Vladimír Holan: Poesiealbum 215

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Vladimír Holan: Poesiealbum 215

Holan/Mikula-Poesiealbum 215

JENES

Was in der Kunst ist an Ewigkeit,
tobt im Verborgenen dichtender Seelen,
ihnen bedeutend, daß sie mit der Zeit,
die sie sich nicht lassen, alles verfehlen.

Was in der Ewigkeit ist von der Kunst,
wirbelt hier Staub auf, gewandet ins Lärmen
unvergleichlicher Fabeln, in deren Dunst
wir als von Zwillingen schwärmen.

Übertragen von Jürgen Rennert

 

 

 

Vladimír Holan

Vladimír Holan ist einer der großen Dichter der tschechischen Poesie. Seine Verse, klang- und bildgewordene Erfahrungen, umkreisen das Feld menschlicher und gesellschaftlicher Verantwortung, in dem der erlebte Aufbruch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine entscheidende Markierung war. Mit hohem Ethos enthüllt Holan die schroffen Widersprüche des Lebens. Wenn er sich den Existenzfragen der Menschheit zuwendet, dann als Meister der Dialektik, als Schöpfer eigenwilliger Metaphorik, als rastlos Suchender, als ein Dichter, dessen vornehmster Zug der eines wahrhaftigen Zeitgenossen ist.

Aus Jens Gerlach: Poesiealbum 214, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1985

Holan

widmete sein ganzes Leben der Poesie und nahm in der tschechischen Lyrik eine einmalige und höchst originelle Position ein. Er war ein Dichter der Apokalypse, der – entflammt von den Grenzfragen des Schicksals – aus Mißtrauen gegen die Welt zunächst nach einer hermetischen, geheimnisvollen Poesie der transzendentalen Werte strebte. Sein hinwenden zur objektiven Realität und zur Kommunikation wurde durch die Befreiung vom Faschismus im Mai 1945 nachhaltig beeinflußt. Am stärksten war er nicht in abstrakten Erwägungen, sondern im antiillusionären Bewußtsein der Realität und einer reichen, ja fast bizarren Empirie, die seine plebejische Herkunft verrät.

Josef Peterka, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1985

 

 

VLADIMIR HOLAN HATTE RECHT

Vladimir Holan hatte recht:
die Küche ist der beste Platz
mit ihrem Kaffeeduft, gebrühtem Tee,
Familiengeplapper und dem Summen

des Kühlschranks, seiner Alchemie.
Verstaut in seinem klammen Schatten:
glänzende Äpfel aus Adams Garten
und Kirschen aus Argentinien.

Ein Ort des Heilens und Streichelns
und der Nachsicht, wenn wir beichten,
wo seine einzige Herrscherin Kaiserin
endloser Wunder ist.

Am Tisch ausgekosteter Vergnügen
wurden Kriege gefochten, du last meine Gedanken,
und Schlagzeilen machten die Runde.
Hier kommt die Morgendämmerung zuerst

und der schattige Abend durch beschlagene Fenster.
Hier, wo wir gesprächig, schweigsam und verliebt
waren; blass wie feine Brühe,
rosig wie reife Tomaten.

Gerard Smyth
übersetzt von Richard Pietraß

 

 

Fakten und Vermutungen zum Poesiealbum + wiederentdeckt +
Interview
50 Jahre 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6

 

 

Fakten und Vermutungen zum AutorIMDb + Kalliope

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

0:00
0:00