Norbert Hummelts Gedicht „weißrussischer toast“

NORBERT HUMMELT

weißrussischer toast

allein die suppe ist schon ein gedicht
doch erst der cognac, das begreifst du nicht
wie unbeschreiblich ist das reisgericht!
die rote beete wie von selber spricht
wie mühelos läßt sich die welt  vergessen
wen gott sehr liebt, dem gibt er so ein essen
in worten, die von meinem vater kamen:
gut geschmeckt. lecker geschmeckt. amen.

nach 1997

aus: Norbert Hummelt: zeichen im schnee, Luchterhand Literaturverlag. München 2001

 

Konnotation

Das Romantische“, hat der 1962 geborene Norbert Hummelt in einer poetologischen Standortbestimmung ausgeführt, „ist eine Weise, die Dinge anzusehen als könnten sie unseren Blick erwidern.“ Und so geht der Autor in seinen Gedichten „auf augenhöhe allein mit den dingen“ – und versucht im innigen Schauen auf die Gegenstände ihr Geheimnis aufblitzen zu lassen. In den Blick nimmt er dabei nicht nur auratische Natur-Phänomene, sondern auch die unspektakulären Vergnügungen des Alltags.
Kleine kulinarische Sensationen kommen wie in diesem Ende der 1990er Jahre entstandenen Gedicht häufiger vor in Hummelts Poesie. Das Ich verweist dabei auch gerne auf seine Herkunftslandschaft: Die Köstlichkeiten haben dem rheinländischen Genießer „lecker geschmeckt“. So wie in anderen Texten „pudding u. schattenmorellen“ oder auch das Naschwerk „treets“.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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