Federico García Lorca: Poesiealbum 27

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Federico García Lorca: Poesiealbum 27

Lorca/Picasso-Poesiealbum 27

MEMENTO

Wenn dereinst ich sterbe,
begrabt mich mit meiner Gitarre
unter dem Sande.

Wenn dereinst ich sterbe
zwischen den Orangen
und den guten Minzen.

Wenn dereinst ich sterbe,
dann begrabt mich, wenn ihr wollt,
in einer Wetterfahne.

Wenn dereinst ich sterbe!

 

 

 

Die farbigen Blüten seiner Metaphern

führen kein Vasendasein: sie entfalten sich am Gezweig eines seit alters langsam, beständig gewachsenen Stammes, dessen gesundes, breites, tiefes Wurzelwerk sie mit kräftigen Säften aus einer realen Erde nährt.

Enrique Beck, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1996

 

Mein Land braucht seinen Dichter

– Der im spanischen Bürgerkrieg ermordete Federico García Lorca war ein Feminist, Aktivist und überzeugter Demokrat. Das heutige Spanien könnte viel von ihm lernen. –

Während in meinem Heimatland über die Exhumierung des Diktators Francisco Franco aus dem monumentalen Mausoleum im „Tal der Gefallenen“ debattiert wird und man sich rechts und links auf die Wahlen vorbereitet, liegt der bekannteste und wichtigste spanische Dichter des 20. Jahrhunderts, Federico García Lorca, immer noch irgendwo in einem unbekannten Massengrab. Anfang des Jahres zerschlug sich die letzte Hoffnung, seine Überreste vielleicht in einem Park in der Nähe von Granada zu finden. Aber auch dort sei er nicht, sagten schließlich die Bodenanalysen. Wo ist er? Wir brauchen ihn und seine Werke mehr denn je. Sie könnten Antworten auf gegenwärtige Probleme liefern und uns noch einmal die so notwendige Empathie lehren, die wir in diesen Tagen so sehr vermissen.
Meinen ersten Kontakt mit dem verschwundenen Dichter schulde ich meinem Vater. Er war ein engagierter Bibliothekar, unsere Wohnung in Granada ähnelte einer Niederlassung der öffentlichen Bibliothek: Pausenlos wurden geliehene und eigene Bücher hinein- und wieder hinausgetragen. Aus den vielen Büchern, die sich dort befanden und unter denen Lorca einen ganzen Stapel einnahm, las mir meine Mutter einmal „El lagarto está llorando“ vor. Es ist ein Kindergedicht aus dem Buch Canciones, das Lorca im Jahr 1921 veröffentlichte. Die Verse des Gedichts erzählen von einem Eidechsenpaar, das seine Trauringe verloren hat, und beschreiben anhand dieser absurden Gestalten das Gefühl des Verlustes. Bis heute habe ich diese Zeilen im Kopf:

Oje, wie sie weinen und weinen
oh jemine, wie sie weinen

Manchmal bilde ich mir ein, dass Lorca uns, gewollt oder ungewollt, schon damals auf sein eigenes Verschwinden vorbereitete, und die Leere und den Schmerz, den das Verschwinden nach sich ziehen würde.

Der Dichter und der Diktator
Federico García Lorca, geboren 1898, wurde im August 1936 in der Nähe von Granada – so genau weiß das niemand – von den Faschisten ohne Urteil erschossen und vergraben. Die Vorwürfe: „Sozialismus“, „Freimaurerei“ und „homosexuelle Handlungen“. Der spanische Bürgerkrieg hatte gerade begonnen und war ein blutiges Vorspiel des Zweiten Weltkrieges. Der Krieg zerriss unser Land in zwei Teile – die Zweite Republik und Francos faschistischen Nationalkatholizismus –, zerstörte Familien und das blühende Kulturleben des Landes. Künstler wie Pablo Picasso oder der Dichter Manuel Machado gingen ins Exil. Über Lorcas Tod wurde nicht gesprochen. Francisco Franco, der aus dem Konflikt entstandene Diktator, verbot die Debatte.
Für mich dient der Dichter bis heute als Projektionsfläche unserer sozialen und politischen Sehnsüchte und all jener Themen, die in unserer Gesellschaft unausgesprochen bleiben. Lorca war ein Homosexueller, ein Feminist, ein Aktivist für das öffentliche Bildungswesen und gesellschaftliche Randgruppen und ein überzeugter Demokrat. Gleichzeitig gelang es ihm in seinen Theaterstücken und in seiner Lyrik das Volkstümliche und die Avantgarde zu vereinen. Dafür habe ich ihn schon als Jugendlicher bewundert, obwohl ich mich immer gefragt habe, wie er das damals eigentlich geschafft hat: progressiv leben und schreiben, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren? Mal ehrlich: Wie wurde ein Mann aus der Oberschicht ein Feminist?
Richtig rekonstruieren lässt sich der Weg zum Kämpfer für Gleichberechtigung nicht. Aber so viel steht fest: Er war es in seinen Werken. In seinem Theaterstück Yerma erzählte er bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von einer unglücklichen Frau auf dem Land, die keine Kinder bekommen konnte, und führte vor, wie begrenzt der Raum für Frauen war, wenn sie ihre Rolle als Mutter nicht erfüllten. Das Stück war eine Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen und wollte Frauen aus dem engen Korsett ihrer Zeit befreien. In einem anderen Drama, La Casa de Bernarda Alba, unterwirft eine Witwe ihre Töchter klosterähnlicher Bewachung, aus Angst vor deren Freiheit. In der letzten Szene des Dramas findet eine der Töchter jedoch die Kraft, sich selbst zu befreien: „Ich könnte ein gebäumtes Pferd mit meinem kleinen Finger stoppen“, sagt sie und schreit:

