Der aus Sarajewo stammende Autor Dževad Karahasan brummelte unlängst in einem Interview: »Ich bin Schriftsteller, und ich schweige.« Begründung: »Als ich in Zagreb die bosnischen Flüchtlinge schweigen sah, wußte ich, daß ich Zeuge sein muß, denn sie haben keine Sprache.« Auch eine Logik; und die rhetorische Frage: »Wozu noch ein Buch schreiben, wenn in der bosnischen Bibliothek von Sarajewo 700 000 Bücher verbrannt sind?« Der Mann sollte wohl, statt wortreich vom Schweigen zu reden, tatsächlich schweigen. Also weiterschreiben.
aus: Felix Philipp Ingold: Freie Hand
Ein Vademecum durch kritische, poetische und private Wälder