Bert Papenfuß: NUNFT

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Bert Papenfuß: NUNFT

Papenfuß/Endart-NUNFT

LISTWÜRKERS KISSENSCHLACHTORDNUNG
UM GELDES WILLEN (EXTENDET REMIX)

vereinsamte saudause, albatrosse & kassandren
fisches pfiff goll, ein klirren durchriß die kluft
aufschaum in einem abwasch, die schamzarte poesie
der dekonstruktion, der demut sausen, trosts brodem
das wort wurde mensch im schoß mariens,
aaaaafaschismus
meiner meinung nach ist die autorisierung der macht
durch kunst & umgekehrt, allein machbarkeit macht’s
ordnung, sicherheit, firlefanz, ob dattel oder bohne
bärbel bohley kommt gleich, bärbel „backbrumme“ bohley
herzzerreißend zerschissest du unser aller aushängeschwert
das doch die heimleuchte gewesen der ddr-friedensbewegung
they’re coming to kick my turd, schirmherrin aller
fettnäpfe, auf politik, wie auf jeden massenmord
steht der tod, ev’ry time we say fuck off, laß uns
’n kopp machen & unseren aberglauben vergleichen
das ist tätowlogie, die ich meine, & orientierung
des okzidents, wir haben hier im osten keine revolution
gemacht, damit die vertreter der bürgerbewegung ihr gehalt
in west-mark bekommen, schoß das mensch empor, vor & ein tor
zocken heute diplomierte kunstmaler & andere schaffner ab
aber die schrift wird verheerend sein, & nicht greifen
& sich nicht rechnen, aller nationalismen kleinster
gemeinsamer nenner ist antisemitismus, bzw. der neid
auf den trumpf eines geschickt angewandten mutterrechts
die wehwucht des geschriebenen gedichts, der idealische
freiheitsdrang, heiner müller legte doch wohl klar & deutlich
dar, worum es eigentlich geht, das nämliche denken
überhaupt, sein sturm & seine unfreiwillige komik
menschlich unwahrscheinlich viel fieses, was da zum vorschein
kam, sprachs & entleerte die mülleimer der vergangenheits-
bewältigung, vergänglichkeitsverarschung, gegenwarts-
vergänglichkeit, ja selbst der gegenwart, an der sich die größe
des augenblicks vergangen, auf diese weise sich bohle
mit ihre freundinnen, die ja auch in den aktien vorkommen
natürlich köstlich amnestiert, kneite gülle, dünkel
knülle geite, rüpel, um mich völkische beobachter
den ne-waza studierend, den new criticism, den new deal
& den unverkrampften umgang mit dem verknotiger papier
junge dynamische ginsengwilderei & keinerlei augenzeug’
sputet euch, ihr gäucklein, jetzt wird ehrlichkeit & offenheit
hergestellt, ohne gewalt, ohne rache, auf der bloßen grundlage
von recht & verfassung, geruch & verarschung, gerücht & vers-
anfang; alles, auch das beste stück, ist mit seinem gegenteil
behaftet, jede 11te frau eine prinzessIn, fürbaß, jede 111te
eine prinzessInIn, blaß, zartsächlichkeit durchfährt mich
ein anflug von einfühlung, eine trommel doppelten nichts
& eine palette plötzlicher tod stehen ganz oben
auf dem wunschzettel, schwerer regen, kollegen
der logos des staates ist seine strafgesetzgebung
gülles aufschaum, herzblätter, panik ist die methode des
chaos’

 

 

 

Die Wucht des Wortpralls

− Die avantgardistischen Reihen fest geschlossen: Gedichte von Bert Papenfuß-Gorek. −

