Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Haiku oder Die Lehre von der Leere der Dichtung (Teil 2)

Haiku oder Die Lehre von der Leere der Dichtung

Teil 1 siehe hier

Statt zu besagen und zu bedeuten, beschränkt sich das Haiku darauf, Wahrnehmbares, Wahrzunehmendes, Wahrgenommenes zu benennen und es solcherart sprachlich dingfest zu machen. Generell geht es um die Feststellung dessen, was hier und jetzt vorhanden ist oder in Erscheinung tritt. Emotionale Momente – Trauer, Freude, Trost, Wut, Sehnsucht, Begehren – werden im klassischen Haiku nicht eigens artikuliert oder gar kommentiert, und auch historische, mythologische und intertextuelle Bezüge bleiben ausgespart.
Durchweg unerheblich ist für die Haiku-Dichtung auch das Ich des Autors – es tritt diskret hinter das rapportierte Geschehen zurück, die Autorität gehört hier nicht dem Verfasser, vielmehr dem Gegenstand des Gedichts, der bei dessen Niederschrift wie von selbst sich konturieren soll als pure Artikulation des Realen. Angestrebt wird damit eine Unmöglichkeit, hochgehalten ein Paradox: Vermittels der Sprache soll eingeholt werden, was mit Worten nicht einzuholen ist. Das Haiku spricht aus, was es gleichzeitig zu verschweigen sucht.

… Fortsetzung hier

 

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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