Elvira Grözinger und Andreas Lawaty (Hrsg.): Suche die Meinung

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Elvira Grözinger und Andreas Lawaty (Hrsg.): Suche die Meinung

Grözinger und Lawaty (Hrsg.)-Suche die Meinung

EINIGE ANMERKUNGEN ZUR VERSTÄNDIGUNG DURCH LITERATUR

Wenn man von Verständigung spricht, so setzt man auch das Vorhandensein von Mißverständnissen voraus. Mich interessiert die Frage, ob Deutsche und Polen in der Lage sind, sich zu verstehen, also muß ich auch die Hindernisse auf dem Wege der Verständigung berücksichtigen. Dieses Thema ist so umfassend, daß ich mir gut eine große Universität, ein Institut vorstellen könnte, das sich in seiner Arbeit ausschließlich auf die Frage konzentriert, inwieweit die Deutschen die Polen und die Polen die Deutschen verstehen können.
Karl Dedecius nun übersetzt seit Jahren polnische Autoren. Einige der von ihm übersetzten Bücher wecken das Interesse des westdeutschen Leserpublikums. Aber wissen wir denn, was den deutschen Lesern an Zbigniew Herberts oder Tadeusz Różewicz’ Gedichten – um die Dichter zu erwähnen, mit denen Dedecius’ titanische Übersetzungsarbeit begann – gefällt, was sie interessiert? Welche Geistesverwandtschaft kann zwischen einem polnischen Dichter und dem deutschen Leser entstehen?
Wenn ich mir derartige Fragen stelle, merke ich sofort, wie wenig wir davon wissen, wie sehr wir auf Intuition, Vermutungen, einzelne Tatsachen und auf geistreiche Aperçus nächtlicher Gespräche angewiesen sind. Zumal ja auch schon vierzig Jahre seit dem Ende des grausamen Krieges vergangen sind, der die Fronten und Einstellungen so klar und eindeutig definierte. Damals war alles klar – die GESCHICHTE ist kein sehr raffinierter Regisseur, auf der einen Seite die Henker, auf der anderen die Opfer. Różewicz’ und Herberts Gedichte bezogen sich in bestimmter Weise auf die Kriegswirklichkeit, doch begnügten sich beide nicht mit einer einfachen Reaktion auf die Katastrophe – sie errichteten Weltmodelle, in denen sich jeder empfindsame und leidende Mensch wiederfinden konnte. Und vielleicht fand gerade hier die paradoxe Begegnung statt: Der deutsche Leser der frühen sechziger Jahre konnte, wenn er wollte, in den Gedichten der polnischen Poeten Trost finden, obwohl das zwanzig Jahre früher völlig unmöglich, ein für alle Mal ausgeschlossen zu sein schien.
Ich spreche von Trost, denn ich glaube, die Lektüre eines Gedichtes, das eine Antwort auf Gewalt und Ungerechtigkeit ist, hat immer etwas von Tröstung, Linderung, Illusion – der humanen, lebenspendenden Illusion, man könne etwas verstehen, das wilde Gestammel der Kanonen und die raubgierige Monotonie der Konzentrationslager könnten Gegenstand ruhiger Meditation sein, könnten in dem engen Lichtkreis der Lampe ruhen, die auf dem Schreibtisch des Gelehrten, des Dichters oder Buchliebhabers steht.
Verstehen läßt sich indes sehr wenig. Nicht nur die Geschütze stottern, auch die Zeit, die historische Zeit ist ein unbeholfener Stammler. Sehen wir uns die bekanntesten Tatsachen näher an. Die Situation der Polen: Gleich nach Kriegsende und der Befreiung von der furchtbaren nationalsozialistischen Okkupation geraten die Polen unter eine andere Besatzung, die sowjetische, die nicht so viele blutige Opfer kostete, dafür aber langlebig, zäh, systematisch, mongolisch und ganz gegen die polnische Tradition ist. Man hatte also so gut wie keine „freie Minute“, um die vergangenen Leiden zu sichten, gleich kamen neue Schmerzen dazu, „geheime“, heimliche, verborgene Schmerzen, denn der neue Machthaber mag es nicht, wenn mit dem Finger auf ihn gezeigt wird, das verbietet er strengstens.