Beflügelt vom Zorn des Gerechten, aber auch ganz und gar überwältigt vom eigenen Entlarvungseifer, fiel der Dichter Wolf Biermann seinerzeit über das Prenzlauer-Berg-Idol Bert Papenfuß-Gorek her. Das „Zeug“ solcher „Nebelkrähen“ wie Papenfuß-Gorek, dröhnte Biermann, sei „gequirlter Stumpfsinn“ und „seichte Wortspielerei“. Dilettantischer hätte ein Urteil über Papenfuß’ Gedichte kaum formuliert werden können. In Biermanns vollmündigen Stammtischphrasen hallt unüberhörbar das uralte kulturkonservative Ressentiment gegen die experimentelle Moderne nach. Das eifersüchtige Löwengebrüll wirkte denn auch kontraproduktiv: Die Papenfuß-Gorek-Fangemeinde scharte sich nur um so enger um ihr Idol, während die umstrittenen Texte genaueren Bücken entzogen blieben. Wer sich jedoch die sprachakrobatischen und wortwitzigen Gedichte von Papenfuß-Gorek nicht in wehrloser Bewunderung um die Ohren hauen läßt, der bemerkt rasch, daß sich hier nicht alles einer exorbitanten Rebellion gegen die Sprachkonventionen verdankt, sondern daß hier oft grausam gekalauert und peinlich dilettiert wird.
Gewiß, wie kein anderer Lyriker seiner Generation vermag es der 1956 geborene Bert Papenfuß-Gorek, die Sprache des Gedichts zu dynamisieren, „kreuts & kwehr“ durch Alltags-, Szene- und Fremdsprachen zu vagabundieren, ohne sich im sinnfreien Sprachspiel zu verflüchtigen. Auch in seinem neuen Gedichtband NUNFT brabbelt kein unpolitischer spätdadaistischer Gartenzwerg daher, vielmehr zieht hier ein begabter Sprachmonteur einmal mehr alle Register von Sprachspiel und Wortwitz, um eine extreme Tonlage zu erreichen.
„Mit aller Wucht des Wortpralls“ versucht Papenfuß-Gorek die orthographischen, syntaktischen und semantischen Regularien unserer Sprachordnung zu sabotieren. Da werden Wörter und Redewendungen demontiert, verballhornt und neu zusammengesetzt, da werden fremdsprachige Zitatfetzen und dialektale Sprachbrocken eingeschleust, um das vorschnelle Sinnbedürfnis des Lesers nachhaltig zu stören. Da erreicht der Assoziations- und Verballhornungsfuror eine solche Geschwindigkeit, daß man als Leser kaum mehr folgen kann. So kulminiert zum Beispiel das Gedicht „hallstatt revisited“ in einer privaten Kunstsprache, collagiert aus unterschiedlichsten Sprachfragmenten:

all hell broke loose, it was geschlossen once & for all
all vernäugnens alltauhop mit eis is dwatsch, secht plutarch
all allerwägens unnerlaten – gefäuhllos; denn man tau
sagenhaftes mußte gesagt werden & celebriert ein actus
grauer magie gegen des grauens ucht…

Weil er der subversiven Kraft seiner eigenen Gedichte offenbar nicht recht traut, wirft sich Papenfuß-Gorek des öfteren in Bürgerschreck-Pose und wedelt mit reichlich abgestandenen Obszönitäten, die höchstens noch am Prenzlauer Berg fürchterlich aufregend wirken. „sei ein anfluch von fick“ – dieser antilyrische Imperativ eröffnet den neuen Gedichtband und wird gleich in mehreren Variationen wiederholt. An exponierter Stelle eines Gedichts ein „fuck off“, einen „fickfisch“, „fickfrosch“ oder ein „verfickt“ zu plazieren, ist jedoch schon lange keine häretische Heldentat mehr. Seine sprachschöpferische Kreativität gerät immer dann ins Stocken, wenn der Dichter sein anarchistisches Weltbild illustrieren oder politischen Frontalunterricht erteilen will.
Im Gedicht „guten morgen, RAF“ portraitiert er sich selbst als anarchistischen Einzelgänger, der jeder Ideologie und jeder „irgendwie zwischenmenschlich zu nennenden Übereinkunft“ eine Absage erteilt. Eine unverbrüchliche „Übereinkunft“ bindet ihn allerdings noch immer an Sascha Anderson, den Prenzlauer-Berg-Lyriker mit dem Stasi-geprägten Doppelleben, „unser aller anderson“ darf sogar eine kleine Probe seiner Kunst zu der „nymfonie“ beitragen, die Papenfuß-Gorek zusammen mit der Gruppe Novemberklub komponiert und instrumentiert hat. Musikalisch erweisen sich die Mitglieder dieses Novemberklubs als perfekte Plünderer: Ihre nymfonie (sie liegt als CD dem Gedichtband bei) gleicht einer Collage aus T. Rex, Einstürzende Neubauten und den Toten Hosen. In „die giermann-produkte-verbrennung“ und „das schedlinski-gedächtnis-schausaufen“, zwei Texten aus der nymfonie, werden die avantgardistischen Reihen fest geschlossen: Die Anderson-Affäre erscheint als bodenlose Farce, angezettelt von „schminkfinken & imkern der zweiten garnitur“.
An solchen Stellen glänzt Papenfuß-Gorek weniger mit aggressiver Sprachdynamik als vielmehr mit bedenkenloser Gesinnungstüchtigkeit, „mir gefällt nichts“, heißt es in der „kakaoutopie“,

