Joseph Brodsky: Haltestelle in der Wüste

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Joseph Brodsky: Haltestelle in der Wüste

Brodsky-Haltestelle in der Wüste

***

Am Ende der Geraden ist der Punkt stets besser zu
aaaaasehn.
Das Lid schnappt nach Raum wie die Kieme nach
aaaaaAtem.
Dem Mund, der alles sagte, nur nicht „o weh“,
entringt sich geräuschvolles Abrakadabra.
Die Subtraktion, die mit dem Kreisel usw.
begann, erfaßt jetzt die äußeren Strecken;
einem Koffer ähnelt das Zimmerkarree
mit dem spinnwebbeschlagenen Ecken.
Nichts läuft oder fährt mehr. Der Zug ist weg.
Ab hier ists gesprungen wie gehupft.
Und durch die Stille tickt der Wecker,
als ginge jeden Moment das Haus in die Luft

1982

Aus An Urania
Übersetzt von Birgit Veit

 

 

 

Nachwort

Die Sprache ist der Grund der Gründe. J. B.

Kaum ein anderer Dichter der Gegenwart hatte eine so hohe Auffassung von Poesie. Joseph Brodsky plädierte emphatisch dafür, daß in seiner Wahlheimat Amerika Gedichte in Drugstores verkauft und in jedem Motelzimmer, „gleich neben der Bibel“, ausgelegt würden. Denn: „Lyrik ist die höchste Form menschlicher Rede. Sie ist unser anthropologisches, genetisches Ziel, unser sprach-evolutionärer Leitstern.“ Es geht um Sprache und Schönheit, deren Synthese im Gedicht älter als Geschichte ist und den Staat, die Politik allemal überdauert. Brodsky führt keine moralisch-didaktischen Kriterien ins Feld, er argumentiert aus und mit den Möglichkeiten des dichterischen Worts: verweist auf die „unheilbar semantischen wie unheilbar euphonischen“ Qualitäten des Verses, auf die Vermeidung von Klischee und Redundanz. Das Gedicht als „eine höchst ökonomische Form geistiger Beschleunigung“ gewährt oft „eine Epiphanie oder Offenbarung“. Es erhellt, es feit gegen die „Vulgarität des Herzens“, und – hier fallen Ästhetik und Ethik in eins: es ist subtilste Sublimation. Das Wissen um die (richtige) Verwendung eines Adjektivs kann vor Tätlichkeit schützen; Sprachvokabular versus Vokabular der kruden Tat.
Man wird den Verdacht nicht los, Brodskys poetischer Realismus habe russische Wurzeln. In Rußland, das seine Dichter seit Zarenzeiten schikanierte und verfolgte, haben diese trotzdem – oder gerade deshalb – größte Wertschätzung erfahren, galt das lyrische Wort als einzige ernstzunehmende Waffe gegen die Tyrannei. Brodsky selbst wurde 1964 wegen „Parasitentums“ verurteilt und in den hohen Norden verbannt. Weder Verbannung noch Zensur konnten ihm etwas anhaben, im Gegenteil: er fühlte sich in seiner dichterischen Mission bestätigt, herausgefordert wie vor ihm Puschkin, Mandelstam und viele andere. Wobei es nicht darum ging, mit dem Staat – dem Imperium – in Konkurrenz zu treten, sondern das ganz Andere der Poesie manifest werden zu lassen. Das war kein elitäres Geschäft, und die Leser belohnten es mit wacher Aufmerksamkeit, ja Begeisterung.
Heute stehen die Dinge anders, auch in Rußland. Doch Brodskys ermutigend-kühne Stimme klingt weiter: „Auf kulturellem Gebiet schafft nämlich nicht die Nachfrage das Angebot, sondern umgekehrt … Die oft gegen die Lyrik erhobene Anklage – sie sei schwierig, dunkel, hermetisch und was sonst noch – zeigt nicht den Zustand der Lyrik an, sondern, offen gesagt, die Sprosse der Evolutionsleiter, auf der die Gesellschaft festsitzt … Nicht die Literatur soll die Sprache des Volkes sprechen, sondern das Volk die Sprache der Literatur.“ So formuliert in der Nobelpreisrede, 1987, und in der Ansprache in der Wahingtoner Library of Congress 1991, nach Ernennung zum U.S. Poet Laureate.
Brodsky spricht keineswegs nur pro domo; in seinen Reden – wie in seinen Essays – beruft er sich auf die von ihm hochgeschätzte anglo-amerikanische Lyrik eines W.H. Auden, Robert Frost, Thomas Hardy, auf seine russischen Vorbilder, Marina Zwetajewa, Ossip Mandelstam, Anna Achmatowa. Es ist das Ethos des poetischen Wortes, das verpflichtet, wie auch immer sein individueller Ausdruck beschaffen sein mag. So redet Brodsky wenig von Neuerertum, viel jedoch vom Fortschreiben: Poesie schöpft aus Poesie, Geschriebenes fußt auf Geschriebenem. Die Sprache selbst erinnert sich – ein lebendiges Palimpsest…

Ilma Rakusa, aus dem Nachwort

 

Joseph Brodsky

gilt als der bedeutendste russische Lyriker der Gegenwart. Er mußte 1972 gegen seinen Willen seine Heimat verlassen und lebte seither in den USA. Doch seine Gedichte schrieb er weiterhin meist auf russisch. Die Themen von Brodskys Lyrik sind vielfältig: Leiden an der Welt, Liebe und Tod, Trennung und Einsamkeit. Seine Dichtung verbindet Klassizität der Form mit sprachlicher Modernität, wobei er historische, antike und biblische Figuren zur Darstellung individueller Erfahrung des heutigen Menschen verwendet. Brodsky, der gefordert hat, Gedichtbände müßten massenhaft an Tankstellen verkauft werden, um das Bewußtsein für Sprache wachzuhalten, schrieb über den von ihm verehrten Lyriker Wystan Hugh Auden: „Doch der Mensch ist, was er liest.“

Suhrkamp Verlag, Klappentext, 1997

 

Beitrag zu diesem Buch:

Gisela Reller: Ein Autodidakt Zeit seines Lebens
reller-rezensionen.de, 20.11.2019

 

Jossif Brodskij

– Die Kraft der ersten Lüge. –

In Leningrad feiern die Freunde von einst noch immer am 24. Mai seinen Geburtstag. Sie versammeln sich dann und halten die Erinnerung an einen Mann wach, der 1963 mit einem einzigen Gedicht berühmt, 1972 zum Verlassen seines Heimatlandes gezwungen wurde und im amerikanischen Exil Rußlands größter zeitgenössischer Lyriker geworden ist. In Leningrad wohnen noch immer seine Eltern. Sie hüten das Zimmer des Sohnes, das unverändert blieb. In Leningrad lebt Marina, die verlorene Geliebte des Dichters. Und es lebt dort ihr gemeinsamer, heute 15 Jahre alter Sohn. Der Dichter blieb allein. Jossif Brodskij, nun wohnhaft in Ann Arbor, in New York, in Venedig, in Rom. Ein russischer Jude mit dem Paß der Vereinigten Staaten.
Sein Bekenntnis:

Der Dichter muß seinen Weg allein gehen, und niemand kann ihm helfen. Die Gesellschaft ist immer mehr oder weniger feindlich. Wenn sie ihn ablehnt, wenn sie ihn akzeptiert. Zumindest tut sie beides auf ziemlich rauhe Weise. Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, daß der Psalmist die Erde zu Recht ein Jammertal nannte. Der Mensch gewinnt nichts, wenn man ihn von einer Stelle an eine andere setzt. Man vertauscht lediglich die eine Tragödie mit der anderen. Wir sollten begreifen, nicht die Welt ist böse, sondern sie ist von ihren Bewohnern verdorben worden.

