KLABUND
Bauz
Bauz schwingt zierlich den Zylinder,
Bauz entstellt sich hiermit vor.
Bauz hat 45 Kinder
Und nen Bruch im Wasserrohr.
Bauz ist ohne alle Frage,
Bauz ist geradezu direkt,
Bauz macht jede Nacht zum Tage,
Bauz hat einen Schlauchdefekt.
Bauz ist jeder Krone Gipfel,
Bauz ist jedes Ärmels Loch,
Bauz ist auf dem I das Tipfel,
Bauz kroch, wo noch keiner kroch.
Bauz ist wiederum hingegen,
Bauz ist zwecks zu dem behuf,
Bauz ist andernteils deswegen,
Bauz ist ohne Widerruf!
1927
Klabund, 1890 als Alfred Henschke geboren, war einer der produktivsten Dichter und Dramatiker der Weimarer Republik, „der letzte aus dem Geschlecht dichtender Vaganten“, wie Carl von Ossietzky nach seinem frühen Tod 1928 über ihn schrieb. Wie sein Antipode Brecht exponierte er sich als vitalistischer Bänkelsänger und Kabarettist, ein leidenschaftlicher Prediger der Weltbejahung und des Erotischen.
Schon als 16jähriger von der Tuberkulose schwer gezeichnet, stürzte sich Klabund in einen Wettlauf mit dem Tod und schrieb über siebzig Bücher. 1927 erschien sein damals populärer Gedichtband Die Harfenjule, eine Sammlung mit Chansons und volkstümlichen Balladen, feierlichen Gedichten sowie provozierenden und satirischen Versen. Eins der kuriosesten und schönsten Stücke in der Harfenjule ist das Porträt von „Bauz“ – ein offenbar kurioser Zeitgenosse, der als durch und durch sprachspielerisches und grammatisch-heiteres Geschöpf kenntlich wird. Durch eine kleine Buchstabenvertauschung wird dieses unbezweifelbare Wesen zum „Kauz“.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010
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