BERTOLT BRECHT
Lied der drei Soldaten
1
George war darunter und John war dabei
Und Freddy ist Sergeant geworden.
Und die Armee, sie zeigt, wer sie sei
Und marschierte hinauf in den Norden.
2
Freddy war der Whisky zu warm
Und George hatte nie genug Decken.
Aber Johnny nimmt Georgie beim Arm
Und sagt: die Armee kann nicht verrecken.
3
George ist gefallen und Freddy ist tot
Und Johnny vermißt und verdorben.
Aber Blut ist immer noch rot
Und für die Armee wird jetzt wieder geworben.
1925
aus: Bertolt Brecht: Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Band 11: Gedichte 1, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1988
Das „Lied der drei Soldaten“ ist zeitlose Antikriegs-Propaganda. Bertolt Brecht (1898–1956) hat den Text 1925 geschrieben und drei Jahre später kaum verändert als „Kanonensong“ in die Dreigroschenoper übernommen, ergänzt um den schmissigen Refrain: „Soldaten wohnen / Auf den Kanonen…“ Mackie Messer und Tiger Brown singen ihn, auf dem Tisch sitzend. Bei der Uraufführung riss gerade der „Kanonensong“ das Publikum mit, und Brecht konnte einen weltweiten Triumph feiern.
Ein paar Jahre vorher, 1918, war die „Legende vom toten Soldaten“ entstanden, wenig später die „Ballade vom Weib und dem Soldaten“. Der junge Brecht war ein Provokateur des Bürgertums, ein genialer Zyniker, der seine Lieder selbst zur Gitarre vortrug. Beim Schreiben bediente er sich des Volkslieds und der Ballade, der Hymne und des Chorals, ihrer Strophen- und Reimformen. Zugleich wird ein neuer, nüchtern-ironischer Ton hörbar, grundiert von einer aggressiven Moral.
Michael Buselmeier (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010
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