib und Herz und Seele, um Gott und die Welt. Liebe ist doch nicht nur Verheiratetsein, im Gegenteil! Richtige Liebe verbindet alles, verwebt alles, wie die Fäden und Farben in einem schönen Teppich.
Mein Urgrosspapa, der Reb Uriel, der vor 200 Jahren in Spanien rausflog, brachte von seinen west-östlichen Reisen einen solchen Teppich mit. Mein Papa und seine 22 Geschwister haben auf diesem schönen bunten Teppich gespielt. Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich dabei war. Und dann, später als niemand mehr da war, zum Spielen, da habe ich diesen Teppich geträumt.
Deine Seele, die die meine liebet,
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet.
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit,
Maschentausendabertausendweit.
Süsser Lamasohn auf Moschuspflanzenthron,
Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon?8
Nun, mit diesem Teppich im Sinn habe ich damals ein Stück gemacht, meinen Arthur Aronymus. Das war Berlin 1932. Ich bekam sogar den Kleistpreis dafür. Aber weil Juden drin Vorkommen, gab’s sofort Schwierigkeiten. Und ich hatte es doch so gut gemeint.
Es sollte ein richtiges Biedermeierstück sein mit Reifröcken und trauter, deutsch-jüdischer Familienhäuslichkeit. Es spielt 1840 in dem westfälischen Dorf Geseke. Da hatten meine Grosseltern Schüler einen Gutshof. Bloß dieses Geseke hatte noch einen anderen Namen: Hexengeseke, wegen des immer noch grassierenden Hexenglaubens. Auch im Frühjahr 1840 liefen die Dorfkinder wieder herum und sangen:
Zieh ding Hexenschwänzlein ein
Und erleide Höllenpein
Ha, ha, Höllenpein
Wir danken dir Herr Jesu Christ,
Das unsere Seel’ gerettet ist.9
Dies Lied schrien sie besonders gern vor dem grossen Schülerhaus. Mit der Hexe meinten sie Papas Schwester Dora. Die war damals 15 und hatte den Veitstanz. Die Leute schimpften, dass dies ,Judenbalg‘ ihr Vieh verhexte.
Einer von den Katholschen in meinem Stück, der Kaplan Michalski, meinte, Grosspapa sollte eins von seinen dreiundzwanzig Kindern taufen lassen. Dann wäre bestimmt Ruhe. Da hättet ihr aber den Großpapa hören sollen:
Ich, Moritz Schüler, wie meine seligen Väter, pflegten auf direktem Weg zu Gott zu gelangen, und ich sollte Gott mein noch unmündiges Kind auf Umwegen zuführen?
ADONAI JISCHMERENU!10
Jetzt hätte ich mich doch fast wieder bekreuzigt!
Immerhin, der Herr Kaplan, der das Unding vorgeschlagen hatte, schämt sich sehr, und am Ende sind alle bei den Schülers zum gemeinschaftlichen Sedermahl eingeladen und die Großmama sagt schon liebreich:
Und mit einem bisschen Liebe gehts schon, dass Jude und Christ ihr Brot gemeinsam in Eintracht brechen, noch wenn es ungesäuert gereicht wird.11
Das hört sich ja alles gut und richtig an. Bloß, es war eben nicht alles! Im Arthur Aronymus gibt es nämlich noch andere Juden, nicht nur den weisen Reb Uriel, oder die feinen Schülers. Beileibe nicht! Da gibt’s Landstreicher zum Beispiel, Hausierer, Lumpenhändler, die jiddeln, wie mein Lämmle Zilinsky. Der heißt so, weil er immer den Kopf einzieht, dass seine Arme herunterhängen wie Lämmerohren:
De Schulbiibli, wenn mich in Fried ließen nur…! Nu, wenn ich Pailles meine unter Hut stecken tet und langen Rock tauschen tet für neumodische Frack, dann het ich Ruh…12
Und dann ist da noch der Nachtwächter Altmann. Sein Papa war Jude und seine Mama nicht, und jetzt ist er gar nichts, weder Jude noch Christ. Denn als armer Nachtwaächter kann er sich einen solchen „Dönkel“, wie er sagt, nicht leisten. Er muss lernen, sein Horn einmal „katholsch“ und einmal „jüdsch“ zu blasen, wie’s gerade gewünscht wird. Davon lebt er.
Nun, in meinem Stück düerfen sie alle am Sederabend bei den Schülers im Gutshaus mitspeisen – am Katzentisch natürlich.
Wo ist hier die liebe Toleranz? Der Lämmle, ja, der soll wohl tolerieren, dass ihm die Kinder die Pailles langziehen, oder ihm „hep, hep“ nachrufen. Der Herr Kaplan erklärt zwar, dass das nur bedeute ,Jerusalem ist nicht verloren‘ und dass das doch eigentlich ein Trostspruch wäre. Bloß, den christlichen Kindern, denen hatte man das wohl nicht verraten. Also Toleranz? Klingt gut, aber irgendwas stimmt nicht.
Ich höre überall, wir sollen anderen Religionen gegenüber mehr Toleranz zeigen, aber mit den eigenen Sündern sollen wir strenger sein, damit sie uns keine Schande machen. Wäre es nun nicht besser, wenn wir anderen Religionen mehr Liebe zeigten und unseren eigenen Sündern mehr Toleranz? Da ist nämlich ein Unterschied meine ich!
Und was das nicht Dazugehören angeht, das gilt ja auch für die Dora mit dem Hexenveitstanz, obwohl sie aus dem Gutshaus und nicht von der Landstraße kam.
Und wie wird nun der Dora geholfen? Mit einem wunderbaren Spektakel.
An dem gemeinsamen Sederabend spielt die ganze Kinderhorde meines Großpapas mit den Nachbarskindern im Gutsgarten Hexenverbrennen. Einen Riesenscheiterhaufen stapeln sie auf. Mein damals achtjähriger Papa will unbedingt die Hexe sein. Er borgt sich ein Kleid und eine Haube von Dora, steigt auf den Scheiterhaufen und jammert schrecklich. Dann, im letzten Moment, als sie gerade anzünden wollen, springt er runter und rennt davon und niemand kann ihn erwischen! Bloß das Kleid zerreißt und die Haube bleibt im Kirschbaum hängen. Aber die Dora, die vom Fenster aus zuschaut, lacht sich kaputt und – ist geheilt! Wie oft uns mein Papa diese Geschichte später erzählte!