Jossif Brodskij – ein metaphysischer Dichter. Sein Thema ist der Mensch zwischen absoluter Verzweiflung und totaler Verfügbarkeit. Es gibt für ihn nur ein Ziel: reif zu werden für den Tod. Die Schöpfung wird den Denkenden nie befriedigen können. Eindeutigkeit und Nachprüfbarkeit sind Zeichen eines ungeistigen Denkens. Jossif Brodskij sagt:

Jeder Staat sieht seine Bürger als Sklaven oder eben als Feinde an.

Seine Würde gewinne der Mensch nicht in den bestehenden politischen Systemen zurück, sondern in der metaphysischen Dichtung. Sie ist für den Russen die „einzige atmende Ordnung“.
Der 42jährige Jossif Brodskij ist heute Professor für Literatur an den Universitäten in Ann Arborl Michigan und New York. Jährlich mehrere Monate lebt er – in seiner Freizeit – in Italien. Doch wo immer er sich niederläßt, verwandelt er sein Domizil in eine Höhle. So als stelle er die Atmosphäre und die alten Maße seines einstigen Zimmers in Leningrad wieder her. Eines Zimmers, das eigentlich keines war. Zehn Quadratmeter klein. Der türlose Eingang durch einen hohen Schrank abgetrennt von der Kommunalwohnung seiner Eltern. Ohne Fenster. Hier entstand sein „Jahrhundertgedicht“ über den Schlaf der Welt, das er dem Dichter John Donne, einem englischen Metaphysiker aus dem 17. Jahrhundert widmete:

John Donne schlief ein. Alles ringsum schlief ein.
Wand, Boden, Bettzeug, Bilder schliefen ein,
Tisch, Teppich, Riegel, Haken schliefen ein,
die ganze Garderobe, Anrichte, Gardinen, Kerzen.
Alles schlief ein. Glas, Flasche, Schüsseln,
Brot, Brotmesser, Keramik, Porzellan, Geschirr,
Uhr, Schränke, Wäsche, Fensterscheiben, Lampe,
die Treppenstufen, Türe. Überall ist Nacht…
… Wild, Vögel schlafen, tote Welt, das Leben.
Nur weißer Schnee fällt aus dem Nachtgewölbe.
Selbst dort wird jetzt geschlafen, über allen Köpfen.
Die Engel schliefen ein. Die Heiligen vergaßen
die angsterfüllte Welt – zu ihrer heilgen Schande…
… John Donne schlief ein. Es schlafen die Gedichte,
und alle Bilder, Rhythmen, starke, schwache,
sind unauffindbar. Laster, Sehnsucht, Sünden,
sie ruhen lautlos gleich in ihren Silben.
Ein Vers ist zu dem andern wie ein Bruder,
obwohl sie zueinander flüstern: rück ein wenig.
Doch jeder ist so weit vom Himmelstor entfernt,
so arm, so dicht, so rein, daß – Einigkeit sie füllt…
… Doch horch! Du hörst: dort, in dem kalten Finstern,
dort weint ja jemand, jemand flüstert ängstlich.
Jemand ist dort dem Winter ausgeliefert.
Und weint. Dort ist im Dunkel jemand…
… Wer schluchzt denn dort. Bist du’s, mein Engel,
der auf die Rückkehr meiner Liebe wartet, unterm Schnee,
so wie der Lethefluß…
… Nein, das bin ich, John Donne, ich, deine Seele.
Ich trauere verlassen hier in Himmelshöhen,
daß ich mit meiner Arbeit alle die Gefühle
und die Gedanken, schwer wie Ketten, schuf.
Mit dieser Last beherrschtest du den Flug
durch Leidenschaften, Sünden, und noch höher.
Du warst ein Vogel, und du sahst dein Volk,
ganz, überall, über den Dächern segelnd…
… Du hast
selbst Gott umflogen, und du jagtest weiter.
Doch diese Last wird dich nicht aufwärts lassen,
seit diese Welt – nur hundert Türme
und ein paar Flüsse, wo dem Blick nach unten
das schreckliche Gesicht fast gar nicht schrecklich dünkt…
… Doch höre! Während ich dein Nachtquartier mit Weinen
bestürze hier – fällt in das Dunkel, ungeschmelzt,
der Schnee und näht hier unsere Entzweiung,
und hin und her fliegt, hin und her, die Nadel.
Ich bin es nicht, der schluchzt. John Donne, du weinst…

In seinem winzigen Leningrader Zimmer erweiterte Brodskij Zeit und Raum, überwand er Entfernungen, Grenzen, Hindernisse. Hier holte er Hellas, Jerusalem, Ägypten und Rom in die Moderne zurück. Hier setzte er der Maßlosigkeit mathematisch-physikalischer Weltbeherrschung das Maß seiner Gedichte entgegen, in der die Schöpfung wieder erlebt werden kann und letzthin unbegreiflich bleibt. Hier transzendierte er die Kunst und materialisierte sie nicht, wie es in der Sowjetunion geboten und im Westen üblich geworden war. Hier stehen die Bücher über dem Schreibtisch noch genauso, wie er sie im Mai 1972 verlassen hatte. Hier sieht man Fotos von seinem Vater und seinem Sohn, von den Lyrikern Anna Achmatowa und W.H. Auden. Zum Schutz hat Brodskijs Mutter über die Dinge einen Plastikvorhang angebracht.
Die gleichen Bilder auch in der stillen Mortonstreet im New Yorker Stadtteil Greenwich Village. In einem zweistöckigen Haus bewohnt er das Basement, Tiefparterre oder auch Keller. Wer sich nicht auskennt, kommt zu ihm über den Haupteingang und steigt dann herab, den Nebeneingang zu ebener Erde kennen nur die Freunde. Bekannte hat er viele, Freunde wenige, sagt er: „Ich schließe Freundschaften sehr selten und sehr langsam.“ Draußen ist heller Tag, und ich stehe in einem abgedunkelten Zimmer. Die Fensterläden, innen angebracht, sind geschlossen. Licht nur durch die Lamellen. Der Raum wirkt genauso winzig, wie es der in Leningrad ist. Jossif Brodskij knipst die kleine Stehlampe mit dem milchigen Glas auf seinem Schreibtisch an. Geöffnet liegt ein liniertes Heft im DIN-A4-Format. Darauf Notizen in kyrillischen Buchstaben. Er spricht ein wortreicheres Englisch als viele Amerikaner. Einige Gedichte hat er bereits englisch geschrieben. „Eine Ausnahme“, sagt er.
Die New York Times feierte 1980 Brodskijs jüngsten Gedichtband (A Part of Speech, Verlag Farrar, Straus, Giroux, New York) als einen „poetischen Triumph“, und der amerikanische Romancier John Updike fand die Übersetzungen der Gedichte so gelungen, daß er den Russen „einen amerikanischen Poeten“ nannte. Brodskij hatte einen Teil seiner Gedichte selbst übersetzt oder an den übrigen Übersetzungen mitgearbeitet. Der berühmte Dick Cavett holte den Dichter Brodskij in seine Fernseh-Talkshow. Doch in einer Gesellschaft, in der die wenigsten Gefühle länger anhalten als die Freude über ein kurzlebiges Konsumprodukt, bleibt Jossif Brodskij nicht länger als gerade notwendig. Er fährt mit der Subway schleunigst zurück in seine Höhle, trinkt ein volles Glas Whisky, Marke Bushmill, oder geht ins nahe dunkle Café Reggio in der MacDougal Street.
„Ich bin von schweigenden Verben umkreist“, heißt es in einem seiner Gedichte,