Und die Deutschen? Hatten sie eine „freie Minute“, um das Böse, das sie angerichtet hatten, in Ruhe zu betrachten? Hannah Arendt warf der Bundesrepublik vor, sie vernachlässige die große Gewissensabrechnung. Leiden, die man verursacht hat, vergißt man leichter als solche, die man selbst erfahren hat: die letzte Kriegsphase, die Niederlage, die Bombenteppiche, die Kriegsgefangenenlager, die Vertreibung, die Erniedrigungen, schließlich der Wechsel der politischen Identität. Und schnell, wirklich erstaunlich schnell wachsen neue Generationen heran, die es gar nicht mehr gern sehen, wenn man sich auf Erfahrungen vor ihrer Geburt beruft, und die überzeugt sind, nur die Ereignisse, die vor ihren eigenen Augen ablaufen, seien wichtig.
Deshalb ist heute, vierzig Jahre nach dem Ende des großen Krieges, gar nichts klar und einfach – zumindest für den Verfasser dieses Textes nicht (und darin besteht gerade Verständigung: daß zwei fremde Wirklichkeiten sich einander vorstellen).
Polen und Deutsche sind sich darin ähnlich, daß sie in den letzten Jahrzehnten einem starken historischen Druck ausgesetzt waren und daß deshalb der Mensch im Deutschen und der Mensch im Polen mehr als etwa der Mensch im Franzosen von der Angst und der Hoffnung gezeichnet sind, die mit historischen Erlebnissen einhergehen. Und Deutsche wie Polen müssen sich ratlos angesichts einer Geschichte fühlen, die sich nicht ausdrücken läßt: Sie vergeht ja zu schnell, sie ist zu ungestüm, und außerdem beschreiben literarische Werke keineswegs die Wirklichkeit, wie wir uns das naiv gewünscht hatten, sie schaffen nur eine eigene, neue, beruhigende, schillernde Wirklichkeit.
Die Polen sind heute von dem Bedürfnis nach Erinnerung, nach Wahrung des Gedenkens besessen, denn sie fanden schnell heraus, daß die Zerstörung der Erinnerung zu den ersten und beliebtesten Übungen des Totalitarismus gehört. Das Resultat hat alle Erwartungen übertroffen: Auf rein geistigem Gebiet hat der Totalitarismus in Polen eine Niederlage erlitten, das Gedächtnis hat über die Propagandatechnik eines Systems triumphiert, das die Tradition gleichschalten wollte. So absolut, so überwältigend war der Sieg der Erinnerung, daß man manchmal fragen könnte, ob die Polen sich nicht zu sehr ins Reich der Mythen, ins Land der vergangenen Taten und Gedanken versetzt haben. In der polnischen Geschichte ist dieser Rückzug auf die alten Dramen ungemein verlockend, denn die Geschichte unseres Landes bedient sich ständig der unvollendeten Vergangenheit: Aufstände, schön begonnen, bald verloren; Biographien großer Männer, rissig, vorzeitig abgebrochen; Schicksale von Generationen, allzu früh entschieden – so kann man hier Zwanzigjährige treffen, die Veteranen eines Aufstands sind und gleichsam nur noch im Nachwort eines interessanten Romans leben; Jünglinge, die rückwärts schauen. Man könnte also meinen, die so erstarrte Vergangenheit lasse sich in der Phantasie in Bewegung setzen, um sich zu vollenden und endlich in Erfüllung zu gehen.
Aber diese Neigung zu geschichtlichen Tagträumen, die ein Laster sein könnte, wird unter den Bedingungen des besonderen, Polen aufgezwungenen Totalitarismus zur Tugend und zur Erlösung, denn sie bewahrt vor der Amnesie.