Also, so richtig biedermeierlich-versöhnlich ist der Artur Aronymus eben doch nicht geworden. Da war eben die Zeit nicht danach, weder die, wo das Stück spielt, und schon gar nicht die, wo es endlich, wenigstens kurz mal auf die Bühnenbretter kam. Ein neues Exil kam dazwischen, diesmal aus dem deutsch-jüdisch-christlichen Ideal von Toleranz und Menschenliebe.
Darüber, dass ich den Kleistpreis für meinen Arthur Aronymus kriegte, wurde sogar im Völkischen Beobachter gemeckert. Ich bin dann mal auf die Redaktion gegangen, um das klarzustellen. Ich habe mir meinen schönsten Hut aufgesetzt und habe mich vorgestellt:
Also ich bin die Dichterin Else Lasker-Schüler, Jude. Hier sind wir doch unter uns. Hier können wir doch hoffentlich mal deutsch reden!
Die haben sich amüsiert, jedenfall die, die es wagten! Aber im Ernst: man muss sich ja schämen als Deutscher, dass ein Deutscher so was über einen anderen Deutschen sagen kann!
Nun, Ähnliches hatte ich ja schon einmal erlebt, damals in Berlin mit meinem anderen Drama, der Wupper. Da hieß es auch, das wäre nichts für den gesunden deutschen Menschen. In Zürich war es noch für 1937 vorgeschlagen, aber da war ich ja schon zum Juden mit grossem Jot abgestempelt und entdeutscht worden. Und die Wupper und alles andere von mir wurde für ,entartet‘ erklärt.
Entartet, d.h. nicht der bürgerlichen Moral entsprechend, sind in der Wupper ja eigentlich nur die drei Herumtreiber, Pendelfrederick, der seine Hose nie zukriegt. Lange Anna, der lieber einen Rock als eine Hose um die Beine hat und der Gläserne Amadeus mit seinem kaputten Herzen.
Ansonsten geht es in meiner Wupper doch ganz manierlich zu. Da ist die große Welt der Fabrikantenfamilie Sonntag und da ist die kleine Welt der Arbeiter. Dazwischen ist der Jahrmarkt. Da wollen alle mal miteinander fraternisieren.
Heinrich Sonntag will mit dem Arbeiterkind Lieschen. Carl Pius, der Arbeitersohn will mit der feinen Martha Sonntag. Eduard Sonntag will auch mit Lieschen, aber nur schöngeistig, weil er lungenkrank ist. Lieschens Bruder August will mit der höheren Tochter Laura Simon, fährt aber ab und will nun den roten Arbeiteraufstand. Ein Arbeitersohn will Pfarrer werden und ein Fabrikantensohn will Priester werden. Die Arbeiter wollen ihr Bier und ihre Ruhe.
Und nichts klappt. Oben und unten nicht, rechts und links nicht. Der Heinrich Sonntag erschießt sich, so schuldig fühlt er sich; das früh verdorbene Lieschen muss in die Erziehungsanstalt und heult zum Gotterbarmen, aus dem Priesterwerden und Pastorwerden wird nichts, weil allen der Glaube flöten geht. Der Arbeiteraufstand findet auch nicht statt.
Tja, das ist nun meine Wupperwelt. In ihr bin ich groß geworden. Bei uns zu Hause in der Sadowastrasse am Berg, da war ja das Paradies, das deutsche Bürgerparadies, wenn Sie wollen, aber unten im Ort? Ich hab mich auf Spaziergängen oft zwischen meine Mama und meinen Papa gedrängt, so gefürchtet habe ich mich.
Mit meiner Bühnen-Wupper habe ich mich an diese andere Seite meines Kindheitsparadieses erinnert und gemerkt: Selbst in dem Paradies stimmte was nicht. Die Welt draußen sollte draußen bleiben. Nur drängte sie sich immer wieder vor.
Aber ist nun diese andere Welt, nur weil sie anders ist, eine verworfene, gottlose, wie man mir vorgeworfen hat? Eine ausgeleierte, nihilistische Welt, wie das Karussell auf dem Rummelplatz, das nicht mehr richtig funktioniert? Oder wie Lange Annas Dudelsack, der aus dem letzten Loch pfeift?
In jedem Fall ist mein Wupperstück eine GANZE Welt. Eine karussellfahrende Weltfabrik. Für mich ist Theater immer Welttheater! Nicht so elegant wie „Jedermann“, das liegt mir nicht. Als ich den in Berlin auf der Bühne sah habe ich
„Was für getaufte Juden!“ in die versammelte Menge geschrien
„Da gehn wir lieber ins Kölner Hänneskentheater!“ und
„Da kriegt man ja das Gähnen, bei den langweiligen Hofmannsthaler Reimereien“13
hab ich geschrien, bis man mich abführte und eine Nacht ins Kittchen steckte. Ich kann mich bei sowas ganz schön aufregen. Mein Theater ist immer eine Art Hännesken-Welttheater, mit Himmel, Hölle und allem dazwischen. Die Wupper auch. Gott ist da, der Teufel sowieso, und die drei Landstreicher, das sind die Erzengel, und die prophezeien:
Seid man stille; es gibt noch was hinter de Düsterkeit, wart man ab, wenn erst Licht wird.14
Und dass sie am Ende die Straßenlaterne ausblasen, das muss ja nicht unbedingt heißen, dass jetzt alles zappenduster ist. Mit der Laterne blasen sie ja auch die Nacht weg, damit Morgen werden kann. Damit Licht kommt ins Dunkel.
Und das Morgenlicht, dass kommt ja nun von Osten, vom Orient. Und DER Orient und ich waren ja alte Bekannte, Verwandte eigentlich, wenn man will, obwohl mir diese Verwandtschaft of schwer auf der Seele liegt. Bei uns zu Hause war immer alles hell und klar und voll Liebe. Aber wenn ich andere Juden sah, alte, huschende Wesen mit Bärten, dann erschrak ich immer und konnte doch nicht los von den Bildern…
Der Fels wird morsch,
Dem ich entspringe
Und meine Gotteslieder singe…
Jäh stürze ich vom Weg
Und riesele ganz in mir
Fernab, allein über
Klaggestein
Dem Meer zu.
Hab mich so abgeströmt
Von meines Blutes Mostvergorenheit,
Und immer, immer noch der Widerhall in mir.