ich kenne nichts, nichts
das sich im kakao nicht noch besser ausnähme
& mit mehr würde dastünde, wenn es durchgezogen
die last des lustigmachens ist eine schaffende list.

Das wortwitzige „Lustigmachen“, so zeigt sich in NUNFT, kann zur „Last“ werden, die sprachakrobatische Daueranstrengung in Erschöpfung enden. Verstrickt in grammatische Zerreißproben, ließ den Dichter Bert Papenfuß-Gorek ein ums andere Mal „die schaffende List“ im Stich.

Michael Braun, Die Zeit, 5.3.1993

Buchbesprechung

Hier handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Lyrikers Papenfuß-Gorek, der Rockgruppe Novemberklub – eine CD ist beigegeben – und der Grafikergruppe endart. Sprachzertrümmernde „POESEJ & KRACH“ plus genüßlich präsentierte Illustrationen ergänzen sich zu jener Art übergreifenden künstlerischen Gesamtkunstwerks, das in der Prenzlauer Berg connection wieder neu aufgewärmt und Mode wurde.
Papenfuß-Gorek gilt generell als einer der begabtesten Sprachinnovatoren der „Szene“, und auch in diesem Band geht es um Reflexionen über den Leerlauf konventioneller Sprache. Im assoziativ verändernden Umgang mit Sprache verdreht Papenfuß-Gorek Wörter, schweißt Disparates zusammen; er arbeitet mit Wortkombinationen, die auf Klangähnlichkeiten beruhen, mit willkürlich eingesetzten Präfixen, Alliterationen, Einsprengseln aus dem Englischen und – eine pikante Note – Versatzstücken aus dem Minnesang, also „minnekrampfsinn“: „wennschon Zeichensysteme breitwalzen, dann im sinne der minne… garstgeist… geistgreif… erläuterung“. NUNFT, der Titel des Bandes, deutet auf eine Situation des Mangels, des Chaotischen, der Sinnlosigkeit. Das Fehlen des Präfixes („Ver-“, „Unver-“) setzt somit den Ton für die Textsammlung. Den Texten beigegeben sind die Illustrationen der Gruppe endart – Lieblingsmotiv: der Phallus −, die ins Bild setzen und ergänzen, was durch die Demontage der Sprache im Text sichtbar wird: „sexlichkeit ist eine zier“. Dahinter verbirgt sich eine Bewußtseinshaltung der Desorientierung, die die beteiligten Künstler selbst nicht allzu ernst zu nehmen scheinen. Zumindest versucht man, der „sinnkrise“ mit Heiterkeit zu begegnen. Die erlebte „sinnkrise“ wird wie folgt formuliert:

sinnmachung ist unterdrückung
wohl ist mir nur in sinnlosigkeit
oder wenigstens einer durchgreifenden sinnkrise…

