OSKAR BLUMENTHAL
„Was machst du, wenn die Kritik dich kränkt?“
Meine Antikritik: ich bleibe heiter.
„Und wenn sie dich an den Galgen gehängt?“
Meine Antikritik: ich lebe weiter.
um 1900
Oskar Blumenthal (1852–1917) gehörte zu den schärfsten literaturkritischen Lästerzungen seiner Zeit. Als „blutigen Oskar“ fürchteten ihn die Regisseure und Schauspieler der deutschen Bühnen, denn er folgte oft seiner Neigung zu Bissigkeit und Sarkasmus, wenn es die Leistungen des Theaters zu kommentieren galt. Nebenbei agierte Blumenthal selbst als Bühnendichter, Schachgeschichtenerzähler und Gelegenheitsdichter.
In seiner lakonischen Miniatur verweist Blumenthal auf das einzige probate Gegenmittel für den Fall, dass man von schonungsloser Kritik getroffen wird. Es ist die Gelassenheit, der heitere Stoizismus. Und selbst gegen die vernichtendste Rezension gibt es nachhaltige Strategien: die eigene unerschütterliche Selbstbehauptung. Hier gibt Blumenthal gewissermaßen seinen Opfern einen klugen Ratschlag – nämlich mit einer unerschütterbaren Souveränität am Eigenen festzuhalten.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009
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