Wenn schauerlich gen Ost
Das morsche Felsgebein,
Mein Volk Zu Gott schreit.15
Als ich dann nach Berlin kam, merkte ich, dass nicht nur ich, sondern alle Welt verliebt in alles Orientalische war. Es wurde orientalisch gedichtet, gemalt, getanzt, und was nicht alles. Alle Welt sammelte Perserteppiche, aß türkischen Honig und rauchte ägyptische Zigaretten.
Dann, als meine Wupper ewig nicht aufgeführt wurde, da wollte ich so eine Art arabisches Variété machen und auf Tournee gehen. Mein Päulchen wäre mitgekommen. Er hatte mit einem schönen roten Fez auf dem Kopf einen kleinen Fakir gespielt und den Vorhang auf und zu gemacht und mir souffliert.
Erstens sollte uns dieses Variété natürlich helfen, nicht zu verhungern, mein Päulchen und ich. Aber dazu habe ich immer eine Art Heimweh nach diesem Morgenland gespürt. Es war mir wie eine andere Heimat, aus der man mich mal vertrieben hatte. Mit meinem Variété wollte ich dorthin zurück.
Und so erhob ich mich im kalten, grauen, phantasielosen Berlin zu Jussuf, dem Dichterprinzen von Theben.
Ich kann die Sprache
Dieses kühlen Landes nicht,
Und seinen Schritt nicht gehn.
Auch die Wolken, die vorüberziehn,
Weiss ich nicht zu deuten.
Die Nacht ist eine Stiefkönigin
…
Immer muss ich an die Pharaonenwälder denken
Und küsse die Bilder meiner Sterne.16
Ich, Jussuf, in Gold gekleidet, werde in den Palast getragen. Mein Herz ist ein Regenbogen des Friedens. Es rollt sich auf, ein Teppich der Liebe und Demut. Aber fremde Boote landen im Hafen. Abendländer kommen nach Jerusalem. Von meiner Residenz aus sehe ich ihre hellen Locken. Um die Lenden den Muschelgurt, trete ich lächelnd auf sie zu. Und die Ritter wechseln, mir zur Ehre, ihre graue Tracht mit den rauschenden Gewändern des Morgens. Liebend umarmen wir uns. Durch die Stadt eilt die Kunde, der Melech habe, ohne Blut zu vergießen, den Feind besiegt. Mein buntes Volk ehrt mich, aber die, die ich liebe, meiden mich.
Vor den ritterlichen Pilgern des Nordens hüte dich, Jussuf sie trachten, ihr Bild zu spalten auf dem Spiegel deines spielenden blauen Herzens.17
Aber meine Ohren sind taub. Nachts steh ich vor dem Tor und drohe meiner Stadt. Und mein Herz teilt sich. Fragend und zweifelnd wende ich mich gegen Abend und gegen Morgen.
O, ich lernte an jenem süßen Munde
Zu viel der Seligkeiten kennen!
Schon fühl ich die Lippen Gabriels
Auf meinem Herzen brennen…
Und die Nachtwolke trinkt
Meinen tiefen Cederntraum.
O, wie jenes Leben mir winkt!
Und ich vergehe
In Zeit
Und Ewigkeit,
Und meine Seele verglüht
in den Abendfarben
Jerusalems18
Auf einer Tigerjagd verwundet, sterbe ich früh am Morgen… aus meinem Gebein baut mein buntes Volk einen Tempel.
Tja, aus meinem arabischen Variété ist dann doch nichts geworden. Der Krieg kam, das Orientalische kam aus der Mode. Und doch tut es mir leid um mein schönes Spiel.
An diese Dinge dachte ich nun in jener ersten Nacht auf der Parkbank in Zürich. Von meinem Urgroßpapa, Reb Uriel, wird erzählt, er konnte sein Herz aus der Brust nehmen und seinen roten Zeiger nach Gottosten stellen. Mein Herz ist mir aus meiner Brust gerissen worden. Ich kann seinen roten Zeiger nicht stellen. Ich weiß nicht, wohin.
Am nächsten Tag bin ich durch Zürich gelaufen, immer an den Häuserwänden entlang und unter den Balkons. Nachts ging ich wieder in den Park.
Was hatten wir denn bloß getan? Wir Künstler? Wir wollten doch immer nur spielen und euch das Spielen lehren.
Wie früher mein Papa. Den nannten sie alle den Till Eulenspiegel von Elberfeld, weil er nur lustige Streiche im Kopf hatte. Wir tollten zusammen durch die Stadt und durch den Wald rundherum und stiegen auf alle Aussichtstürme. Die hatte Papa alle für mich gebaut, machte er mir weis.
Ja, mein lieber Spielpapa. Und jetzt bist du nun schon so lange tot. Nie fehltest du mir mehr wie gerade jetzt und hier, wo absolut niemand zum Spielen aufgelegt ist.
Mein Papa war ein Kind. Aber, sind wir nicht alle Kinder, Menschenkinder, Gotteskinder? Wir sind doch mitten im sogenannten Jahrhundert des Kindes! Kinderspiel ist doch kein Kinderspiel. Heiliger Ernst ist es!
Ihr denkt, dass meine Phantasien Kindereien seien. Und ihr kritisiert meine vielen Sterne, und meine Herzgeschichten und besonders mein ewiges Blau-Schwärmen. Ihr nennt es meine spätromantische Phase! Na schön, ich gönn’s euch! Wenn euch sonst nichts einfällt! Aber ihr tut mir leid, mit eurem kindischen und kein bisschen kindlichen, heiligen Ernst, im Ernst!
Sie natürlich nicht, meine Damen und Herren hier in Jerusalem. Oder Sie etwa auch? Sie, Sie und Sie, sie könnten mir ja auch ein bisschen mehr Respekt zeigen, wenn Sie mich auf der Straße sehen und mich nicht anstarren, oder davonlaufen oder hinter mir her grinsen, als wäre ICH die Vogelscheuche aus Dr. Tychos Garten.
Bloß die kleinen Maulesel hier, die respektieren mich. Die freuen sich, wenn ich komme und ihnen gut zurede und ihren bösen Treibern mal eins überziehe mit meinem Stock.
A Propos Kinderspiel! Da hatte ich mir was Nettes ausgedacht: Wir machen einen Jahrmarkt mit Karrussel, hier in Rehavia. Aus Holz, ganz einfach, mit bunten Glasperlen behängen. Ein paar Buden dazu… so recht wie früher. So könnte man doch verwöhnen UND versöhnen… Ich selbst würde als Prinz Jussuf das Karrussel leiten, mit hebräischen und arabischen Volksliedern. Auch eine Waffelbude wäre doch herrlich.
