JÖRG BURKHARD
in gauguins alten basketballschuhen
aus paris vertrieben
gingen wir hinunter
nach marseille
die bahnhofstreppen
wo das meer
in die züge kam
am stadtende
spielten die wellen um unsere füße
wir gingen ins algerische hotel
bestellten blaue fische bier mädchen
mit verdorbenem magen und schlaflos
freuten wir uns morgens über die sonne
schwammen über das meer und kamen
nie zurück
1975
aus: Jörg Burkhard: in gauguins alten basketballschuhen. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 1978
Der 1943 geborene Lyriker, Cut-up-Autor und Montage-Künstler Jörg Burkhard hat den Beruf des Buchhändlers erlernt. Schon den Lehrling hat die amerikanische Beat-Generation, vor allem Jack Kerouacs Roman On the road begeistert. Um 1968, zur Zeit strenger Politisierung, meinte Burkhard das Schreiben einstellen zu müssen. Die ab Mitte der 1970er Jahre entstehenden Texte greifen die Erfahrungen der Beatniks erneut auf und überführen sie in die Ekstasen der deutschen Subkultur. Das Ich taumelt durch das Dickicht der Städte, subversive Aktionen und Alkohol im Kopf.
Auch mit diesem um 1975 entstandenen Gedicht profiliert sich Burkhard als radikaler Vertreter der Gegenkultur. Nichts wie weg aus der Welt des Kommerzes und der Spießbürger, so die Botschaft. Auf ins Offene, nach Paris, Marseille, an die südfranzösischen Strände, oder gleich für immer ab übers Meer in einer utopischen Bewegung. Um 1984 hat Burkhard der Lyrik den Rücken zugekehrt und bastelt seither an einer gigantischen Collage des Mediengeschwätzes.
Michael Buselmeier (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010
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