Gerhard Falkners Gedicht „du schläfst und liegst“

GERHARD FALKNER

du schläfst und liegst

du schläfst und liegst bei deinem haar
dein weißes bein ist aufgestellt
und ich, darauf es ruht, ich bin die welt
bedrückt von deinem schlaf, bin die gefahr
die leise deinen traum in atem hält.

du schläfst und liegst bei deinem haar
ich hab ein flüstern in dein ohr gebettet
es spricht zu dir, daß ich der abend war
die trunkenheit, das zittern im pessar
es spricht zu dir die sprache, die mich rettet

ca. 1980

aus: Gerhard Falkner: X-te Person Einzahl, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1996

 

Konnotation

Als Gerhard Falkner 1981 mit seinem Debütband so beginnen am körper die tage die literarische Arena betrat, war plötzlich wieder ein Dichter präsent, der unter offenem Bezug auf die Romantik und in „heftigen Bildern“ wieder „schöne“ Gedichte schreiben wollte, Gedichte in barocker Sinnlichkeit und Wortopulenz.
Seine frühen Gedichte, so hat der 1951 in Schwabach bei Nürnberg geborene Falkner im Rückblick auf seinen Erstling betont, „überfielen mich wie Schweißausbrüche…, sie gründeten nicht auf Ehrgeiz, sondern auf Erregung.“ Dieses körperhafte Erregungspotential und ästhetische Schönheitsverlangen findet man auch in diesem Liebesgedicht, das die alten Motive des Begehrens reaktiviert und selbst für ein kühles medizinisches Detail („pessar“) einen poetischen Ort findet „Gerettet“ wird in diesem Text aus Falkners Debütband nicht nur der Liebende, sondern auch die Sprache.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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