hungrige Verben, nackte Verben,
… die in Kellern leben,
in Kellern reden,
in Kellern geboren werden
unter diversen Etagen
des allgemeinen Optimismus.
Sie gehn jeden Morgen zur Arbeit,
mischen Mörtel, schleppen Steine,
doch während sie die Stadt aufbauen, bauen sie nicht
die Stadt auf,
sondern errichten das Denkmal der eigenen Verlassenheit.
Und wenn sie fortgehn, wie man in ein fremdes Gedächtnis fortgeht,
gemessenen Schritts von Wort zu Wort,
werden die Verben einst mit allen ihren drei Zeiten
Golgatha besteigen…

Jossif Brodskij, 1,80 Meter groß, kräftig, etwas untersetzt, breiter Hals, rotblondes Haar, hohe Stirn, ausgeprägte Kinnpartie. Ein Gesicht voller Sommersprossen. Ein Gesicht, das dominiert wird durch die tief zurückliegenden Augen, die unbeweglich scheinen. Ein Blick, der ausharrt. Von Schwere gezeichnet. Last eines Beobachters, der nicht wegschauen kann. Seiner Gedichte wegen, die die Leningrader Justiz als „Machwerke“ bezeichnete, wurde Brodskij 1964 zu Zwangsarbeit im Norden Rußlands verurteilt. Dort schrieb er:

Aus meinem Mund soll man kein Stöhnen hören.
Da steh ich nun im offnen Mantel
und lass’ die Welt mir durch ein Sieb
des Nichtbegreifens in die Augen fließen.
Ich bin fast taub. Ich bin, Gott, beinah blind.
Ich hör’ kein Wort, und ruhig leuchtet
mit zwanzig Watt der Mond. Na gut…

Jossif Brodskij erlitt 1980 einen Herzinfarkt. Er hat eine Operation hinter sich, bei der ein Stück Vene aus dem Bein ins Herz transplantiert wurde. Eine lebensgefährliche Erkrankung, eine lebensgefährliche Operation. Entgegen dem Helsinki-Abkommen, in dem sich die UdSSR zur Visa-Erteilung bei schweren Krankheitsfällen verpflichtet hatte, wurde den Eltern Brodskijs der Besuch ihres Sohnes verweigert. „Ich werde sie wohl nie wiedersehen“, sagt der Schriftsteller. Er telefoniert mit ihnen regelmäßig. Es ist die einzige Kontaktmöglichkeit.
Erinnert er sich an Leningrad, dann spricht er von Petersburg, dann sieht er die Stadt, so wie sie sich in den Nachkriegsjahren präsentierte:

Graue, blaßgrüne Fassaden mit Kugel- und Granatsplittereinschüssen. Endlose, leere Straßen mit wenigen Passanten und spärlichem Verkehr. Ein beinahe verhungertes Aussehen von folglich einprägsamer und, wenn man will, herrschaftlicher Kontur. Eine Überlebende kann nicht nach Lenin benannt werden. Ich muß sagen, daß ich von diesen Fassaden und Portika, von ihren Ornamenten und Karyatiden, die die Balkone abstützten, von den Torsos in den Nischen ihrer Vestibüle mehr über die Geschichte unserer Welt gelernt habe als später aus irgendeinem Buch.

Der Junge sah, wie die Stadt zugestellt wurde mit Lenin-Bildern. Wie neue Gebäude erstanden, die dem sowjetischen Namen der Stadt entsprachen:

Leningrad klingt in russischen Ohren wie das Wort Konstruktion oder Wurst.

Instinktiv wehrte er sich gegen den Propagandawald von Bildern und Büsten.

Ich erteilte mir meine erste Lektion im Abschalten. Ich nahm die Lenin-Bilder nicht mehr zur Kenntnis.

Es war Brodskijs erster Schritt zur Verteidigung seiner Individualität. „Sobald etwas auch nur andeutungsweise nach Wiederholung aussah“, so erinnert sich der Dichter, „hatte es sich auch schon kompromittiert.“
Jossif Brodskijs Vater, heute 80 Jahre alt, ist Fotograf. Während des Krieges diente er in der Marine und mußte sie 1949 verlassen, als Stalin den Ausschluß aller Juden mit höheren Rängen verfügte. Mit dem Antisemitismus ließ sich auch offenbar nach Hitler etwas machen. Eine neue Judenverfolgung zeichnete sich ab, als Stalin jüdische Ärzte als Verschwörer aburteilen lassen wollte. Doch sein Tod im Jahre 1953 bewahrte die Sowjetunion vor neuen Verbrechen.
Jossif Brodskij war sieben, als er in der Schulbibliothek ein Anmeldeformular ausfüllen mußte. Eine Spalte betraf die „Nationalität“. Der Schriftsteller:

Ich wußte ganz genau, daß ich Jude war, aber ich sagte der Bibliothekarin, ich wüßte meine ,Nationalität‘ nicht. Mit einem schadenfrohen Spottgesicht schickte sie mich nach Hause zu meinen Eltern, die wüßten’s schon.

Brodskij resümiert: „Die wahre Geschichte des menschlichen Bewußtseins beginnt mit der ersten Lüge. Meine erste Lüge hatte unmittelbar mit meiner Identität zu tun, kein schlechter Anfang.“
Mit fünfzehn hatte er die Schule satt:

Also stand ich eines Wintermorgens ohne besonderen Anlaß auf, mitten im Unterricht, und inszenierte meinen Abgang durchs Schultor. Ich erinnere mich an einen allgemeinen Ekel, und zwar vor mir selbst, weil man mit einem jungen Menschen alles machen kann. Und dann war da dieses vage Hochgefühl, entkommen zu sein.