Über die Deutschen weiß ich natürlich weniger als über die Polen, aber ich glaube nicht, daß die Geschichte ihnen schlaflose Nächte bereitet.
Eher im Gegenteil, sie sind von der Gegenwart oder sogar von der Zukunft besessen; das deutsche Denken neigt ja dazu vorauszueilen – eine Neigung, der kürzlich noch Ernst Bloch Ausdruck verliehen hat.
So haben also diese zwei geschichtsgeschädigten Völker eine ganz unterschiedliche Einstellung zur Historie: Die Polen setzen übertriebene Hoffnung in sie, während die Deutschen lieber mit dem schnellen Fahrzeug des Denkens in die Zukunft eilen.
Sollte das heißen, daß eine Verständigung, eine tiefergehende und dauerhafte Verständigung, nicht möglich ist? Auf den ersten Blick sieht es so aus, zumal man noch viel mehr Hindernisse aufzählen könnte, die den Dialog erschweren (die Polen, die politisch zum östlichen Lager gehören, bejahen verzweifelt die westlichen Werte, d.h. die Werte der christlichen Welt; die Deutschen im westlichen Lager sehen sich interessiert auf der ganzen Welt um). Aber vielleicht birgt gerade diese Zeit- und Erwartungsverschiebung auch die Chance einer Begegnung in sich? Eines Tages stellt sich vielleicht heraus, daß das, was in der kulturellen Praxis der beiden Gesellschaften auseinanderdriftete, nach Verbindung strebt oder zumindest die Annehmlichkeit der Konfrontation oder Ergänzung erfahren will.
Diese beiden Kulturen passen auch deshalb nicht zueinander, weil die polnischen Künstler überwiegend von einem Problem leben: Sie antworten auf die eine Hauptbedrohung – die des politischen Totalitarismus, während die deutschen Künstler, wie übrigens die Künstler jedes westlichen Landes, mit verschiedenen Ungeheuern kämpfen; dort sucht sich jeder seinen Gegner selbst aus (oder wird von ihm ausgesucht).
Doch hier wie dort, in Deutschland und in Polen sind – aus verschiedenen Gründen – ein Mißtrauen gegen jegliche künstlerische Perfektion (das ich nicht teile) und ein großes Interesse an der Wirklichkeit zu spüren.
Der Ähnlichkeiten gibt es noch mehr, auch wenn es oft Parallelen sind, die ungern unterstrichen werden. Jemand hat zum Beispiel gesagt, die Solidarność mit ihrem Kult der friedlichen Aktion erinnere in manchem an die deutsche Friedensbewegung. Aber das politische Umfeld dieser beiden Bewegungen ist so verschieden, daß man sie nur mit einiger Phantasie vergleichen kann. Vielleicht findet man noch mehr solche Überraschungsmomente, und gerade das macht das Problem der Verständigung beziehungsweise Nichtverständigung so ungewöhnlich schwierig, verwirrend und anziehend für jemanden, der zwischen den zwei Kulturen steht, als Vermittler – wie Karl Dedecius – oder nur als Beobachter.
Hindernisse gibt es viele, ich habe nur einige aufgezählt. Und es geht doch! Und doch springt manchmal ganz deutlich ein Funke der Verständigung über. Vielleicht wird der deutsche Leser, der sich für Gombrowicz’ „Tagebuch“ interessiert, plötzlich erleuchtet und versteht mehr – nicht nur von Polen, sondern auch vom eigenen Leben –, als das bei der Lektüre von hitzig engagierten Zeitungsartikeln möglich ist? Statt kluge Worte über die Möglichkeit einer geistigen Verständigung zwischen Deutschen und Polen zu produzieren, ist es vielleicht das Beste, man geht ans Werk und tut etwas in dieser Sache?

