Alfred Grünewald: Poesiealbum 349

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Alfred Grünewald: Poesiealbum 349

Grünewald/Kokoschka-Poesiealbum 349

DÜSTERER PARK

Zwischen Dickicht dort die schmale Lichtung
schwindet schon dem Blick. Der Niedrung Kühle
schauert auf: ein Anhauch der Vernichtung.
Über dir von Wolken ein Gewühle.

Zum Idol des Brunnens, das dich rührte,
lenkst du die betörten Schritte wieder,
auf verwaistem Weg, der dich verführte.
Leuchten noch des Marmels keusche Glieder?

Wird der Gott dir späten Gruß verstatten,
wenn kein Stern am schweren Himmel funkelt
und des Abendengels Riesenschatten
das Getal der Seelen überdunkelt?

 

 

 

Alfred Grünewald

Eine Übersicht über die österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts erwähnte ihn 1945 noch. Zwar hatte er mit seinen Balladen, lyrischer Dichtung, Aphorismen und Dramen auch zu Lebzeiten kein Massenpublikum erreicht, aber in der Nachkriegszeit war er bald vergessen. Nur eine Gedichtsammlung und seine Aphorismen erinnerten noch kurzzeitig an den 1942 in Auschwitz ermordeten Dichter, dessen Werk somit – wie das vieler Leidgenossen – durch den hitlerschen Vernichtungsprozeß und die gleichwirkende Nachkriegsverdrängung erloschen war.

Ankündigung in Christoph Kuhn: Poesiealbum 348, MärkischerVerlag Wilhelmshorst, 2019

Stimmen zum Autor

Zudem ist es, als müsse er sich umgrenzen und abgrenzen, ein Selbstporträt, ein Denkmal hinterlassen – als schreibe er an gegen die Angst vor einem spurlosen Verschwinden… Die Wiederentdeckung seines Werkes erscheint schon alleine gerechtfertigt, um Urteil und Vergessenheitsdiktat der Nationalsozialisten aufzuheben.
Marion Löhndorf

Grünewalds Lyrik ist unter eine einzige, zugleich holde und furchtbare Notwendigkeit gestellt: unter die des Eros, und zwar eines durchaus antik verstandenen Eros, der weder die Sanftmut der christlichen Caritas noch gar die Laxheit der liberalen Erotik von heute kennt. Grünewald ist in jedem Betracht ein direkter Nachfahr Platens; der einzige legitime Nachfahr, sowohl was den lyrischen Formenschatz als auch was die seelische Nuance betrifft. Nichts ist Manier, sondern alles Stil.
Franz Golffing

Witz und Satire der Romantik sind bei Grünewald Inspiration. In der Natur und ihren Daseinsäußerungen sieht er bewußte Lebenstätigkeit. Er setzt nicht die Welt in Empfindungen um, sondern Empfindungen in Welt. Über den Ernst ist Grünewald zum Humor fortgeschritten, der köstliche Früchte zeitigt. Er hatte keine Vorbilder, fand bisher keine Nachahmer. Der Einsame im Leben ist er auch in der Poesie.
Ernst Mannheimer

Grünewalds Texte erscheinen mitunter im Gewand des romantischen Fragments, wie es Novalis zu einer höchsten Kunstform entwickelte. Diese Dichtungsart meint es ernst.
Max Fleischer

Seine originellen Texte mit ihrem versteckten Humor und der Zartheit ihrer Verse verdienen das Wiederentdecken.
Gabriele Meyer

MärkischerVerlag Wilhelmshorst, Klappentext, 2019

Poesiealbum 349

Grünewald – von Beruf Architekt, von Berufung Lyriker – war Anfang des vorigen Jahrhunderts fester Bestandteil der österreichischen Literatur. Zusammen mit Stefan Zweig, Felix Braun u.a. reihte er sich in die „Zweite Generation des Jungen Wien“ ein; als Anhänger der lyrischen Form entzog er sich jedoch dem literarischen Zeitgeist – avantgardistische Sprachzertrümmerung war ihm zuwider. So leistete er verblüffend Originelles und formal Meisterhaftes; die Nazis adelten ihn im Stürmer mit der Prognose, „auch einmal zu den verpönten Autoren“ zu gehören, um ihn wenig später als Juden zu ermorden. — Seine Gedichte aus der Zeit höchster Not offenbaren einen liebevollen, empfindsamen, leicht verletzlichen Menschen.

MärkischerVerlag Wilhelmshorst, Klappentext, 2019

 

Fakten und Vermutungen zum Poesiealbum + wiederentdeckt +
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Fakten und Vermutungen zum Autor

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