Der Schriftsteller nennt diesen vorzeitigen Schulabgang „seinen ersten freien Willensakt“ und fügt hinzu: „Wenn man jung ist, bleibt einem nur der radikale Ausstieg, um sein herandrohendes Los abzuwenden.“
Jossif Brodskij ist dann noch 13mal ausgestiegen, ehe er wußte: Es gibt eine gottgewollte Unabhängigkeit.
Er entdeckte sie in der polnischen und der anglo-amerikanischen Literatur. Um nicht auf Übersetzungen angewiesen zu sein, brachte er sich selbst diese Sprachen bei. Und er entdeckte jene Unabhängigkeit in der russischen Moderne zu Beginn dieses Jahrhunderts: bei Autoren, die Stalin in seinen Erschießungskellern umbringen oder sie für immer in den Gulag verschwinden ließ oder sie in den Selbstmord trieb. Namen wie Nikolai Gumiljow, 1921 erschossen, Ossip Mandelstam – seine Spur verliert sich Ende der dreißiger Jahre auf dem Transport zu einem Gulag – und Anna Achmatowa, die die Verfolgung überlebte, wurden für den jungen Brodskij Dreh- und Angelpunkt.
Der Weg hin zur Dichtung dauerte sieben Jahre. Nach dem Schulabgang hatte der 15jährige als Fräser in einer Fabrik begonnen, war dann übergewechselt in ein Krankenhaus, hatte in der Anatomie gearbeitet. Doch der Wechsel von einer Arbeitsstelle zur anderen brachte ihn der Unabhängigkeit nicht näher, sondern nur tiefer in den „kafkaschen Kosmos“ der einander gleichenden Räume:

Gnadenlos verlief wie ein unendlicher gemeinsamer Nenner durch das ganze Land ein blauer horizontaler Streifen in Augenhöhe – in den Eingangshallen, in den Krankenhäusern, in den Fabriken, in den Korridoren der Gemeinschaftswohnungen.
Vom Fußboden bis in Augenhöhe eine Wand, rattengrau oder grün übergepinselt, und dann dieser graue Streifen darüber.

Der 20jährige schloß sich als Helfer geologischen Expeditionen an und lernte dabei die ganze Sowjetunion kennen. Die ersten Gedichte entstanden; in einem der schönsten beschreibt er, wie ein Hengst am Lagerfeuer erscheint:

Nichts war so sonderbar wie gerade er −
selbst seine Zähne waren schwarz wie Teer…
Das Weiß im Auge glühte schwarz heraus,
noch schrecklicher sah seine Iris aus.
Als wär er irgendwessen Negativ.
Warum stand er so, als wenn er schlief
ohne Bewegung bis zum Morgengraun
am Lager, damit wir ihn schaun,
warum nur atmete er schwarzen Staub
und raschelte mit dem zertretenen Laub?
Warum vergoß sein Auge schwarzen Dunst?
− Er suchte seinen Reiter unter uns!

Ja, das wollte der junge Brodskij: alles Licht austrinken und alle Farben. Und eine Grundstimmung für sich gewinnen. Der Stille nicht dann zu entfliehen, wenn die Angst einsetzt, wenn die Stille dem Menschen das Gefühl von Nichtigkeit im Kosmos vermittelt. Er wollte nicht unwichtige Taten aneinanderreihen und das dann Leben nennen, wollte nicht durch Handlungen jagen, die Müdigkeit bringen. Er wollte sich nicht erschöpfen, er wollte sich ausschöpfen. Sich selbst entwerfen und nicht verworfen sein. „In der Einsamkeit ist das Absolute“, heißt es bei dem dänischen Metaphysiker Sören Kierkegaard, „aber auch die absolute Gefahr.“ Jossif Brodskij gewann eine Sehnsucht nach dem Menschen und eine Verachtung für die Menschen. So kehrte er heim nach Leningrad. Jossif Brodskij wohnte weiter bei seinen Eltern. Er las, lernte und verliebte sich in Marina, jene Frau, der dann viele seiner Gedichte gelten, die die Mutter seines Sohnes wurde, mit der er sich immer wieder auseinanderlebte, die er wohl noch heute liebt. „Wie schade“, heißt es in einem seiner Gedichte,

daß mein Dasein dir nie das
bedeutet hat, was deines mir… wie oft
hab’ ich an diesem unbebauten Platz
den Kupfergroschen, der das Wappen trägt,
ins Drahtgewirr des Kosmos eingeworfen
in dem verzweifelten Bemühen, den
Moment unseres Verbundenseins zu preisen…

Mit Übersetzungen verdiente Brodskij seinen Unterhalt. Zwei Bücher mit Übersetzungen erschienen in der Sowjetunion, doch nie eines mit eigenen Gedichten. Und doch wurde er über Nacht berühmt.
Die von Stalin unterdrückte Lyrikerin Anna Achmatowa (1888-1966), neben Marina Zwetajewa (1941 Selbstmord) die große Dichterin in der russischen Literatur, hatte die Gedichte Brodskijs in einer handgeschriebenen Fassung gelesen, und sie hatte eine Zeile des 22jährigen 1962 als Motto einem eigenen Gedicht vorangestellt. Die in der Ära Nikita Chruschtschows rehabilitierte Dichterin hatte darüber hinaus geurteilt: „Seit Mandelstam habe ich so etwas wie die Gedichte Brodskijs nicht mehr gelesen.“
1962 – das war das Jahr, in dem in der Sowjetunion zum erstenmal die volle Wahrheit über die mit vier Millionen Menschen gefüllten Arbeitslager Stalins veröffentlicht werden konnte. In der Moskauer Literaturzeitschrift Novyj Mir durfte Alexander Solschenizyns Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch erscheinen. Doch bereits ein Jahr später wurde die Liberalisierung, die seit dem XX. Parteitag 1956 mit Chruschtschows Einleitung der „Entstalinierung“ begonnen hatte, wieder gestoppt.
Seit 1958 durfte Anna Achmatowa in der UdSSR wieder erscheinen. „Alles ist gestohlen, verraten, verkauft…“, heißt es schon 1922 in einem ihrer Gedichte.

Von bitterer Sehnsucht ist jeder benommen
von wo soll uns Erlösung kommen?

Ein Anruf für Brodskij und ein Anstoß für die eigene Frage: „Wird der Mensch sich jemals von dem tödlichen Schlag erholen, den er dem Leben versetzt hat?“ Der Leningrader Germanistik-Professor Efim Etkind, der inzwischen in Paris lebt, erinnert sich in seinem Buch Unblutige Hinrichtung an Brodskijs einzigen öffentlichen Auftritt im Majakowski-Haus:

Brodskijs Auftreten vor dem gestopft vollen Saal hatte nicht seinesgleichen: Sein rhapsodischer Fanatismus wirkte magnetisch… Die Zuhörer waren verzaubert.