Adam Zagajewski
Aus dem Polnischen von Olaf Kühl

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

Tabula Gratulatoria

Bibliographie

 

I. Würdigung und Zueignung

STANISŁAW BARAŃCZAK: Karl Dedecius als Übersetzer der Aphorismen von Stanisław Jerzy Lec

EFIM ETKIND: Majakowskij: Nachdichtungen von Karl Dedecius

STEFAN TREUGUTT: Karl Dedecius. Ein polonistischer Beitrag am Rande seines Schaffens

HERBERT G. GÖPFERT: Der Grundstein

MARCEL REICH-RANICKI: Ein Glücksfall

MARION GRÄFIN DÖNHOFF: Für Karl Dedecius

GÜNTHER METZGER: Darmstadt und die polnische Kultur

 

II. Kunst des Übersetzens

ROLF-DIETRICH KEIL: Über die Schwierigkeiten, den „Pan Tadeusz“ zu übersetzen

KONSTANTY JELEŃSKI: Ein makkaronisches Experiment

WOLFGANG KASACK: Der Sprachvermittler als Sprachverdreher. Zu einer satirisch-komischen Szene in Viktor Rosows „Das Nest des Auerhahns“

JAN ZIELIŃSKI: Grenzen der Übersetzung

HUBERT ORLOWSKI: Polnische Dichter als Übersetzer aus dem Deutschen

FRITZ PAEPCKE: Die Illusion der Äquivalenz. Übersetzen zwischen Unschärfe und Komplementarität

 

III. Deutsche und Polen. Geschichte

STANISŁAW SALMONOWICZ: Polnische Literatur und Sprache in Thorn am Anfang des 18. Jahrhunderts

MARIAN SZYROCKI: „Näher verwandt “ Goethes Begegnungen mit Polen

ROLF FIEGUTH: Norwid und die deutsche Kultur

ANDREAS LAWATY: Das „deutsche Dilemma“ von Boleslaw Prus. Bemerkungen zu seinen „Chroniken“

GEORG W. STROBEL: Emil Zerbe, Absolvent der TH Darmstadt und Sejm-Abgeordneter

OLGA DOBIJANKA-WITCZAKOWA: Der Dichter als Mittler. Zu Maria Dąbrowskas Bericht über ihre Reise nach Weimar 1955

 

IV. Deutsche und Polen. Reflexionen

GOTTHOLD RHODE: Lodzer Deutsche – Posener Deutsche. Keine wissenschaftliche Untersuchung, sondern eine Plauderei

ALFRED BLUMENFELD: Ein schwieriger Beginn. Aus der Kulturarbeit in Polen 1963–1966

JOSEF G. ZIEGLER: Ja zur Polarität – Nein zur Polarisierung. Einige Gedanken zum Theologengespräch zwischen der Universität Mainz und sechs polnischen Hochschulen

WINFRIED LIPSCHER: Sacrum

MARIA JANION: Das „Polentum“ bei Günter Grass

ADAM ZAGAJEWSKI: Einige Anmerkungen zur Verständigung durch Literatur

 

V. Zwischen den Kulturen

HEINZ FRIEDRICH: Wozu Kunst?

RÜDIGER STEPHAN: Über Dichtung und Politik. Victor Hugos Verhältnis zu Polen

ANTONIN MESTAN: Bohemi- Poloni – Germani

ELVIRA GRÖZINGER: Das verlorene Paradies. Zu Arnold Sluckis Dichtung

JÖRG A. HENLE: Schwierige Gemeinsamkeiten

HEINRICH KUNSTMANN: Der Name ,Piast‘ und andere Probleme der polnischen Dynasten-Mythologie

 

VI. Poetische Sendbriefe

TADEUSZ RÓŻEWICZ: Ein Brief

KARL KROLOW: Hieronymus (für Karl Dedecius)

KRZYSZTOF KARASEK: Sprache

WITOLD WIRPSZA: Kitsch. Karl Dedecius zum Jubiläum

EWA LIPSKA: An Karl Dedecius

 

Die Autoren

 

