RON WINKLER
Anschauung to go
Wald ist eine schöne Form von Agglutinierung.
die Bäume zum Beispiel verästeln sich in der Regel
perfekt und wirken trotzdem natürlich.
manchmal bewegt sich etwas zwischen den Zweigen.
meist ist es ein Ding oder eine Art
idyllische Information. ein geflügelter Raum
mit dem Potenzial, weitgehend richtig zu sein.
ich kann dir das gern mal brennen.
2005
aus: Ron Winkler: Fragmentierte Gewässer. Berlin Verlag, Berlin 2007
Wer den aufreizend ironischen Gedichten von Ron Winkler (geb. 1973) begegnet, mag den Eindruck gewinnen, der Autor habe die Naturdichtung und den Modus poetischer Wahrnehmung neu erfunden. Denn eine Natur als unversehrte Landschaft, in die sich ein lyrisches Subjekt emphatisch einfühlen könnte, gibt es hier nicht mehr. Natur ist nur noch über mediale Apparaturen oder in technischen Kontexten zu haben.
Winkler gibt sich als kühler Beobachter, als fast neutrales Aufzeichnungsmedium, das sich für die „Anschauung“ von Gegenständen oder Naturdingen nur unter technischen Aspekten interessiert. Auch bei seiner Thematisierung der romantischen Materie „Wald“ setzt er ganz auf seine Fachsprachen-Virtuosität bei der Einkreisung traditionsschwerer poetischer Stoffe. Winkler macht das zweifellos sehr elegant, mit idiomatischem Esprit und einer berückenden Fähigkeit zu kühnen Bildfindungen.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008
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