Es sprach ein Dichter der Selbstversunkenheit, einer, der der Muße wieder einen Sinn gab.
Für die Augen des Staates war es jedoch die Stimme eines Müßiggängers. Geradeso wie die Stimmen derjenigen, die im August 1963 in Leningrad auf der Tagung des Europäischen Schriftsteller-Verbandes als „dekadente bourgeoise Formalisten“ von sowjetischen Sprechern abgetan wurden: James Joyce, Marcel Proust, Franz Kafka. Die Rückkehr zur harten Linie sowjetischer Kulturpolitik wurde sichtbar an der Newa. Am 29. November 1963 erschien in der sowjetischen Zeitung Vecerni Leningrad ein Artikel, der mit dem Wort „Literatur-Drohne“ überschrieben war. Darin wurde Brodskij als ein „Parasit“ diffamiert, der kategorisch jede gesellschaftlich nützliche Arbeit verweigere und seinen Eltern auf der Tasche liege. „Für Brodskij“, so hieß es, „hat Leningrad keinen Platz.“
Anfang 1964 wurde Brodskij verhaftet, im Februar vor Gericht gestellt und in einem ungewöhnlichen Prozeß, dessen Wortlaut in den Westen gelangte und veröffentlicht wurde, wegen „asozialen, parasitären Lebens“ zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Efim Etkinds Einsatz für den Dichter war ebenso vergeblich wie der Anna Achmatowas und auch der – Derartiges war noch nicht geschehen – von drei Leninpreisträgern: dem Komponisten Schostakowitsch, dem Dichter Marschak und dem Wissenschaftler Tschukowskij. Welche Farce das Verfahren war, geht aus diesem Wortwechsel hervor:

Richterin: „Was ist Ihr gelernter Beruf?“
Brodskij: „Ich bin Dichter. Und Übersetzer von Dichtung.“
Richterin: „Und wer hat attestiert, daß Sie Dichter sind? Wer hat Sie zum Dichter beordert?“
Brodskij: „Niemand. Wer hat mich zur Spezies Mensch beordert?“
Richterin: „Und wie haben Sie das gelernt?“
Brodskij: „Was?“
Richterin: „Dichter. Sie haben nicht versucht, eine Hochschule, wo man dazu ausbildet… wo man das lehrt… zu absolvieren?“
Brodskij: „Ich glaube nicht, daß man Dichten durch Hochschulausbildung lernen kann.“
Richterin: „Wodurch denn sonst?“

Heute sagt Jossif Brodskij:

Wenn es in meiner Vergangenheit irgendeinen Grund gibt, stolz zu sein, dann der, daß ich Sträfling wurde und nicht Soldat. Der Dienst in der Sowjetarmee dauert drei bis vier Jahre, und ich habe keinen Menschen getroffen, dessen Psyche nicht von der stählernen Zwangsjacke des bedingungslosen Gehorsams entstellt worden wäre.

Der Weg aus dem Leningrader Gefängnis in die Verbannung in den Nordosten der Sowjetunion dauerte Tage. Abends wurde er in einem Gefängnisraum untergebracht und bekam als Ration 400 Gramm Brot. Die Hälfte davon warf er weg, um sich als frei zu bestätigen, um sich nicht vom Brot beherrscht zu fühlen. In einem in Sibirien geschriebenen, Marina gewidmeten Gedicht heißt es:

Hier, bei lebendigem Leib begraben,
durchstreife ich die Dämmerstoppeln.
Mein Stiefel wühlt den Acker auf
(hoch oben tost der Donnerstag),
die Halme aber stehn gleich wieder aufrecht,
sie spüren beinah keine Schmerzen…
und wenn zu meinem Unglück ich
mit mir zurecht nicht kommen sollte −
O Gott! Dann hack mir alle Sinne ab
wie einem Dieb in Finnland seine Finger.

In der radikalen Selbstverwirklichung jener Zeit liegt heute Brodskijs unzeitgemäße Größe. Jossif Brodskij arbeitete in Steinbrüchen, in den Wäldern und auf den Feldern. Bei minus 50 Grad und bei Hitze. Am Abend aber sitzt er über seinem Schreibblock und stellt sich die Frage:

Wo kein Geschöpf, kein Wesen dem Zwang von Geburt und Verwesung entrinnen kann, wird da nicht vom Menschen, von seinen Möglichkeiten zu höherer Einsicht, die Verantwortung für die ganze Schöpfung gefordert?

Als er nach 18 Monaten vorzeitig – die Proteste im In- und Ausland hatten Erfolg – nach Leningrad zurückkehren darf, kommt er mit der Einsicht zurück:

Die Möglichkeiten des Mitleids sind außerordentlich begrenzt und den Möglichkeiten des Bösen weit unterlegen.

Brodskij fragt: „Wenn wir beispielsweise an all jene denken, die in Stalins Lagern und Gefängnissen umgekommen sind, wenn wir an diese Millionen toten Seelen denken – wo ließen sich da angemessene Gefühle finden? Können der eigene Zorn, Kummer oder Abscheu dieser schwindelerregenden Zahl angemessen sein?“ Was ist zu tun? Brodskij sagt:

Der Dichter hat nur eine Pflicht, gut zu schreiben, seiner Sprache so zu dienen, wie es seine Sprache verlangt. Poesie ist die sublimierte Form von Sprache. Und es stimmt nicht, wenn Adorno sagt, daß nach Auschwitz kein Gedicht mehr möglich ist: Die Menschen, die in Hitlers Gaskammern gingen, hätten Adorno nicht zugestimmt. Adorno spricht ohne die Schuld des Überlebenden. Ich glaube, das Opfer votiert für die Existenz von Poesie.

Jossif Brodskij ist kein Empörer, der schreit und die Zuschauer zusammenhetzt, auf daß sie seinen Mut bewundern, mit denen er die Mauern seines Hauses eingerissen hat. Am 4. Juni 1972, einen Tag bevor ihn die Behörden in ein Flugzeug nach Wien setzen, hat er an Parteichef Breschnew geschrieben:

Ich verdanke Rußland alles, was ich auf der Welt besitze. Alles Böse, das ich erleiden mußte, wird von dem Guten mehr als aufgewogen, und ich hatte nie das Gefühl, von meinem Vaterland verletzt worden zu sein. Obwohl ich meine sowjetische Staatsbürgerschaft verliere, höre ich nicht auf, ein russischer Dichter zu sein. Dichter kommen immer zurück, sei es persönlich oder auf dem Papier…

Zur Auswanderung gezwungen mit gleichzeitigem Entzug der Staatsbürgerschaft – eine Maßnahme der sowjetischen Behörden, die bei Brodskij als erstem mißliebigen Intellektuellen angewandt wurde. Auf dem Moskauer Flughafen nahm man ihm alle Manuskripte ab. Mit einem Köfferchen in der Hand und 50 Dollar in der Tasche kam Brodskij in Österreich an.
Der amerikanische Dichter W.H. Auden, dessen Lyrik Brodskij bereits in Leningrad bewunderte, nahm sich des russischen Exilanten an. Auden verbrachte gerade – wie so häufig – die Sommermonate im österreichischen Kirchstetten. Er vermittelte Brodskij nach Ann Arbor im US-Staat Michigan. „Ich wollte in Westeuropa nicht bleiben“, sagt Brodskij. „Wenn schon das Neue, dann wollte ich in das für mich absolut Unbekannte.“ So begann für den 32jährigen das Abenteuer USA.
Ein Professor für slawische Sprachen nahm ihn mit in den Hörsaal, stellte ihn 50 Studenten vor und sagte, ehe er verschwand:

This fellow is going to talk to you on poetry.