Es ist vorbei mit den gefangenen Stimmen.

Auch in der faszinierenden Gedichtsammlung Romancero Gitano wird die Gewalt gegen und die Unterdrückung von Frauen thematisiert. Diese Themen sind schon deshalb hochaktuell, weil der junge Chef der konservativen spanischen Volkspartei beispielsweise weiterhin darauf beharrt, das Recht auf Abtreibung zu begrenzen, und die neue rechtspopulistische Partei Vox versammelt bereits zahlreiche Anhänger – und nicht wenige Anhängerinnen – hinter sich, gegen das, was sie als „Genderideologie“ bezeichnen.

Wie hatte unsere Stadt ihn so im Stich lassen können?
Es verwundert nicht, dass 2019 ausgerechnet eine Frau dafür sorgt, dass der Dichter nicht in Vergessenheit gerät. Während meines letzten Besuches in Granada konnte ich mit Laura García Lorca sprechen, Nichte des Dichters und Präsidentin der gleichnamigen Stiftung. „Lorca war ein gehaltvoller und komplexer Künstler, der Granada in die Moderne führte“, sagt sie bewundernd über ihren Onkel und zeigt sich zufrieden mit dem frisch inaugurierten Lorca-Kulturzentrum. Vor Kurzem wurde das Vermächtnis des Lyrikers hierhin gebracht, bestehend aus Manuskripten, Erstauflagen, Korrespondenzen, Fotografien, seiner privaten Buchsammlung, Gemälden seines Freundes Dalí und sogar zarten Zeichnungen aus Lorcas Hand.
Während ich in den Räumen stehe, die das Vermächtnis beherbergen, erinnere auch ich mich wieder an den Moment, als ich zum ersten Mal verstand, dass mein Dichterheld verschwunden war: An einem kalten Wintertag fuhr ich als Jugendlicher mit dem Bus bergauf nach Víznar, ein Dorf in der Nähe von Granada. Plötzlich zeigte eine Freundin, mit der ich den Tag verbringen wollte, auf einen Punkt und behauptete:

Guck mal, in dieser Schlucht wurde Lorca getötet.

Vor Kurzem hatten wir im Unterricht sein Theaterstück Yerma gelesen. Ich schwieg für den Rest der Fahrt und des Nachmittags. Wie hatte unsere Stadt ihn so im Stich lassen können? Wieso hat sie nicht wenigstens seinen Leichnam retten können? Er hatte sie im Gegenzug in seiner Poesie doch so verehrt. Lorcas Liebe zu seiner Heimatstadt Granada war eine der wenigen, die er öffentlich machen konnte.

Das Intime und die Ausgegrenzten
Lorca, das beweisen seine Verse, litt oft wegen seiner Art zu lieben:

Fliehe von mir, heiße Eisstimme
ich will mich nicht im Dickicht verlieren
dort stöhnen fruchtlos Fleisch und Himmel

1919 ging Lorca im Alter von 21 Jahren in die Madrider Eliteschule Residencia de Estudiantes, in der er einen sehr jungen Salvador Dalí kennenlernte. Über die mehr oder weniger intime Beziehung zwischen den beiden wurde viel geschrieben. Auf einem Bild sieht man, wie sie sich an einem katalanischen Strand umarmen, auf einem anderen posieren sie Hand in Hand. Heute würden sich vor allem junge Spanier meiner Generation für solche Gesten kaum interessieren, damals war das revolutionär.
Obwohl Dalí immer behauptete, nicht homosexuell zu sein, zeigt die Korrespondenz zwischen den beiden eine Art Liebe, die vielleicht nur sie verstanden und die sie vielleicht auch unterschiedlich interpretierten. In einem Brief schrieb Dalí dem Dichter:

Du bist ein christlicher Sturm und brauchst meinen Paganismus […] ich werde dich suchen und dich am Meer heilen. Es wird Winter und wir werden das Feuer anzünden.