Nun ist aber diese sprachexperimentelle, sich unpolitisch gebende Literatur nicht im luftleeren Raum entstanden. Medizinische Fachausdrücke wie „noxe“ und „pathognosis“ als Kapitelüberschriften suggerieren den Gedanken an Erkenntnis von Krankheitsursachen und Unbehagen. Das sprachzertrümmernde Sichabwenden von „sinnvollen“ konventionellen Diskurs läßt erkennen, wie, in welcher Art und Weise – und im wie wovon – man sich abwendet; es setzt Energien wie Aggressionen, Sarkasmus, aber auch Gelächter und Humor frei.
Auf den jeweiligen Seiten unten befinden sich unter den eigentlichen Texten die 26 Liedtexte der Rockgruppe Novemberklub, die „nymfonie: krallerbach & lederbissen“ genannt sind. Sie sind, wie auch die Texte des Bandes generell, gespickt mit wohlbekanntem Zeitungsvokabular, das sich auf die „Szene“ bezieht. Und hier wird Stellung bezogen. Im „schlappen haßarsenal“ eines „polit-turniers“ wird auf aktuelle Ereignisse angespielt, die dem Leser aus Feuilleton und Medien hinlänglich bekannt sind: sprachclowns, wortjongleure, nebelkrähen, anderson, rolf biermann, dolf bierhann, bierlingsbecher, giermann-produkte Verbrennung etc. In Papenfuß-Goreks Gesamtkunstwerk NUNFT wird die „Affäre Anderson“ und „echt-Deutschland“ generell dem Gelächter preisgegeben, durch den Kakao gezogen:

mir gefällt nichts, ich kenne nichts, nichts
das sich im kakao nicht noch besser ausnähme
& mit mehr würde dastünde, wenn es durchgezogen
die last des lustigmachens ist eine schaffende list

Freunde der sprachexperimentellen Lyrik werden an der Aufmachung des Bandes NUNFT ihre helle Freude haben. Nach wie vor ergibt sich jedoch die Frage, ob und wie lange diese Lyrik den Verlust der DDR-Reibungsflächen überleben kann. Diese Rezensentin schließt sich der Frage des Autors an: „wat nu“?