Es war der Beginn einer Professoren-Karriere für einen Mann, der seine Schule vorzeitig beendet, nie an einer Universität studiert, nie irgendein Diplom erworben hatte. „Was ich benötige, sind Zigaretten und Bücher“, sagt er.

Ein Zigarettenautomat und eine Buchhandlung waren immer in meiner Nähe. Also war ich zufrieden. Die psychologische Situation für einen Schriftsteller im Westen ist dieselbe wie die im Osten. Jedes Land ist eine Fortsetzung von Raum und Zeit. Zwei verschiedene Welten? Nein, für mich nicht.

„Was immer ich in jenen Tagen schrieb“, heißt es in einem 1972 in Ann Arbor entstandenen Gedicht,

das Ende blieb in jedem Falle offen…
Ich fiel, ohne mich auszuziehn, aufs Bett.
Und wenn ich nachts hoch über mir die Decke
nach einem Stern absuchte, streifte dieser,
verglühend nach den Regeln der Natur,
die Wange mir und schoß hinab aufs Kissen,
noch ehe meinen Wunsch ich sagen konnte.

Der Künstler – so wie Brodskij sich sieht – steht immer außerhalb. Es genügt nicht, die Umwelt zu verneinen. Eine Verneinung läßt immer noch die Möglichkeit einer Beziehung zu. „Ich fühlte mich auch oft in Leningrad fremd“, sagt er.

Wenn ich ein Gedicht geschrieben hatte und auf die Straße ging, wenn ich dann die Menschen sah und hörte, dann waren sie mir so fremd wie mir die Passanten in New York fremd sein können.

Der Wechsel von einer Fremde in die andere? Er antwortet:

Im Grunde ja, eine Reise gewissermaßen von einer unangenehmen Geschichte zu einer unangenehmen Anthropologie.

Von den Vorwürfen und Belehrungen, die Solschenizyn im Exil äußert, hält Brodskij nichts. „Alle Systeme richten sich gegen den Individualismus“, sagt er.

Das westliche System ist deshalb besser, weil der Grad des Druckes, der sich gegen die Individualität wendet, hier geringer ist als im Osten. Das Dilemma eines Solschenizyn und auch meines besteht darin, daß wir mit unseren Erlebnissen wie hypnotisiert auf die Sowjetunion schauen. Uns erscheint die Sowjetunion dann als das einzige gefährliche Tier. Für die Menschen im Westen ist es ein gefährliches Tier unter vielen.

Brodskij versteht sich als einer Generation zugehörig, „deren erster Lebensschrei der Ungarn-Aufstand war. Schmerz, Erschütterung, Kummer, Scham über die Hilflosigkeit“, sagt er, „waren für uns 1956 die vorherrschenden Gefühl…“ Über jene Generation meint er: „Niemand kannte die Literatur und Geschichte besser als diese Leute, niemand schrieb besseres Russisch als sie… Es war die einzige Generation von Russen, die nicht länger lügen konnte, die zu sich selbst gefunden hatte, für die Giotto und Mandelstam maßgeblich waren… Gehetzt wie Hasen von den allgegenwärtigen Hunden des Staats und den noch allgegenwärtigeren Füchsen, zerbrochen, gealtert, behielten sie ihre Liebe für dieses nichtexistente Phänomen, genannt Zivilisation. Hoffnungslos abgeschnitten vom Rest der Welt, meinten sie dennoch, diese Welt sei wie sie; heute wissen sie, diese Welt ist, wie andere auch, nur besser gekleidet.“ Brodskij sieht die Situation in seinem Heimatland als „absolut hoffnungslos“. Es wird sich „am gegenwärtigen Zustand sehr wenig verändern“. Die polnischen Ereignisse werden – so Brodski j ein Jahr vor Verhängung des Kriegsrechts in Polen – „in einer Versteinerung der kommunistischen Welt enden“. Er sagt:

Polen hat den Zweiten Weltkrieg zweimal verloren: einmal, als Hitler das Land überschwemmte, das andere Mal, als es in die Hände der sowjetischen Befreier geriet. Vier Jahrzehnte sind vergangen. Wo ist die polnische Unabhängigkeit?

Polen werde für alle anderen Satelliten „das abschreckende Beispiel“ dafür werden – so Brodskij −, wohin der Versuch führt, das System zu reformieren:

Von einem Elend in das andere. Es gibt keine Lösung außer der, daß das ganze System stirbt. Und das System stirbt in der Sowjetunion nicht, weil der Masse dort der Status quo eine Sicherheit gibt und sie das Ungewisse ebenso wenig schätzt wie die Menschen im Westen.

Der Kommunismus hat nach Ansicht des Dichters im Exil mehr Menschen auf dem Gewissen als das aus dem Christentum erwachsene kapitalistische System. „Sogar das, was die Nazis getan haben“, sagt Brodskij, „ist im Vergleich zu dem, was Stalin und seine Erben praktiziert haben, ein Kindergarten.“
Brodskij hält es im Exil mit Thomas Mann, der vor den Nazis in den USA Zuflucht fand und meinte: „Wo ich bin, da ist die deutsche Dichtung.“ Wo er sei, so variiert der Russe diesen Satz, sei die russische Dichtung. Von allen deutschen Dichtern fühlt er sich am stärksten Heinrich Böll verbunden, dessen Bücher er in Leningrad „verschlungen“ habe. „Böll ist ein konservativer Schriftsteller“, sagt er. „Ich bin auf seiner Seite.“ Jossif Brodskij bekennt:

Ich votiere für die Bibel und insbesondere für den Propheten Jeremia.

Seine politische Konfession ist eine Absage an politische Bewegungen:

Ich glaube nicht an sie. Ich halte sie für sehr gefährlich, psychologisch eher als politisch. Weil jede politische Bewegung ein Mittel ist, die persönliche Verantwortung für das, was geschieht, zu umgehen. Weil derjenige, der nach außen das Böse bekämpft, sich automatisch mit dem Guten identifiziert und sich für einen Träger des Guten zu halten beginnt. Das Leben – so wie es wirklich ist – ist ein Kampf nicht zwischen dem Schlechten und dem Guten, eher zwischen dem Schlechten und dem Schrecklichen. Und die Menschheit hat heute die Wahl nicht zwischen dem Guten und dem Bösen, sondern eher zwischen dem Bösen und dem Schrecklichen.

Hoffen heißt die Zukunft dementieren und sich als Einzelner in der Gegenwart zu bewähren.

Ich weiß, daß ich vorm Abgrund steh. Und mein
Bewußtsein kreist gleich einem Schaufelrad
um seine Achse, die unbiegsam ist,

heißt es in einem seiner Gedichte. Ein Hasser ist dieser Jossif Brodskij nicht.