Bis jetzt ist wieder mal nichts geworden. Alle sehen verlegen weg, wenn ich davon anfange. Mein Päulchen, ja, der hätte mitgemacht.
Päulchen? Mein liebster Junge! Paviänchen, Zuckermäulchen. Seitdem du nicht mehr bist, ist der Welt die Lust am Spielen vergangen. War ich eine Rabenmutter, wie man sagt? Aber wir haben uns doch immer so schon erzählt und gezeichnet und gemalt zusammen. Weisst du noch? Bald ist Herbst, die Zeit, wo du mir genommen wurdest. Und ich bin immer noch in Zürich, im Regen vater-mutter-kind-seelen-allein.
Gott weint…
(sagte meine liebe, traurige Mama)
ergraut kommt seine kleine Welt zurück,
Die Er in Seiner Schöpfung schnitt aus
himmlischem Türkise.19
Aber liebe Mama, wir, du und ich, wir haben doch gewusst vom Paradies. Mit Papa konnte man immer nur spielen, und lachen und toben. Mit dir?
Mama, sind wir beide jetzt vertrieben, aus dem Paradies? Oder bin nur ich es? Bist du vielleicht sogar der große Engel, der mich von sich trieb, weil ich leben sollte? Aber wie kann ich denn ohne dich? Als du starbst, da zerriss die Seidenhülle deines Schoßes und ich fiel – in die kalte Welt, wo kein Teppich lag.
Gestern Nacht, als ich hier wieder auf meiner Parkbank saß, kam ein Schweizer Polizist. Wegen meinem Schirm konnte ich nur seine Beine sehen. Er fragte mich, wer ich wäre. Ich sagte, ich wäre die Dichterin Else Lasker-Schüler, genannt Jussuf Prinz von Theben. Er sagte ja, ja, schon recht, aber Sie dürfen sich hier nicht herumtreiben. Ich sagte, ich triebe mich ja nicht herum, ich unterhalte mich mit meinen Eltern und meinem Sohn Paul, und meinem Herzbruder Rüben, dem blauen Reiter. Der Polizist sagte wieder ja, ja, schon recht und wollte mich beim Arm nehmen. Ich wehrte mich, bis mein Schirm in Stücke ging. Er sagte nur immer, ja, ja, schon recht und schleppte mich einfach auf die Wache.
Nichts soll ich hier in Zürich, nicht schreiben, nicht bleiben und nicht gehen, nicht reden, nicht hören, nicht da sein.
Ich will ins Grenzenlose
Zu mir zurück
Schon blüht die Herbstzeitlose
Meiner Seele,
Vielleicht – ist’s schon zu spät zurück!
Oh, ich sterbe unter Euch!
Da Ihr mich erstickt mit Euch.
Fäden möcht ich um mich ziehn –
Wirrwarr endend! Beirrend,
Euch verwirrend,
Um zu fliehen
Meinwärts!20
Dies kam mir in den Sinn, als ich noch sehr jung war. Gedichte dichteten sich von selbst in mir, ich brauchte sie bloß aufzuschreiben oder aufzuzeichnen. Damals merkte ich, dass was mit mir war, und es war nicht nur der Veitstanz, der mich oft schlimm schüttelte. Da war ein Stern. Der war wie eine heimliche Welt. Auf diesem Stern war immer Licht. Gefunden hatte ich ihn in Mamas Schoß, wenn sie ihre Seidenhüllen um mich schlug. Ich habe ihn überall mitgenommen, auf meine Bilder gemalt, in meine Gedichte gesteckt.
Bis hier nach Jerusalem habe ich ihn getragen. Einfach auf alle meine Spielsachen gezeichnet habe ich ihn, auch auf das kleine Puppenklavier, dass Päulchen mal ganz blau gemalt hat. Alles das habe ich immer bei mir.
Ich stelle meine besternten Spielsachen immer gleich auf das Fensterbrett, wenn ich wo ankomme. Und wenn die Welt mal wieder kalt und dunkel ist, dann ziehe ich den Mantel an, den Hut über die Ohren und spiele.
Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.
Es spielen Sternenhände vier
Die Mondfrau sang im Boote
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.
Zerbrochen ist die Klaviatür…
Ich beweine die blaue Tote.21
Nicht dass ich je richtig Klavierspielen konnte, weder auf dem kleinen Puppenklavier noch auf unserem Flügel im großen Salon. Mir fiel es schwer, die Noten immer alle richtig nacheinander aufzureihen. Und meistens steckte mir bald jemand ein Bonbon in die Schürzentasche, damit ich aufhörte.
Aber ich nahm das nicht übel, denn ich hatte ja meinen Stern, der klang süß und machte mich froh – bis heute, bis hier.
Meine Lieben. Ich bin so traurig, dass ihr mich verlassen habt, oder vertrieben habt, oder es doch zugelassen habt, dass man mich vertrieb. Bald nun kommen die Tage der Versöhnung, die höchsten Feiertage im Jahr. Wisst ihr noch, wie schön wir sie immer gefeiert haben, zu Hause, um den runden Esstisch? Versöhnung miteinander und mit Gott?
Alvinu Malkeinu
Ja, unser aller Herr und König, und nun zu dir. Wir sollten wirklich einmal ein ernstes Wort reden. Lieber Gott, ich bitte dich, du wirst mich doch nicht einfach hier sitzenlassen. Ich war doch immer dein Liebling. Du hast mir doch immer alles nachgesehen.
Hing an einer goldenen Lenzwolke,
als die Welt noch Kind war,
Schaukelte, hei!
Auf dem Ätherei,
Als ich noch Gottes Schlingel war!22
Und jetzt und hier? Lieber Gott, WO bist du? Hier in deinem eigenen Land etwa? Wo sich deine Kinder hassen anstatt zu lieben. Oder in der Heimat, wo jetzt zigtausende in der Nazihölle verbrennen? Bist du da?
Lieber Gott, ich bin am Ende mit meinem Latein, – eh, mit meinem Deutsch, – eh, mit meinem Hebräisch, meine ich natürlich. Was soll ich bloß noch hier? Du siehst doch, ich bin alt und klapprig! Die Kinder laufen mir nach auf der Straße, werfen mit Steinen nach mir.
