WERNER BERGENGRUEN
Frage und Antwort
„Der die Welt erfuhr,
faltig und ergraut,
Narb an Narbenspur
auf gefurchter Haut,
den die Not gehetzt,
den der Dämon trieb –
sage, was zuletzt
dir verblieb.“
„Was aus Schmerzen kam,
war Vorübergang.
Und mein Ohr vernahm
nichts als Lobgesang.“
nach 1950
aus: Werner Bergengruen: Mit tausend Ranken. Gedichte. Zürich, Arche Verlag 1956
Die einst wirkungsmächtigen katholischen Schriftsteller der Nachkriegszeit sind heute, nach Eintritt in das 21. Jahrhundert, vollständig vergessen. Ein umstrittener Repräsentant christlich-humanistischer Überzeugungen war der Schriftsteller Werner Bergengruen (1892–1964), der Sohn eines baltendeutschen Arztes, der 1944, auf dem Höhepunkt der kriegerischen Verheerungen, sein Bekenntnis zur „heilen Welt“ und zum Aufgehobensein im katholischen Glauben formulierte.
Bergengruens unerschütterliche Überzeugung, dass man als Mensch von Gott „geführt“ werde und „sich dieser Führung getrost überlassen“ könne, manifestiert sich auch in diesem Gedicht aus dem Alterswerk des Autors. Die Frage des alt gewordenen Menschen nach dem, was als Summe des Daseins zurückbleibt, beantwortet der Text mit einer glühenden Confessio: Die Schmerzen einer Menschenexistenz sind vergänglich, am Ende bleibt immer die Lobpreisung Gottes.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009
Schreibe einen Kommentar