Keine Einsamkeit nämlich schmerzt mehr
als die Erinnerung an Wunder.
Grad so kehrt ins Gefängnis zurück, wer darin schon gewesen,
und die Tauben zur Arche.

Als ich ihm seine Situation in seiner Dunkelheit des New Yorker Zimmers mit diesen Worten aus einem seiner Gedichte beschreibe, sagt er:

Ja, so ist es.

An der Wand über dem Sofa hängt ein Druck mit einem biblischen Motiv, darunter die Worte: Josef erklärt dem Pharao seine Träume. Joseph, der von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft wird und dem Pharao die fetten und die mageren Jahre weissagt, so daß sich das Land entsprechend einrichten kann. Joseph sagt am Ende zu seinen Brüdern, denen er sich zu erkennen gibt:

Ihr gedachtet mir Böses zu tun, Gott aber hat es zum Guten gewendet.

Die Bibel als Spiegel: Joseph von Ägypten – Jossif Brodskij. Else Lasker-Schüler hat ähnlich empfunden und sich deshalb Prinz Jussuf genannt. Der Exildichter aus Leningrad hat noch nie etwas von ihr gehört, jener jüdischen Dichterin aus Deutschland, die 1933 von den Nazis vertrieben wurde und 1945 in Jerusalem starb. Zwei jüdische Menschen, zwei Dichter, die in einer Sprache sprechen, die noch immer nicht verstanden wird. Ich denke an die Worte der Else Lasker-Schüler, die sie einer Freundin schrieb: „Die Leute sagen von mir, daß ich eine Phantastin bin. Was sagen Sie dazu? Ich werde Ihnen jetzt beweisen, daß ich eine Realistin bin und keine Phantastin. Heute nacht war der König David da. Dort hat er gesessen, er hatte ein weißes seidenes Hemd an und oben am Hals eine goldene Borte, wissen Sie, was ich getan habe? Ich bin hingegangen und habe mal nachgesehen, ob das wirklich Gold ist. Sehen Sie, was ich für eine Realistin bin?!“
Else Lasker-Schülers Botschaft aus dem Jerusalemer Exil lautete, wie Brodskijs aus dem New Yorker Exil lautet: Es gibt keine verlorene Zeit außer jener, die ohne Liebe verbracht wurde. „Doch eines Tages kehrn wir alle wieder“, heißt es bei Brodskij.

Zurück. Nach Haus. Zum heimatlichen Herd. Und meine Straße führt durch diese Stadt.
Geb Gott, daß dann zur Seite ich nicht habe, das zweischneidige Schwert, da ja die Stadt
für den, der in ihr wohnt, gewöhnlich anfängt
mit Hauptplätzen und Türmen.
Für den Wandrer
jedoch, der sich ihr nähert,
mit den Rändern.

Jossif Brodskijs Mutter erzählt in Leningrad:

Jossif war bei der Geburt 57 russische Zentimeter lang und zehn russische Pfund schwer. Ins Säuglingsbett paßte er nicht. So wurde er zu mir gebracht. Während der Bombenangriffe auf Leningrad suchten wir immer Zuflucht in einer Kirche. Er lag dann in einem Kasten, in dem die Bittschriften der Gläubigen sonst lagen. Später wurde ich mit Jossif im Winter in einem Bomber aus der Stadt herausgeflogen. Jossif war damals so schwach, daß er immer wieder umfiel, obwohl er schon laufen konnte. Mit vier Jahren hat er lesen gelernt, und mit fünf hat er mir Puschkin vorgelesen.

Brodskijs Freunde in Leningrad erzählen, daß er ein ganz praktischer junger Mann war:

Mütter hatten volles Vertrauen zu ihm gehabt. Er konnte Kinder wickeln, er konnte Kinder versorgen, er konnte einen Haushalt führen, er spielte gern den Babysitter.

Einer der Freunde weiß sich zu erinnern, wie Brodskij nach seiner Rückkehr aus der Verbannung quer über den Rasen des Leningrader Marsfeldes ging, was verboten ist, wie ihn ein Milizionär zurückpfiff und ihm sagte:

Wissen Sie nicht, daß Sie das nicht dürfen?

Da antwortete Brodskij:

Genosse Milizionär, wissen Sie nicht, daß es eine Wissenschaft gibt: Rasen muß betreten werden, damit er wächst.

Und Brodskij setzte seinen Weg durchs Grüne fort.
Ein 1966 in Leningrad entstandenes Gedicht heißt „Haltestelle in der Wüste“ und lautet:

In Leningrad sind jetzt so wenig Griechen, daß eine griechisch-orthodoxe Kirche man abriß…
… Und klaglos gab die Kirchenmauer nach.
Nicht nachzugeben wär auch lächerlich
für eine so massiv bedrohte Mauer.
Es mochte außerdem der Bagger meinen,
sie sei ein unbeseelter Gegenstand
… Gilt in der unbeseelten Welt es doch als ungehörig, sich zu wehren…
Schon lange ist die Mauer abgerissen, doch in den Hundeträumen steht sie noch.
Und diese Träume löschen, was real ist
Wie weit sind wir gekommen?
Was haben wir in Zukunft zu erwarten? Harrt unser jetzt nicht eine andre Ära?…

In New York sah Jossif Brodskij im Fernsehen Filme über die Invasion der Sowjets in Afghanistan. „Es war für mich schlimmer als die Invasion in Ungarn und in der Tschechoslowakei“, sagt er.

Erstens, weil ich jene Invasionen natürlich nie im Fernsehen gesehen hatte, weil ich nur das wenige in Leningrad hörte, was zu erfahren war. Zweitens, weil die Ungarn und die Tschechen immerhin 1945 für die Kommunisten votiert hatten. Aber in Afghanistan wurde ein Volk überfallen, das nicht im geringsten in Bezug zur Sowjetunion stand. Noch schlimmer ist für mich jetzt der Gedanke, daß mein eigener Sohn in ein paar Jahren unter den zwanzigjährigen Rotarmisten sein könnte, die in ein fremdes Land einfallen.

In einem Gedicht über die Invasion in Afghanistan stehen die Zeilen:

Gelobt jene Frauen, die in den frühen sechziger Jahren ihre Kinder haben abtreiben lassen, so ersparten sie ihrem Mutterland die Scham…

Der Sohn, die Heimat und Marina, die Frau, die Brodskij noch immer liebt. Was heißt Exil, was heißt Getrenntsein. Der Dichter beschreibt es so:

Schwüle. So, schlaftrunken, mit dem frierenden Knie
ins Dunkel stoßend
begreifst du urplötzlich, im Bett,
daß das die Ehe ist: daß hinter den sieben Bergen und noch
etwas weiter sich ein Körper auf die andere Seite dreht,
mit dem du seit langer, langer Zeit nichts mehr gemein hast
als den Grund des Ozeans und die Gewohnheit
des Nacktseins; dabei kann man nicht zusammen aufstehen
denn, während es dort hell ist, herrscht in deiner
Hemisphäre Dunkelheit. Eine Sonne
reicht sozusagen nicht für zwei mittelmäßige Körper,
da der Globus so zusammengeklebt ist
wie Gott es wollte…

Jürgen Serke, aus: Jürgen Serke: Das neue Exil. Die verbannten Dichter, Fischer Verlag, 1985

 

FÜR JOSEPH BRODSKY

Ein Russe,
vor der Zeit bei den Schatten.
Wir sind uns begegnet im Hades,
wo die Toten im Tal gehn
wie Silberadern im Berg.

