Arne Rautenbergs Gedicht „malen nach reimen“

ARNE RAUTENBERG

malen nach reimen

ich malte mal die gelbe elbe
die gefiel mir nicht so malte ich die grüne düne
die gefiel mir nicht so malte ich die blaue klaue
die gefiel mir nicht so malte ich die schwarze parze
die gefiel mir nicht so malte ich die braune daune
die gefiel mir nicht so malte ich die orange melange
die gefiel mir nicht so malte ich die rote pfote
die gefiel mir nicht so malte ich die violette klette
die gefiel mir nicht wie schön war doch die weiße scheiße

nach 2005

www.arnerautenberg.de

 

Konnotation

Manchmal führt der artistische Umgang mit Assonanzen und Binnenreimen zur Abweichung von unserer vertrauten Alltagsempirie und zur Erfindung einer neuen Wirklichkeit. Das kann eine neue poetische Schöpfungsherrlichkeit stimulieren oder im gewaltsamen Reimzwang enden. In seinen „Kindergedichten für Erwachsene“ hat sich der Lyriker, Collagist und Erzähler Arne Rautenberg (geb. 1967) ein Sprachfeld eingerichtet, auf dem er die Lizenz zur spielerischen Entfaltung aller vokalischen und konsonantischen Reizwerte der Gedicht-Wörter auf sehr vergnügliche Weise nutzt.
Die moderne Malerei hat – in Parallelbewegung zu den Revolutionen in der Literatur – seit etwa 1900 sehr viele Erweiterungen der Realität hervorgebracht, etwa den „blauen Reiter“. Warum sollte dann nicht auch auf dem Territorium der Sprache die „gelbe elbe“ realisierbar sein? Rautenbergs Reim-Malerei zügelt zunächst das allzu Absurde und liebäugelt mit konventionellen Bildern, etwa der „schwarzen parze“. Am Ende überwiegt jedoch die Lust an der Autonomie des Reimspiels und am anstößigen Kalauer.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009

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