LYDIA, DES LINKEN LUDERS, LAMENTO
Küß mich, Sitte, Sitte, küß mich,
but mit Biß, bis ich verschwemm.
Bitte, Bulle, sag nicht, „Is nich“,
das ginge gegens BTM.
Diesenfalls verbrächt ich Ostern
Zu Kaufbeuren in Klostern,
euren teuren Kontrollen
ganz leise entronnen,
im Kreise der Nonnen
euch Greisen zu grollen.
(Und wenn ihr wähnt, ich reimte schlecht,
so wisset, in mir keimte Brecht!)
Norbert Tefelski ist für mich ein literarischer Cartoonist. Weil er die Berlin Szene kennt (wie kaum ein anderer), ist er ein Berliner Szene-Autor: (Früher sprach man von Bohème!). Freilich nur, weil er dazu auch das Handwerkszeug hat! Das richtige Ohr für Aufgeschnapptes, für Anklänge (an Morgenstern, Ringelnatz, Brecht und Jandl), das richtige Auge für aktuell Boschianisches und Breughelianisches, den richtigen Sinn für karikaturistische Pointierung, auch für Satirisches und natürlich für abrupte Abbrüche, Versprecher und Sprachspielerisches (was ihm, pardon, auch das Reimen, noch einmal erlaubt)! Iss das nich der, der vor Jahren die prima-avantgardistische Zeitschrift KULTuhr herausgegeben hat, höre ich fragen – sage Ja, dabei auf ihn selbst hinüberdeutend, wie er hier und dort in Berlin immer wieder mal auftaucht: mit leiser, gedämpfter Stimme zwischen den Zähnen, den Hut aus der Stirn geschoben: „Ist der brave Gast am Tresen / wohlversorgt zur Rast gewesen, / wenn er ohne Hast dann geht, / sagt er dem, der ihn versteht: ‚Dank für Speis / und Dank für Trank / und all den Scheiß, / denn ich bin blank‘. / Wers erfaßt der lacht sich blöd“ – Passend zum Autor, zu Sujet und Stil seiner Poemata die skurrilen Vignetten-Zeichnungen Klaus Theuerkaufs, die den ganzen Band durchziehen und ihn so neben dem Lese- auch noch zu einem Guck-Buch machen!
Karl Riha, Frankfurter Rundschau
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