Bitte, lieber Gott, wozu muss ich denn nun immer noch diesen Stern mit mir herumschleppen. Bin ich etwa ein Prophet? Wie Moses? Und sage ,Hineini‘, hier bin ich, wenn du der Welt mal wieder was mitteilen willst? Warum ich? Ich hab ja nicht mal studiert, nie was Anständiges gelesen oder gelernt, nicht mal die Bibel richtig! Wir nahmen das ja zu Hause nie so genau.
Früher mal dichtete ich:
Es wird ein grosser Stern in meinen Schoss fallen
Wir wollen wachen die Nacht
Beten in den Sprachen die wie Harfen
Eingeschnitten sind…
Wir wollen uns versöhnen die Nacht –
So viel Gott strömt über…23
Verzeih, lieber Gott, dass ich ungeduldig bin. Aber könntest du bitte bald wieder… wenigstens… ein… ganz… kleines… bisschen… strömen? Nur damit ich weiß, woran ich mit dir bin?
Mein Herz ruht müde
Auf dem Samt der Nacht
Und Sterne legen sich auf meine Augenlide…
Ich bin nicht mehr und doch vertausendfacht.
Und breite über unsere Erde: Friede.
Ich habe meines Lebens Schlussakkord vollbracht –
Bin still verschieden – wie dus in mir erdacht;
Ein Psalm erlösender – damit die Welt ihn übe.24
Ja, lieber Gott, ich bin die Dichterin Else Lasker-Schüler aus Elberfeld, Deutschland. Ich bin Jude. Ich bin dein Prophet.
Hineini – hier bin ich.
Anna Schafer
PROLOG
„Sie ist cool, sie ist Trend“ schreibt eine Schülerin im 21. Jahrhundert über Else Lasker-Schüler, die seit 1945 tot ist. 1912 sagt die Dichterin: „Wahre Kunst ist ewig, ob sie von heute oder von damals ist. Welcher Dilletant hat das Wort modern erfunden! Was wertvoll ist – bleibt bestehen“ – ein treffliches Zitat zum 20jährigen Bestehen der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft und ihrem Jubiläumsalmanach. Denn knapp 100 Jahre später erfährt diese Aussage Bestätigung: In der Deutschen Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof in Berlin fand im Frühjahr 2011 die Ausstellung Else Lasker-Schüler. Die Bilder statt. Sie kehrt damit in den Kanon der bildenden Künste zurück – darüber berichten mit Sigrid Bauschinger, Erika Klüsener und Ricarda Dick gleich drei ausgewiesene Expertinnen.
Morgen gehe ich in den Hamburger Bahnhof und schaue mir Elses Zeichnungen an. Es ist ein wundervoller Triumph, sie hier zu sehen, wo doch im Wuppertaler Von der Heydt-Museum noch nichts Vergleichbares zu sehen war!
Dieser Mail von Susanne Kessler, Künstlerin, zu Hause in Berlin und Rom, geboren in Wuppertal, bliebe eigentlich nur hinzuzufügen, dass wir in der nach der Künstlerin benannten Gesellschaft von Else Lasker-Schülers Qualität als Poetin der Zeichenfeder stets überzeugt waren. Mühsam die nötigen Gelder erbettelnd, haben wir die zweitgrößte Sammlung von ELS-Originalen erworben und in die Ausstellung ins Berliner „Museum für Gegenwart“ gegeben – so der Untertitel des Hamburger Bahnhofs. Selbst beim Akquirieren der Kaufsummen war die Künstlerin Vorbild, sie, die so gerne Prinz Jussuf sein wollte, aber ach, doch nur die Bettelkönigin der Berliner Bohème war und „Strolch vom Kurfürstendamm“ (Eigenbezeichnung und Titel des XV. Else-Lasker-Schüler-Forums 2009 in Berlin).
Auf der Rückseite einiger unserer Bilder ist noch der Stempel der Berliner Nationalgalerie. Dort befanden sich bis 1937 mehr als einhundert ihrer Zeichnungen, ehe sie als „entartet“ von den Nazis entfernt und überwiegend in der Schweiz verkauft wurden.
Gerade bei einem Jubiläumsbuch kommt der Titelauswahl besondere Bedeutung zu. Weil „Jeder Vers ein Leopardenbiss“ ein Else Lasker-Schüler-Zitat ist, fiel die Entscheidung leicht. Es stammt aus dem lyrischen Pingpong zwischen ihr und Gottfried Benn, beschrieben von Heinz Rölleke, einem der Herausgeber der elfbändigen Gesamtausgabe, die rechtzeitig zum 20. Geburtstag der ELS-Gesellschaft fertig wurde. Die Kritische Werkausgabe steht als eines der wichtigsten Ziele, das wir uns gesetzt haben, sogar in der Satzung: Bereits kurz nach der Vereinsgründung am 23. November 1990 verhandelten Prof. Heinz Rölleke und der Herausgeber dieses Almanachs im Wissenschaftsministerium zu Düsseldorf, um für die Gesamtausgabe eine Assistentenstelle an der Gesamthochschule Wuppertal bewilligt und finanziert zu bekommen. Generös versprochen von Johannes Rau. Der Wuppertaler Lokalpatriot war bekennender Liebhaber der Werke von Else Lasker-Schüler. Versprechungen im Wahlkampf aber sind eine Seite der Medaille, die andere die Finanzlage Nordrhein-Westfalens. Der spätere Bundespräsident Rau war von Beginn an Mitglied der Gesellschaft, die den Namen der „großen Tochter Wuppertals“ trägt. So wird sie gern genannt. In Sonntagsreden. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus.
Seine Schwierigkeiten mit der Wirklichkeit hatte Peter Hille: Der Vagantenpoet war dominierend im Leben des „schwarzen Schwans Israels“ und in der Neuen Gemeinschaft, der ersten (Dichter-) Kommune in Berlin. Dem Pionier des Berliner Kabaretts ist erstmals in einem ELS-Almanach ein ganzes Kapitel mit mehreren Beiträgen profunder Kenner wie Walter Gödden und Nils Rottschäfer gewidmet.