Geleitwort

Die Sprache, das natürliche Mittel der menschlichen Kommunikation, ist seit dem Turmbau zu Babel auch eines ihrer größten Hindernisse. Es ist daher die ureigene Aufgabe des Übersetzers, die negativen Folgen des Turmbaus überwinden zu helfen. Zum anderen lebt die Sprache gleichzeitig auf zwei Ebenen, als Träger von Informationen und als künstlerische Ausdrucksweise. Beide Ebenen angemessen wiederzugeben, ist die Aufgabe des literarischen Übersetzers. Die Sprache ist aber auch, als Medium der Literatur, die zentrale Lebensform einer – in der Regel nationalen – Kultur. Ein Übersetzer, der seine Aufgabe umfassend versteht, wird Kulturvermittler und Kulturkritiker zugleich.
Dieser Band ist Karl Dedecius, dem Übersetzer und Kulturvermittler, zugeeignet, der die Vielfalt der Sprachfunktionen bewußt in sein Werk einbezogen hat. Die polnische Literatur, der sein Lebenswerk, neben einigen Übersetzungen aus dem Russischen und Serbokroatischen, hauptsächlich gewidmet ist, stellt dabei eine Herausforderung besonderer Art dar. Die Verständigungsprobleme zwischen Polen und Deutschen sind seit mehr als einem Jahrhundert keineswegs nur sprachlicher Natur. Dem Nicht-Verstehen-Können und -Wollen liegen politisch-ethische Irrungen und Wirrungen zugrunde.
Die von dem Patron der Übersetzer, dem hl. Hieronymus, gestellte Aufgabe „Suche die Meinung“ – des anderen – ist im deutsch-polnischen Kontext dringend notwendig und zugleich denkbar schwierig. Die lange Reihe der von Karl Dedecius in über dreißig Jahren übersetzten Autoren und herausgegebenen Bücher, die literaturkritischen und -historischen, auch übersetzungstheoretischen Essays zeugen von seinem Bemühen, dem deutschen Leser die Eigenart und die Vielstimmigkeit der polnischen Literatur und Kultur näherzubringen. Ohne seine unermüdliche Übersetzertätigkeit wäre dieser um viele Erfahrungen ärmer.
Die zahlreichen Anthologien und Lesebücher weisen ihn als Text-Komponisten aus. „Elitär“ in der Auswahl der Werke und „demokratisch“ in der Auswahl der Autoren sucht er die „Meinung“ des Nachbarn und macht die künstlerische Qualität zum alleinigen Zensor. Die Verdichtung des Inhaltlichen und des Künstlerischen in Gedicht und Aphorismus erklärt – unter anderem – Dedecius’ Vorliebe für diese beiden Gattungen.
Schon früh hat Dedecius den Reichtum der polnischen Literatur entdecken und die Toleranz gegenüber anderen Nationen üben können. Am 20. Mai 1921 in der polnischen Drei-Völker-Stadt (Polen, Deutsche und Juden) Lodz geboren, ging der Sohn deutscher Eltern auf das polnische humanistische Gymnasium. Nach dem Abitur 1939 mußte er ab 1940 in der deutschen Wehrmacht Kriegsdienst leisten und geriet 1943 in Stalingrad in sowjetische Gefangenschaft. 1950 freigelassen, kam er, nach einem kurzen Aufenthalt in Weimar, wo er am Deutschen Theater-Institut arbeitete, 1952 in die Bundesrepublik Deutschland. Das Œuvre von mehr als 80 Büchern, die er übersetzt, herausgegeben und verfaßt hat, ist zum großen Teil das Produkt privaten Engagements und mußte außerhalb der in einer Versicherungsgesellschaft beruflich ausgeübten Tätigkeit entstehen. Erst seit 1979 hat sich Dedecius als Direktor des von ihm mitbegründeten Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt dem großen Ziel, der Völkerverständigung durch Literatur und Kultur, mit ganzer Kraft widmen können.
Es ist ein für den Jubilar und für die Sache glücklicher Umstand, daß Qualität und Intensität seines Engagements durch zahlreiche Ehrungen und Preise in der Bundesrepublik, in Polen und von der polnischen Emigration – jenseits der politischen Trennungslinien – gewürdigt worden sind. Dazu gehören u.a. der Preis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie in Köln (1965), der Preis des polnischen PEN-Clubs in Warschau (1965), der Übersetzerpreis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt (1967), der Preis der Jurzykowski-Stiftung in New York (1968), L’ordre du „Mérite culturel“ des polnischen Ministers für Kultur und Kunst in Warschau (1974), der Godlewski-Preis in Rapperswil/Schweiz (1976), der Preis des Polnischen Verbandes der Schriftsteller und Kunstschaffenden ZAIKS (1978), das Große Bundesverdienstkreuz und der Wieland-Übersetzerpreis (1985) sowie der Hessische Kulturpreis (1986). 1976 wurde ihm von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln die Ehrendoktorwürde der Philosophie verliehen. Darüber hinaus ist er Mitglied des PEN-Clubs der Bundesrepublik (seit 1967), Ehrenmitglied des Verbandes deutschsprachiger Übersetzer (1968), ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste München (1969) und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt (1977).
Die Tatsache, daß die vorliegende Festschrift Autoren deutscher, polnischer, russischer und tschechischer Provenienz versammelt, spiegelt bereits das Bemühen des Jubilars um Grenzüberwindung wider; ebenso die Tatsache, daß sich daran nicht nur Wissenschaftler (Slawisten, Germanisten, Historiker, Romanisten, Theologen), sondern auch Schriftsteller, Publizisten, Kritiker, Verleger, Lektoren, Vertreter des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens beteiligt haben. Die internationale Verständigung erfordert das Engagement der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppierungen. Die schöngeistige Literatur kann dabei eine verbindende Rolle spielen.
Die in sechs Abschnitte eingeteilten 36 Beiträge bilden eine bunte Palette von wissenschaftlichen Abhandlungen, Essays, Gedichten und Erinnerungen. Eines aber ist ihnen gemeinsam: Sie alle tragen zum Verständnis der Bedeutung literarischer und kultureller Begegnungen zwischen den Nationen, insbesondere zwischen Polen und Deutschen bei.
Leider konnte nicht jeder Beitrag in diesen Band aufgenommen werden. Wir bitten deshalb um Nachsicht und Verständnis. Allen, die beim Zustandekommen der Festschrift geholfen haben, sind wir zu großem Dank verpflichtet: der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart, der Allianz Versicherungs-AG, München und der Frankfurter Versicherungs-AG für Druckkostenzuschüsse, unseren Kolleginnen Krystyna von Schuttenbach und Martina Endriß-Adam für die vielfältige Unterstützung, Jutta Wierczimok für redaktionelle Assistenz sowie Barbara Friedrich für organisatorische Mithilfe.
Karl Dedecius sei hier sehr herzlich zu seinem Ehrentag gratuliert.