Christine Cosentino, GDR Bulletin, 17.10.1993

Rundumschlag im anarchischen Spiel

− Papenfußsche Poesie aus dem Prenzlauer Berg in Göttingen. −

Was einst in der Unöffentlichkeit einer Szene geschah, in Altbauküchen und -zimmern im Schatten des Prenzlauer Berges, findet heute im Renommee des Göttinger Steidl Verlages statt. Bert Papenfuß-Gorek, 1956 geboren und damaliges Hinterzimmer-Idol Ostberliner Literaten, scheint nun endgültig ausgebrochen aus seinem privaten Leserkreis. Jene konspirativen Zusammenkünfte in Zeiten einer gut funktionierenden DDR-Subkultur mögen aus heutiger Sicht radikal oppositionell anmuten. Sie waren es weniger. Vielmehr wurde da der Reiz des Inoffiziellen ausgelebt. Die Revolution trug man in der Sprache aus. Grammatik und Orthographie, Regeln der Wortbedeutung und des Wortklanges wurden gnadenlos gestürzt, anarchische Spiele mit Worten und Zeichen getrieben. Dagegen gab es keine gesetzliche Handhabe.
Papenfuß-Goreks aktueller Poesie-Band Nunft nun gerät auch durch den Wandel der Verhältnisse in einen neuen Kontext. Ein literarisches Widersetzen gegen das Offizielle der Sprachregeln ist in oder unter einer bürgerlichen Demokratie weder neu noch avantgardistisch.
Originalität scheint gefragt – und Auseinandersetzung mit den Problemen der Zeit. „… winterwonnengewende & rumgefleze in vlat / unflat abflat, weiße scheiße, eiskalte scheiße / oder-neiße-scheiße, rolf biermann / hat sich hierzu noch nicht geäußert…“, „… bärbel bohley kommt gleich, bärbel ,backbrumme‘ bohley herzerreißend zerschissest du unser aller aushängeschwert das doch die heimleuchte gewesen der ddr-friedensbewegung…“, „… freya klier sein bier neigte sich / & zockte adenauer ihre jauche ab…“ oder „trickstein seine ex- / haustierte krabbe / bildete spalierΩ“. Während vielen Schreibenden und auch Singenden der verflossenen DDR der kritische Stoff auszugehen scheint, verteilt ihn der eigenwillige Berliner Dichter im eifrigen Rundumschlag: „… unser aller anderson war wie umgedreht / ,wo ist mein mantel‘ rief der schatten /  schlemihl nach…“ — immer wieder hangelt sich freilich auch das Stasi-Thema durch die betont unorthodoxe Papenfußsche Poesie. Ihm bereitet die Doppeldeutigkeit des Namens jener ehemals so progressiven Berliner Band Die Firma Spaß, die kürzlich ihre Kontakte zu den Staatsorganen offenbarte. Die Polemik aus dem Westen von Wolf Biermann oder Freya Klier geht ihm gegen den Strich. Papenfuß hält seinen Zynismus dagegen. Biermann hatte ihn und den dazugehörigen Dichterkreis samt Sascha Anderson lauthals der Scharlatanerie bezichtigt. Der vermeintliche Hochstapler kontert nun in seinen Gedichten unentwegt und boshaft. Hier findet weniger ein sachlicher Streit um zu bewältigende Vergangenheit statt, hier tobt offensichtlich ein hitziger Kleinkrieg um verletzte Eitelkeiten.
Schon damals in den Wohnungen um den Prenzlauer Berg gab es Verse von Papenfuß-Gorek und anderen kunstvoll im Eigendruck, oft illustriert mit Grafiken befreundeter Künstler aus dem Kiez. Bei Rotwein und Tee konnte Handgebundenes, Bibliophiles erstanden werden. Daran versucht sich jetzt auch der Steidl Verlag. Im herstellungsgemäß ebenso billigen wie allseits beliebten Packpapier-Layout erscheint Nunft als gemeinsames Werk des Dichters, der Grafik-Gruppe Endart und dem Novemberklub als musikalisch-darstellendes Projekt. Endart wird vertreten durch die sinnträchtigen Pseudonyme Goldie Broiler, P. Jodel und Wendie Hals. Da macht sich in einer bitterbösen Zeichnung im George-Grosz-Stil ein Mainzelmännchen lüstern über den Adlershofer Sandmann her („Wider Vereinigung“), oder eine linolgeschnittene Trostflasche fliegt mit einverleibtem Kopf auf und davon („Notlandung“). Die Bilder stehen für sich. Auf der beigefügten Novemberklub-CD (mit Bernd Jestram als musikalischem Kopf) wechseln gesprochene Texte mit schrill vertonten.
Schon mit der Band Ornament & Verbrechen hatte Papenfuß-Gorek ähnlich gearbeitet; auch hier ist nun ein spannend arrangierter Gitarrenlärm auf dem besten Wege, dem Verfasser der meisten Stücke die Schau zu stehlen. Papenfuß-Gorek verzichtet in seinen neuen Texten auf die einst so exzessiv mit allen verfügbaren Mitteln der Schreibmaschine betriebenen semiotischen Zeichenspielchen. Und er wendet sich jetzt einer recht strengen Rechtschreibung zu. Seine Originalität beschränkt sich nunmehr auf semantische Kunstgriffe, Verdrehungen und ein regelrechtes Slang- und Fremdsprachengewirr:

… wortgetüme
radebrachen sich unberechenbar bahn
reichsbahn, autobahn, bundesbahn
„bandiera nera trionferá…“

Der nicht zu leugnende Witz und Unterhaltungswert indes nutzt sich rasch ab, radikal verbale Grobheiten verlieren da ebenso schnell an Wirkung: „symbolwust, semioschwulst, lettergeschwulst.“
Die Mehrzahl der Lyrik-Freunde jenseits von Göttingen wird mit den Begriffen Novemberklub, Herrenausstattersocken, Hafenbräu oder Malimo und ihrer Ironie nur bedingt etwas anzufangen wissen. Nun, vielleicht muß man ohnehin nicht alles verstehen. Und womöglich erweist sich ja ein mutmaßliches Ausdehnen der Papenfuß-Gemeinde überhaupt und auch gen Westen als Trugschluß.