Anders als der Almanachtitel vermuten lassen könnte, wird überwiegend Prosa publiziert: Bislang unbekannte Zeitzeugenberichte, neue Grundlagen für die Forschung und Vorträge, die bei den Else Lasker-Schüler-Foren in Wuppertal, Berlin, Catania und Tel Aviv gehalten wurden. Die Autorenliste ist mehr als ein ,Who’s Who‘ der ELS-Forschung: Uri Avnery mit seinem Friedenstraum im Nahen Osten, Hans-Dieter Zimmermann, Chaim Noll, Markus Hallensleben, Matthias Buth, Jakob Hessing. Sie waren Wegbegleiter in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten, haben ermutigt, am Hauptanliegen der Gesellschaft festzuhalten, dem „Zentrum für verfolgte Künste“.
Standgehalten haben wir gegen Zweifel, Widerstand, Hohn („Größenwahn“) und Verleumdung (wg. angeblicher Gleichsetzung des Holocaust mit der doch eigentlich „kommoden Diktatur“ der SED in der DDR).
Im Archiv der Gesellschaft lagern die Unterschriften von Günter Grass, Herta Müller, Siegfried Lenz und Sarah Kirsch bis hin zu Salman Rushdi. Mehr als fünfzig Schriftsteller hatten nach den Dichterlesungen in Asylbewerberheimen (1992–1993) ihre Sympathie für ihre verfolgten Schriftstellerkollegen ausgedrückt. Das Vorhaben geht jedoch über die Verfolgung von Autoren und die Zeit zwischen 1933 und 1945 weit hinaus.
Dabei sollte es ein nationales Anliegen sein. Hier aber besteht beim sonst so hervorragenden Gedenkstättenkonzept der Bundesrepublik ein Defizit. Während alle verfolgten Minderheiten bedacht wurden, gibt es für die staatlich verfolgten Künstler und anderen Intellektuellen der NS-Diktatur und der DDR keine entsprechende nationale Einrichtung.
Für das „Zentrum“ in Solingen ist Else Lasker-Schülers Biographie wie eine Metapher. Ihre eingangs erwähnten Zeichnungen sind als Dauerleihgaben in die weltweit einmalige Einrichtung eingebracht worden, die unter dem Dach des Kunstmuseums Solingen entstanden ist und hoffentlich weiter bestehen bleibt.
Die zweite Säule des Zentrums für verfolgte Künste ist virtuell: Im Internet unter „www.exil-zentrum.de“ mit inzwischen rund 1.500 Biografien verfolgter Persönlichkeiten unter Diktaturen von gestern und heute. Denn Menschen sind Schlüssel zur Geschichte und ihre Biografien ins Heute getragene Gegenwart: Ein Fels, auf dem man entweder steht oder den man auf dem Rücken herumträgt. In diesem Sinn hat die ELS-Gesellschaft zwei Jahrzehnte gewirkt. Sie hat dem „Exil-P.E.N.“ 1994 jene Feier zum 65-jährigen Bestehen ausgerichtet, die eigentlich der deutsche Staat hätte veranstalten müssen (wie es die Republik Österreich getan hat). Wir haben 1997 chinesische Dichter-Dissidenten und Juden eingeladen, die im Ghetto Shanghai geboren wurden. Und wir waren die erste und bislang einzige deutsche Literaturgesellschaft, die sich in Israel, Polen, Tschechien, der Schweiz und in Italien präsentiert hat.
2008 war ich als Vorsitzender der ELS-Gesellschaft Gast des Beijing Institute of Technology in China, um Lasker-Schüler-Gedichte jungen Germanistikstudenten vorzustellen und beim Jahrestreffen der Pekinger Germanistikprofessoren einen Vortrag über Bücherverbrennungen zu halten. 75 Jahre nach diesem barbarischen Akt in Deutschland. Um nicht die Gastgeber in Schwierigkeiten zu bringen, mir dennoch aber treu zu bleiben, machte ich einen Rückgriff in die Historie: Der Qin-Kaiser Shi Huangdi, Erbauer der Chinesische Mauer, hatte 213 v. Chr. auch die erste bekannte Bücherverbrennung angeordnet. Mit den Schriften wollte er die gesamte Vergangenheit vor seiner Regierungszeit auslöschen, im wahnwitzigen Versuch, die Geschichte der Welt neu zu fundamentieren, mit sich selbst als Ursprungsgestalt. Seitdem sind unzählige Schriften in Rauch aufgegangen im Bemühen, freie Meinungsäußerung zu unterdrücken.
Zum Schluss des etwas lang geratenen Vorworts ermöglicht unsere Namenspatronin noch den Übergang zum bislang jüngsten Forum 2010 in Tel Aviv, einer europäisch anmutenden Stadt angesichts ihrer Bauhaus-Architektur. Ein Beispiel für friedliches, im Idealfall gleichberechtigtes Miteinander verschiedener Ethnien.
Else Lasker-Schüler, die auch in Tel Aviv Lesungen veranstaltet hat, war als Avantgardistin des literarischen Expressionismus am 21. April 1920 zur ersten Dichterlesung bei den Avantgardisten des Bauhauses eingeladen:
1. Bauhaus=Abend. ELSE LASKER-SCHÜLER: EIGENE DICHTUNGEN. Hebräische Balladen und andere Gedichte. Der Scheik, Abigail von Theben.
So stand es auf dem beidseitig bedruckten Plakat, entworfen von Friedl Dicker-Brandeis. Ihr verdankt die Welt die tragischen Kinderzeichnungen von Theresienstadt. Befreundet war sie mit dem Komponisten Viktor Ullmann. Ullmann hat, wie sich beim ELS-Forum 1999 herausstellte, Lyrik von Else Lasker-Schüler vertont, Friedl Dicker hat sie gesungen. Die Partituren sind vermutlich vernichtet worden, ebenso die beiden Künstler – Ullmann und Dicker-Brandeis wurden ermordet, zwei aufgehende Sterne am Kunsthimmel. Verglüht in den Gaskammern.
In Tel Aviv wurde beim XVII. Forum der Else Lasker-Schüler-Zyklus Opus 26a von Wilhelm Rettich aufgeführt. Der Komponist aus Leipzig gehörte zum Freundeskreis der Dichterin. Wie sie und unzählige andere Intellektuelle hatte auch er aus Nazideutschland fliehen müssen. Gideon Boss, heute Remscheid, hat die zufällig im ELS-Archiv in der Nationalbibliothek Jerusalem entdeckte Partitur verdienstvoll in einem Hörbuch veröffentlicht.