Er fragt Lorca: „Liebst du mich?“, und gesteht:

Ich lieb’ dich sehr.

In einem anderen Brief beschreibt Lorca seine Liebe zu Dalí als „eine warme Goldmünze in meiner Hand, die ich nicht loslassen kann“. Das Ende kam, als sich Dalí 1928 über Lorca lustig machte:

Ich habe dich gesehen, wie du eine kleine Bestie bist, eine kleine erotische Bestie mit deinem Sex und deinen kleinen Augen.

Nach der Distanzierung von Dalí verliebte sich Lorca bis über beide Ohren in einen jungen Bildhauer, der ihn jedoch wegen einer Schauspielerin verließ und nach dem Krieg Büsten für Francos neue Aristokratie anfertigte. In Depression versunken reiste Lorca 1929 nach Amerika, wo er seine Avantgarde-Gedichtsammlung Poeta en Nueva York schuf. Die Liebestragödie verfolgte ihn auch nach seinem Tod: Seine letzte Liebe, Rafael Rodríguez Rapún, wurde 1937 von Faschisten ermordet. Für die Homosexuellen im Land begannen vierzig Jahre Unterdrückung, ohne die man den starken Aufstieg der LGBT-Bewegung in den Achtzigerjahren in Spanien nicht verstehen kann. Wie hätte Lorca den Wandel des katholischen Landes hin zu einer sexuell toleranten Gesellschaft erlebt? Hätte er seine Liebesgedichte ganz anders geschrieben?

„Ich werde nie politisch. Ich bin revolutionär“
Die Toleranz hat in Spanien immer wechselnde Grenzen. Nicht nur in Fragen der Sexualität. Die Spanier geben sich in Umfragen sehr offen gegenüber Migration. Trotzdem wächst ein neuer Rechtspopulismus, der „illegale“ Migranten entmenschlicht und alles Nicht-national-Katholische lächerlich macht. Es herrscht die Angst, dass „uns das Wenige, was wir noch haben, weggenommen wird“. Das sind jedenfalls die Sätze, die man auf den Straßen hört. Auch hier könnte Lorca uns den Weg zeigen: Seine Thematisierung der andalusischen „Zigeuner“ in Romancero Gitano macht die Sorgen und Probleme der zum gesellschaftlichen Rand Ausgegrenzten sichtbar. (Das Wort „Zigeuner“ wird in Spanien nicht als abwertend empfunden, sondern von den Angehörigen mit Stolz benutzt.) Er schrieb:

Oh Zigeunerleid
Reiner Leid, immer allein

Aussöhnung statt Instrumentalisierung
Lorca war ein Dichter, der wusste, dass Kultur auch ein demokratisches Werkzeug sein konnte. Während der Zweiten Spanischen Republik (1931–1936) gründete er La Barraca – ein Wandertheaterkollektiv, das Anwohnerinnen und Anwohnern ländlicher Regionen das Theater näherbrachte. Obwohl er Manifeste für die Sowjetunion und gegen die portugiesische Diktatur unterschrieb, versuchte er am Ende unparteiisch zu bleiben: „Ich werde nie politisch. Ich bin revolutionär, weil es keinen echten Dichter gibt, der kein echter Revolutionär ist“, sagte er 1936, wenige Monate vor seinem Tod. Lorcas Ermordung machte ihn zum Mythos der spanischen Linken – jedoch übertrifft seine Figur die Einfachheit des Parteiischen, sie ist universell.
Sein erstes erfolgreiches Theaterstück aus dem Jahr 1927, Mariana Pineda, war eine Lobschrift an eine Ikone des frühen Liberalismus, eine junge Frau aus Granada, die die Absolutisten Anfang des 19. Jahrhunderts hinrichteten. Lorca war befreundet mit der katalanischen Schauspielerin Margarita Xirgu – die Mariana Pineda spielte – und unterschrieb 1924 ein Manifest gegen das Verbot der katalanischen Sprache in der Diktatur von Miguel Primo de Rivera. Das verbindet ihn mit Katalonien und dem Verständnis von Spanien als vielfältiges Land jenseits der kleinen und großen Nationalismen von damals und heute. „Ich bin Bruder aller und verabscheue den Mann, der sich für eine nationalistische und abstrakte Idee opfert, nur weil er blind sein Vaterland liebt“, sagte er in einem Interview. Auch das könnte er: uns Spanier mit uns selbst versöhnen.
„Ich will eine Weile schlafen, eine Weile, eine Minute, ein Jahrhundert; alle sollen wissen, dass ich nicht gestorben bin; es gibt einen Stall aus Gold in meinen Lippen“, schrieb er einmal. Es klingt fast flehend. Wenn er wüsste, dass er, anders als sein Antagonist Franco, niemals eine würdige Bestattung bekommen hat. Dass sich die Erde nie geöffnet hat, um diese Wunde zu schließen. Mein Land braucht seinen Dichter. Befreien wir wenigstens seine Bücher von ihrer Staubschicht. Es ist Zeit.