Michael Pilz, Neue Zeit, 28.10.1992

Weitere Beiträge zu diesem Buch:

Harald Hartung: Klappe zu, Aleph tot
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.12.1992

Thomas Feibel: Todkrank in die Krankenschwester verliebt. Literaturmusik – einiges zum Lesen und zum Hören
Frankfurter Rundschau, Weihnachten 1992

Karl Riha: (ohne Titel)
Frankfurter Rundschau, 2.7.1993

 

 

FRISCHES SCHWARZ
für Bert

hier kommt frisches Schwarz
wie sollte es auch anders sein?
hier kommt frisches Schwarz
wer hätte das gedacht?
also dass hier frisches Schwarz kommt
doch so ist es nun mal
hier kommt frisches Schwarzes
das Warten auf Godot hat somit ein Ende
denn hier kommt frisches Schwarz
irgendetwas ist schließlich immer
und wenn es nicht frisches Schwarz ist, das hier kommt,
dann ist es eben etwas anders
doch in diesem Fall ist es frisches Schwarz
und wie gesagt: hier kommt es
hier kommt also frisches Schwarz
da könnt ihr machen, was ihr wollt
hier kommt frisches Schwarz
und niemand wird es aufhalten
im Grunde kann sich frisches Schwarz nur selber schlagen,
und zwar indem es nicht kommt
aber frisches Schwarz kommt nun mal
und das tut es hier und jetzt
auch wenn frisches Schwarz eigentlich gar nicht kommen müsste
allerdings tut es das hier trotzdem
gemeint ist nach wie vor frisches Schwarz, das hier kommt
obwohl gar nicht klar ist, was überhaupt damit gemeint ist
die Hauptsache ist aber, dass frisches Schwarz kommt
und das tut es hier nun mal
hier kommt frisches Schwarz
worüber reden wir denn die ganze Zeit?
hier kommt also frisches Schwarz
frisches Schwarz kommt hier

Clemens Schittko

 

 

Sprachgewand(t) – Ilona Schäkel: Sprachkritische Schreibweisen in der DDR-Lyrik von Bert Papenfuß-Gorek und Stefan Döring

Heribert Tommek: „Ihr seid ein Volk von Sachsen“

 

 

Mark Chaet & Tom Franke sprechen mit Bert Papenfuß im Sommer 2020 und ein Auftritt mit Herbst in Peking beim MEUTERLAND no 16 | 1.5.2019, im JAZ Rostock

 

Kismet Radio :: TJ White Rabbit presents Bertz68BirthdaySession_110124_part 2

 

Zum 60. Geburtstag des Autors:

Lorenz Jäger: ich such das meuterland
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.1.2016

Zeitansage 10 – Papenfuß Rebell
Jutta Voigt: Stierblut-Jahre, 2016

Zum 65. Geburtstag des Autors:

Thomas Hartmann: Kalenderblatt
MDR, 11.1.2021

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Einladungskarte zur Beerdigung von Bert Papenfuß

Einladungskarte zur Beerdigung von Bert Papenfuß

 

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Nachruf auf Bert Papenfuß bei Kulturzeit auf 3sat am 28.8.2023 ab Minute 27:59

 

 

Bild von Juliane Duda mit den Übermalungen von C.M.P. Schleime und den Texten von Andreas Koziol aus seinem Bestiarium Literaricum. Hier „Das Papenfuß-Gorek“.

 

Beitragsbild von Juliane Duda zu Richard Pietraß: Dichterleben – Bert Papenfuß

 

Bert Papenfuß liest bei OST meets WEST – Festival der freien Künste, 6.11.2009.

 

Bert Papenfuß, einer der damals dabei war und immer noch ein Teil der „Prenzlauer Berg-Connection“ ist, spricht 2009 über die literarische Subkultur der ’80er Jahre in Ostberlin.

 

Bert Papenfuß, erzählt am 14.8.2022 in der Brotfabrik Berlin aus seinem Leben und liest Halluzinogenes aus TrakTat zum Aber.

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