Elvira Grözinger und Andreas Lawaty, Darmstadt, im Mai 1986, Vorwort

 

 

Fakten und Vermutungen zur Herausgeber + Kalliope

 

Fakten und Vermutungen zur Herausgeberin + Kalliope

 

Elvira Grözinger im Gespräch mit Jeffery Giesener am 3.8.2022

 

Bettina Eperspächer im Gespräch mit Karl Dedecius: „dann tragen meine gedanken früchte in deiner sprache“

Natasza Stelmaszyk im Gespräch mit Karl Dedecius: Wege zur polnischen Literatur

Fakten und Vermutungen zu Karl Dedecius + UeLEXDAS&D +
Kalliope + Johann-Heinrich-Voß-Preis
Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde OhlbaumKeystone-SDA +
Brigitte Friedrich Autorenfotos + deutsche FOTOTHEK
Nachrufe auf Karl Dedecius: FAZ ✝ FR ✝ NZZ ✝ BB ✝ Echo ✝
SZ ✝ Die Zeit ✝ Übersetzen ✝ Palmbaum ✝ Buth

 

 

Zum 100. Geburtstag von Karl Dedecius:

Markus Krzoska: „Es muss im Leben sterben, was Gedicht sein möchte“
dialogforum.eu, 19.5.2021

Antje Scherer: Sein Werk entstand nach Feierabend – Party für den Übersetzer Karl Dedecius in Lodz und Frankfurt (Oder)
MOZ, 19.5.2021

 

 

 

 

Internationales Symposium zum 100. Geburtstag von Karl Dedecius am 20.–21.5.2021 in Łódź. Panel 1: Karl Dedecius und Łódź

 

 

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