Juan F. Álvarez Moreno, Die Zeit, 26.4.2019

Totenklage um den gefallenen Freund

Das Leben FEDERICO GARCÍA LORCAS verlor sich vor nahezu siebzehn Jahren irgendwo an den Feldwegen um Fuente Vaqueros. Ins dunkle Erdreich fiel die Trauer Spaniens wie ein tiefschwarzer Stein aus dem Himmel. Die Trauer wird bleiben, denn sie stammt aus der gleichen Wurzel wie das Werk des Toten: der Liebe…
Wenn die Hast stehenbleibt an den Ecken des Nachmittags, oder wenn sich der Mond zeigt in den Pappeln am Abend, gibt es heute viele seiner Landsleute, denen wieder bewußt wird, wie sehr sie Federico liebten. Sie verhalten sich still in dieser unwirklichen Luft, die eine Reminiszenz ist an Gegenständen aus schmalgebogener Bronze oder Silber und an Papierrosen, wie man sie zur linken Seite der Spiegel steckt…
Federico García Lorca wurde als Sohn eines begüterten Bauern und einer Lehrerin ein Jahr vor der Jahrhundertwende in einem Dorf der Landschaft um Granada geboren. Von seinen Eltern bekam er die ihn bestimmende Mischung von urtümlicher Erdverbundenheit spanischer Bauern und dem Vermögen, die feinsten Regungen der menschlichen Seele spielerisch zu erfassen. Seine Eltern übersiedeln nach Granada, in die Stadt, zu der er immer wieder zurückkehren wird. Federico beginnt mit seinem Studium. Zuerst das Colegio in Almeria. Dann Madrid und später New York. Seine Fächer sind Philosophie, Jus und Literaturgeschichte. Erste Prosa wird kein Erfolg. Ähnlich geht es dem Theaterstück Die Hexerei des Schmetterlings, das 1919 in Barcelona durchfällt. Lorca schreibt weiter Gedichte. Sie werden gedruckt und vor allem die zwischen 1924–1927 entstandenen Zigeunerromanzen lösen Echo aus. Die in herkömmlichem Romanzestil verfaßten Lieder sind aber keineswegs Nachahmungen der Klassiker, sie sind avantgardistisch und werden bald Bestandteil der andalusischen Folklore. Lorca rezitiert seine Gedichte bei Lesungen, die ihn durch ganz Spanien führen, so daß manche schon in den Volksmund übergegangen sind, ehe sie im Druck erscheinen. 1929 führt Lorca seine stark aus dem Surrealen geschriebene Tragödie Mariana Pineda auf. Bald darauf folgt die Komödie Don Perlimplin und Belisa. Während seiner Amerikareise 1930 entsteht der lyrische Zyklus Der Dichter in New York, überwältigend durch seine Fülle blutvoller Bilder. Zusammen mit dem Dichter Rafael Ugarte leitet er eine ambulante Theatergruppe, die hauptsächlich aus Studenten besteht. Er inszeniert Lope de Vega in prächtigen Ausstattungen und die anderen Klassiker der spanischen Schaubühne. Bis zum Jahre 1935 fügt er seinem dramatischen Werk noch die Bluthochzeit, Yerma, Dona Rosita und das Haus der Bernarda Alba hinzu.
Sein letztes und reifstes lyrisches Werk aber wird Die Klage um Ignacio Sanchez Mejias. Diese Totenklage um den in der Arena gefallenen Freund, ein Kranz von vier Gedichten, stark und unmittelbar wie Hornstöße, könnte für Lorca selbst geschrieben sein. Ihr Einfluß auf die Lyrik unserer Zeit ist noch nicht abzusehen… Seine Fragmente verlieren sich unwiederbringlich im barbarischen Dunkel der nun folgenden Zeit. Zu Beginn des spanischen Bürgerkrieges wird er, der nur Lyriker und nie Politiker war, als Geisel, vielleicht aus Versehen, erschossen und in einem Massengrab verscharrt.
Laßt uns, indem wir seiner gedenken, eine Blume auf die Landkarte Spaniens legen.