In der Nationalbibliothek werden neben ELS-Exponaten auch Nachlässe anderer prominenter Juden aus Europa gepflegt, etwa von Albert Einstein, Max Brod oder Arnold Zweig. Paul Alsberg, Nachlassverwalter seiner Wuppertaler Landsmännin, war international renommierter Staatsarchivar Israels und Mitherausgeber der Vernehmungsprotokolle des Schreibtischmörders Adolf Eichmann, dessen Prozess 1961, also vor 50 Jahren, Schlagzeilen machte. Eichmann ist gebürtig aus Solingen.
Foren wie das in Tel Aviv zeigen, wie das Zentrum in Solingen arbeiten kann: Mit allen Formen verfolgter Kunst, ihren Schöpfern und Interpreten, mit Zeitzeugen aus Vergangenheit und Gegenwart. Zensur, Verfolgung, Unterdrückung freier Meinung sind heute leider genau so aktuell wie damals – und werden es wahrscheinlich bleiben, solange es machtgierige Politiker gibt.
Prof. Dr. Alsberg hat „sein“ Archivsystem aus Deutschland ins israelische Staatswesen eingebracht. In der Heimat aller Juden war er der Spiritus Rector der Vereinigung der Einwanderer aus Europa (MB).
In der Heimatstadt der Dichterin und des Wissenschaftlers war Israels Botschafter Yoram Ben-Zeev im Oktober 2008 Schirmherr des XIV. Else Lasker-Schüler-Forums „Ich suche allerlanden eine Stadt“. Auf dieser Suche waren die Exilanten von damals ebenso wie es die Asylbewerber aus Afrika oder China heute sind. In Wuppertal hat der Diplomat Ben-Zeev die von der ELS-Gesellschaft initiierten und von ihrem Mitglied Gerold Theobalt geschriebenen Theaterstücke Verscheucht und Stiefmutterland gesehen. Sie schildern den Weg der Künstlerin aus dem Wuppertal, in dem Else Lasker-Schüler schon als Schülerin antisemitischen Hetzparolen ihrer Mitschüler ausgesetzt war, nach Berlin und 1933 ins Schweizer Exil.
Der Diplomat Ben-Zeev gehörte 1993 zur israelischen Delegation bei den Friedensverhandlungen mit den Palästinensern in Oslo. Von ihm stammt der Wunsch, die Inszenierungen des XIV. Forums in Israel zu zeigen: Weil sie etwas über die europäischen Wurzeln seines Staates aussagen, über die vor allem junge Israelis wenig wüssten.
Doch wenn wir von den deutschen Wurzeln des Staates Israel sprechen, meinen wir nicht nur die barbarischen Auswirkungen des Holocaust. Gehört doch zu diesen Quellen auch der Humanismus. In bester humanistischer Tradition hat sich Else Lasker-Schüler in ihrem letzten, in Jerusalem publizierten, Gedichtband Mein blaues Klavier ebenso versöhnlich gegenüber Deutschland ausgesprochen, wie sie für eine Aussöhnung von Juden und Arabern votierte. Sie hätte das jetzt ebenso für die Palästinenser getan und sich gegen jegliche Diskriminierung, aber für jedwede humanitäre Unterstützung ausgesprochen.
Heute gibt es Übersetzungen von Lasker-Schüler-Gedichten auf Englisch, Han-Chinesisch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Russisch, Finnisch und Schwedisch. Übersetzer, Künstler und Verlage dieser Länder sind in den vergangenen zwanzig Jahren durch die Aktivitäten unserer Literaturgesellschaft auf Else Lasker-Schüler aufmerksam geworden. Ähnliches gilt für Hörbücher, Bühnenprogramme, Filme und Bücher. Möge auch dieser Jubiläumsalmanach diesen Weg fortsetzen. Noch nicht realisiert werden konnten Festivals „verwehter Musik“ oder verbotener Filme.
Was fehlt? Ein öffentliches Engagement des deutschen Staates für seine verfolgten, widerständigen Künstler. Die Exilanten sind bis heute noch immer nicht wirklich in unserer Gesellschaft angenommen. Wie heißt es doch in Goethes Faust:
Vorbei – ein dummes Wort.
Hajo Jahn, Vorwort
– „Welcher Dilettant hat das Wort modern erfunden?“ – Prolog
• PETER HILLE – DER MENTOR
– Else Lasker-Schüler: Petrus der Felsen
– Peter Hille: Die Schaumgeborene
– Jakob Hessing: Durch Peter Hille neugeboren
– Walter Gödden: Flammender Geist und zitternde Welt. Der Dichter als „Cabaretist“: Peter Hille, Mentor Else Lasker-Schülers
– Else Lasker-Schüler: „Nervus erotis“, „Orgie“, „Elegie“
– Nils Rottschäfer: „Liebster St. Petrus – „Liebe Tino“. Der Briefwechsel von Else Lasker-Schüler und Peter Hille
– Peter Hille: „Schmetterling“
• ICH SUCHE ALLERLANDEN EINE STADT
(Else-Lasker-Schüler-Forum 22.–26. Oktober 2008 in Wuppertal/Solingen)
– Anna Schäfer: Else Lasker-Schüler: Exil und Versöhnung. Eine szenische Lesung beim XIV. ELS-Forum
– Avital Ben-Chorin: „Ungeheuer sexuelle Augen“. Else Lasker-Schüler – wie ich sie erlebte
– Uri Avnery: Ein Märchen
– S.E. Botschafter Yoram Ben-Zeev: Der Klang des Fremden. Vortrag zur Eröffnung des XIV. Else Lasker-Schüler-Forums in Wuppertal
– Martin Dreyfus: Der Mann, der den Bollerwagen auf die Bühne bracht. Leben oder Theater – Teo Otto. Vortrag beim XIV. Else Lasker-Schüler-Forum
• DER STROLCH VOM KURFÜRSTENDAMM
(Else-Lasker-Schüler-Forum 5.–8. März 2009 in Berlin)
– Hans Dieter Zimmermann: Wahlverwandschaften. Else Lasker-Schüler – Peter Hille – Herwarth Walden
– Sigrid Bauschinger: Der Künstlerprinz im Kaiserreich. Die Hofkultur Wilhelms II. und Else Lasker-Schülers „Jussuf von Theben“
– Erika Klüsener: Aufatmen im Bilde – Else Lasker-Schüler als Zeichnerin
– Auf der Suche nach den verlorenen Bildern. Ricarda Dick im Interview über ihre Forschungsarbeit zur Künstlerin Else Lasker-Schüler
– Monika Thiemen: Hier schallt der Schrei der Menschheit. Else Lasker-Schüler im Neuen Westen – Rundgang auf den Spuren der Dichterin
– Ronald Vierock: Spazierengehen in Friedrichshagen: Etwas eilig. Mit der ELS-Gesellschaft auf den Spuren von Friedrich dem Großen, Peter Hille, der Volksbühne und der Neuen Gemeinschaft
• IM EXIL. ORTE DER ERINNERUNG
(Else-Lasker-Schüler-Forum 5.–9. November 2009 in Catania/Sizilien)
– Heiner Bontrup: Das Leichte, die Poesie und die Kunst der Improvisation. Begegnung von italienischen und deutschen Komponisten, Autoren, Musikern und Literaturwissenschaftlern
– Heinz Rölleke: Jeder Vers ein Leopardenbiss, ein Wildtiersprung. Prinz von Theben und Giselher – Else Lasker-Schülers Gedichte in der Begegnung mit Gottfried Benn
– Sigrid Bauschinger: „Heiliger Vater in Rom“. Else Lasker-Schüler und Pius XII.