Zwei Krähen suchten ihn auf im Exil,
brachten Botschaft von Vater und Mutter,
der Festung im Sumpf,
Stadt an der Mündung der Newa.

Zu zweien kommen die Wellen dort an
vor verschlossenen Türen, glitzernd und kalt.
Die schwarz sind vom Hunger, Hunde und Menschen
ertrinken im Schnee. Tausend Säulen tragen
den unerbittlichen Himmel,
von Schergen sind die Paläste besetzt.
Fatale Posten; Schichtwechsel.
Diese Stühle stehn niemals leer.

Mürbe Blätter taumeln
durch das gelichtete Lindengeäst,
die Krähen, ein Paar, sind bei mir.
Erzenes Blau im Gefieder,
stürzen sie sich in den Wind,
Schnee witternd mächtig einer Sprache,
die er übertrug in die seine.

Am kranken Herzen gestorben.
Er ahnte es immer:
„Führen wir also zu Ende,
was ohnehin bald schon vergeht,
und strengen den Blick und die Hände
noch einmal an. Es ist spät.“

Erika Burkart

 

FORTLEBEN

„Sondern sie warteten still und
tief in Schlummer begraben …“
T. Lucretius Carus

I

Lukrez ist eben aufgewacht. Ist endlich da. Ist wach
wie alle Welt. Als wär er nie nicht tot gewesen
und hätte bloss im Schlaf geächzt. Jajaja! er liegt noch flach
doch in der Runde gibt’s kein Ding kein Lebewesen

das nicht wie er − Lukrez − schon wieder lacht
als wäre alles (auch die Wirklichkeit) ein schöner
böser Traum. Da! aufgewacht das Bett (die Pracht
zerwalkter Laken) und neu erwacht das Dröhnen

jener Eintagsfliege links im Bild. Erwacht die Wut
die wummernd über Leichen geht. Erwacht der
Schlüssel und − schon ist er unterwegs zum Schloss. (Gut
dass zu ihm so viele Türen passen. Macht er

doch nichts andres als die Sicherheit bewachen.)
Aufgewacht ist auch der Flur vom Kitzel des Frühlichts und
vom Staub der auf den spinnwebfeinen flachen
Strahlen lautlos tanzt. Erwacht ist − da! − der Hund

der sich wie schon vor einem halben Hundert Jahren
als His Master’s Voice gemächlich um das Loch
der Langspielplatte dreht derweil die wunderbaren
Variationen Goldbergs scheppernd unter noch

so leichten Händen sich verlaufen. Fragt sich Lukrez
(mit Blick hinab auf seine staubigen Sandalen),
was es denn auf sich hat mit Hier und Jetzt,
mit dem Erhabenen und dem Banalen.

Es wacht nun auch der Schreib- und Küchentisch.
Es wacht die Sanduhr und lauscht ihrem eignen Rieseln.
Es wacht der kalte Kerzendocht. Der Grätenrest vom Fisch.
Erwacht das leise Huschen wie von Wieseln.

Und aufgewacht schon − Band um Band − der Bücherschrank.
Das Brot und das Versprechen von gestern. Die Toga für heute.
Wach die Reue. Aufgewacht die Rache. Die Düfte. Der Gestank.
All das Wache − all das Aufgeweckte − wird dem Tag zur Beute

und selbst „… aus der Quelle der Freuden steigt dir ein Bitteres auf
das unter den Blumen dich ängstigt. So du den Tag verlebst
bis er ……………………………. bis du ……………………………
endlich ……………………………………………………bist.“

 

II

Erwachen ist vielleicht was Ähnliches wie Auferstehn:
Für eine halbe Ewigkeit nur Nacht vor Augen
und plötzlich alles hell und alles da − wie nie gesehn.
Das heisst ganz Auge sein und Bilder pauken

um überhaupt erst einmal zu begreifen was
hienieden Fakt ist und wo (ein wenig weiter oben)
die Lücke für die Lüge klafft und für den Hass.
Selbst was wahr ist ist im Jammertal erlogen

und Schönheit übertüncht als Dreckeffekt
das echte wie das falsche Glück. Das Wunderbare
bleibt hier ausgespart. Das einzig Wahre grenzt direkt
ans Unrecht. An Verrat. Gefälschte Schmuggelware

aus dem Niemandsland das früher Heimat war
und alte längst vergessne Wörter − mega super logo hyper −
bedeuten in diesen Niederungen alles und sogar
noch mehr als alles. Nämlich nichts. Darüber

ist sich Lukrez in seinem Wachzustand im klaren.
Mit der schweren Toga die um seine Fersen schwingt
weckt er nun auch den Feinstaub − lässt ihn fahren
als lockre Wolke die mit andern Wolken sich verlinkt.

Und überhaupt! Wieso Lukrez? Aus welcher Nacht …
… aus wessen Schlaf ist er so spät mit völlig neuen
Augen aufgewacht! Wem hat er seinen Traum vermacht?
Wird er das Ende der Geschichte doch vielleicht bereuen?

Die Legende nämlich in der Alten Welt gelebt zu haben!
Und überlebt zu haben im digitalen Netz von Hic-et-nunc.
…………………………………………………………… …………………………………………………………………… 

Felix Philipp Ingold
(2017-12-20; Joseph Brodsky in memoriam.)

 

 

Anders sein. Dissens in der Sowjetunion – Joseph Brodsky

Leonhard Reinisch: Gespräch mit Jossif Brodskij, Merkur, Heft 305, Oktober 1973

Michael Krüger: Als Joseph Brodsky in Alfred Brendels Küche wie ein Schlot rauchte und über Rilke schrieb

Felix Philipp Ingold: Gedenkblatt für Joseph Brodsky
DU, Heft 6, 1996

Timo Brandt: Über Joseph Brodsky bei babelsprech.org, internationales Forum für junge deutschsprachige Lyrik

Hans Magnus Enzensberger: Überlebenskünstler Joseph Brodsky

Irena Grudzińska-Gross: Czesław Miłosz und Joseph Brodsky. Die Freundschaft zweier Dichter

 

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Nachrufe auf Joseph Brodsky: Carl Hanser Verlag ✝ Schreibheft

Zum 25. Todestag des Autors:

Zakhar Ishov: Brodskys Venedig
dekoder.org, 28.1.2021

 

Brodsky …Ferngespräche verfilmt in 9 Kapiteln | Kapitel 1: San Pietro
Alle weiteren Videokapitel bei der Schaubühne Lindenfels

 

 

Anderthalb Zimmer in Leningrad: Ein Museum für Joseph Brodsky.

 

Joseph Brodsky rezitiert „Натюрморт“ 1989

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