H.C. Artmann, aus The Best of H.C. Artmann, herausgegeben von Klaus Reichert, Suhrkamp Verlag, 1970

 

Tim Buckley mit seinem Song „Lorca“ von 1970

 

Rudolph Kieve: Federico García Lorca, Merkur, Heft 44, Oktober 1951

Jorge Guillén: Federico García Lorca, Merkur, Heft 175, September 1962

Hans-Jürgen Heise: Ein Andalusier wie kein anderer

Hans-Jürgen Heise: Lorca zwischen Granada und dem Kulturbetrieb

Hans-Jürgen Heise: Die Mörder waren keine Zivilgardisten. Dossiers zum Tod Federico García Lorcas.

Peter Jungblut: Darum wird im Mordfall García Lorca nicht mehr ermittelt

 

 

FUENTES VAQUEROS
Für Federico García Lorca

Federico, FEUER FÜR DEINE ASCHE, das Licht im Patio
Deines Hauses auf dem Foto vor weißer Wand
im März, Augenblick durchs Fenster des Kinderzimmers
Vor der Schule die Uhr, der Riß im Gemäuer
Unter deinem Namen. Aus der Kirche schreiten Mädchen
Schwarz gekleidet durch weißen Sonntag

Herein! Herein! ruft ein trauriger Museumspriester
Wir bücken uns schweigend auf dem Weg vom Klavierzimmer
In die Küche. An allen Orten kein Wort
Über deinen Tod in Fuente Grande, zehn Meilen entfernt

Ein Mißgeschick der europäischen Kultur

Schuld tragen immer die Opfer, seit je
Gaben sie Anlaß gehorsamen Tätern

Hier stehe ich, blinzelnd, das Foto beweist es
Überdrüssig im trockenen Nachmittag. Kein Blut
Auf den Straßen, nur Schweigen vor deinem Haus
Wo du wie alle Kinder Himmel erfandest

Ein Maschine zu werden lag mir nah, in diesem Moment
Eine den Tod verdauende Maschine in der Vega hinter Gittern
Der Streichholzbäume. Das Gift der Vergangenheit
Unschädlich machen ohne Verrat, Federico, gelingt nicht

Durch den Himmel des Fotos irrt eine Möwe auf ihrem Flug
Von Cádiz nach Granada, über die Kapuzen der Sierra
Durch die Kapuzen der Prozession vor der Kathedrale

Die Zeitungen heute eröffnen, auch Rafael sei
Schuldig politischer Träume und verdammt
Ins Unleserliche! Ich bin es fast müde
Mich zu wehren gegen den Sieg der Niederlage
Wie viele, meinst du, würden, wären sie mächtig
Uns teeren und federn bei titanischen Feiern
In gläsernen Fitnesscentern?

Wie vor hundert Jahren liegt das Dorf doch es bleibt
Wahrheit, Federico, du wurdest erschossen von einem
Granadischen Francisten an einem Tag wie diesem
In einem Land auf dieser Erde, in Anwesenheit aller

Hans-Eckardt Wenzel

 

 

Fakten und Vermutungen zum Poesiealbum + wiederentdeckt +
Interview
50 Jahre 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6

 

 

 

Fakten und Vermutungen zum Übersetzer + Kalliope + UeLEX

 

 

Zum 25. Todestag des Autors:

Salomé Kestenholz: Federico Garcia Lorca
Die Tat, 19.8.1961

Zum 100. Geburtstag des Autors:

Sylvia M. Patsch: Die Stimme aus dem Innersten
Die Furche, 4.6.1998

Zum 85. Todestag des Autors:

 

 

Zum 125. Geburtstag des Autors:

Jens Grandt: Das andalusische Genie
nd, 4.6.2023

 

 

Fakten und Vermutungen zum Autor + ErinnerungenIMDb +
Internet Archive + Kalliope
Porträtgalerie: Keystone-SDA


Federico García Lorca – Porträt, Teil 1/7.

 

Federico García Lorca – Porträt, Teil 2/7.

 

Federico García Lorca – Porträt, Teil 3/7.

 

Federico García Lorca – Porträt, Teil 4/7.

 

Federico García Lorca – Porträt, Teil 5/7.

 

Federico García Lorca – Porträt, Teil 6/7.

 

Federico García Lorca – Porträt, Teil 7/7.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

0:00
0:00