– Markus Hallensleben: Heimat und Exil als Double Bind. Erinnerungsräume in Else Lasker-Schülers „Der Wunderrabbiner von Barcelona“
• DAS HEBRÄERLAND
(Else-Lasker-Schiiler-Forum 4.–10. Juli 2010 in Tel Aviv/Israel)
– Hajo Jahn: Das Hebräerland
– Evelyn Bartolmai: Verhasst, verdrängt, wiederentdeckt – Die deutschen Wurzeln Israels. Podiumsdiskussion im Rahmen des XVII. Else Lasker-Schüler-Forums in Tel Aviv
– Karin Neuburger: Eine einfache Geschichte? Hebräische Literatur in der Weimarer Republik
– George Y. Kohler: „Platz machen für Gott“. Else Lasker-Schüler, Rabbiner Kurt Wilhelm und der religiöse Liberalismus in Palästina
– Moshe Zuckermann: „Aus Europa, aber nicht in Europa“
– Chaim Noll: Rom und Jerusalem. Moses Hess und seine zionistische Vision
• SIE IST COOL, SIE IST TREND
Abigail – Prinz Jussuf von Theben
– Insa Meenen: Else Lasker-Schüler. Eine „freche“ Biografie – dem „Prinzen Jussuf“ könnte sie gefallen haben
– Matthias Buth: Hebräische Balladen. In memoriam Alice und Herbert Altmann
– Johannes Barth: Neue Grundlage für die Forschung. Zum Abschluss der Kritischen Ausgabe der Werke und Briefe Else Lasker-Schülers
– Hajo Jahn: Der sinnliche Mund der Leni Riefenstahl
– Hans Christoph Binswanger: Liebe Glasfrau, lieber Christophorus. Erinnerungen an Else Lasker-Schüler
– Heiner Bontrup: „Stiefmutterland ist überall“. Drei Aufträge gegen das Vergessen und eine Theaterreise durch das stehende Jetzt
– Ulrike Müller: Von Kohout bis Slam-Poetry – Elses Enkel
– Karl Bellenberg: „… und kenne doch keine Note“. Else Lasker-Schüler und ihre Komponisten – Beginn einer Forschung.
– Hajo Jahn: Von den Mühen des Gebirges und der Ebene. 20 Jahre Else Lasker-Schüler Gesellschaft
– Hajo Jahn: Dank
– Foto- und Abbildungs-Nachweis
– Kaleidoskop – Bilder aus 20 Jahren Else Lasker-Schüler-Gesellschaft
wird überwiegend Prosa publiziert: bislang unbekannte Zeitzeugenberichte, neue Grundlagen für die Forschung und Vorträge, die bei den Else Lasker-Schüler-Foren in Wuppertal, Berlin, Canatia und Tel Aviv gehalten wurden. Die Autorenliste ist ein Who’s Who der ELS-Experten. Mit diesem inzwischen neunten Almanach wird aber auch Rückschau gehalten auf die ehrenamtliche Arbeit von zwei Jahrzehnten der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft.
Peter Hammer Verlag, Klappentext, 2011
Jürgen P. Wallmann: Deutsche Lyrik unter jüdischem Dreigestirn, Merkur, Heft 225, Dezember 1966
Carl Stern: Erinnerungen an Else Lasker-Schüler
Wieland Herzfelde: Else Lasker-Schüler
Nadine A. Brügger: „Nie lernte ich so viele Menschen kennen mit Minderwertigkeitskomplexen und masslos dicker Arroganz“ – Else Lasker-Schüler liebte und hasste Zürich
Hubert Gaisbauer: Vielleicht glaubt Gott an mich
Die Furche, 20.1.2005
Burkhard Reinartz: „Meine Seele verglüht in den Abendfarben Jerusalems“
deutschlandfunk.de, 21.1.2015
Else Lasker-Schüler 150 Jahre Meinwärts
els2019.de
Lutz Hagestedt: Das Herz der Avantgarde
literaturkritik.de, Februar 2019
Peter Mohr: „Bin ein tieftrauriger Mensch“
titel-kulturmagazin.net, 11.2.2019
Oliver vom Hove: Eine große Liebende im Porträt: Else Lasker-Schüler
Der Standart, 3.2.2019
Stefan Dege: Lyrikerin, Poetin, Zeichnerin: Else Lasker-Schüler zum 150. Geburtstag
Deutsche Welle, 8.2.2019
Ulf Heise: Der „schwarze Schwan Israels“
FreiePresse, 8.2.2019
Andreas Kilcher: Prinz Jussuf von Theben, die Dichterin aus Wuppertal
tachles.ch, 8.2.2019
Christian Lindner: Die Dichterin Else Lasker-Schüler
deutschlandfunk.de, 11.2.2019
Andreas Platthaus: Fernab der Stiefwelt
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.2.2019
Thomas Hartmann: Else Lasker-Schüler – die provokante Poetin
mdr.de, 11.2.2019
Ulrike Sárkány: Große Lyrikerin mit positivem Weltbild
ndr.de, 11.2.2019
Natascha Freundel: Am Grab von Else Lasker-Schüler
ndr.de, 7.2.2019
Marie Luise Knott: Blau vor Paradies
perlentaucher.de, 14.5.2019
Nina Schmedding: Immer unbeirrbar sie selbst
domradio.de, 22.1.2020
Else Lasker-Schülers Lebenszeichen aus Berlin im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Schreibe einen Kommentar