Adolf Endlers Gedicht „Sunlight Serenade“

ADOLF ENDLER

Sunlight Serenade

Und plötzlich geschminkt ihr Kußmund der spricht
Heute nicht
Heute gehts einfach nicht
Manchmal gehts eben nicht
Und heute leider nicht
aaaaaUnd ich starre ins trostlose Sommerlicht
aaaaaWeshalb mach ich denn meinen Laden nicht dicht
aaaaaLaß die Rolläden runter
aaaaaStatt der Tränen
aaaaaWas interessiert mich denn Cottbus
Was interessiert mich das Lausitzer Land
Was die Kundschaft von meinem Bockwurststand
Da wirds ohne mich Bockwürste geben
Was interessiert mich
Mein Leben

nach 1990

aus: Adolf Endler: Der Pudding der Apokalypse. Gedichte 1963–1998, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1999

 

Konnotation

Als unverbesserliche Lästerzunge, die dem fertigen Werk das Fragment vorzieht, hat der 1935 in Düsseldorf geborene und 1955 in die DDR ausgewanderte Adolf Endler den fortlaufenden Schelmenroman der DDR geschrieben. Das „Anschreiben gegen Festgeschriebenes“ und „die schwarzhumorig-phantasmagorische Poesie“ kultivierte der Eulenspiegel vom Ost-Berliner Prenzlauer Berg als poetische Obsession.
Unter den Pseudonymen „Bobbi Bergermann“, „Bubi Blazezak“ oder „Der irre Fürst“ entwickelt Endler seit den 1960er Jahren ein komisches Pandämonium der DDR und – nach dem Ende des SED-Staates – die Alltagsgeschichte eines stets frevlerisch aufgelegten Schriftstellers. In den 1990er Jahren entstand seine „Sunlight Serenade“ über eine ostdeutsche Bockwurstverkäuferin, die in ihrer Alltagstristesse alle Utopien verloren hat.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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