Hans Arps Gedicht „Opus Null (I)“

HANS ARP

Opus Null (I)

Ich bin der große Derdiedas
das rigorose Regiment
der Ozonstengel prima Qua
der anonyme Einprozent.

Das P. P. Tit. und auch die Po
Posaune ohne Mund und Loch
das große Herkulesgeschirr
der linke Fuß vom rechten Koch.

Ich bin der lange Lebenslang
der zwölfte Sinn im Eierstock
der insgesamte Augustin
im lichten Zelluloserock.

1924

aus: Hans Arp: Gesammelte Gedichte I. Gedichte 1903–1939. Hrsg. v. Marguerite Arp-Hagenbach. Arche Literatur Verlag, Zürich-Hamburg 1963, 2005

 

Konnotation

Das ist der heimliche Hymnus der Dada-Bewegung – ein hinreißendes Sprachspiel, eine phantastische Narretei und eine großartige Maskerade, inszeniert vom Bildhauer, Maler und Dichter Hans Arp (1887–1966), der mit Weggefährten wie Richard Hülsenheck und Hugo Ball das Cabaret Voltaire in Zürich begründete und die Sprache des Gedichts von allen Fesseln befreite.
Selten ist moderne Dichtkunst so konsequent sprachverrückt als wilde Assoziations- und Traummaschine betrieben worden wie in diesem 1924 entstandenen Text. Arp selbst sprach vom „automatischen Stil“ seiner „synthetischen“ Dichtung und setzte damit eine zentrale Forderung des „Surrealistischen Manifests“ um, das André Breton in Frankreich mit dem „Opus Null“ veröffentlicht hatte. In den drei weiteren Strophen des „Opus Null“ werden dem „Derdiedas“ jene Fähigkeiten zugeschrieben, die für die Dada-Bewegung wegweisend wurden: Der Lyriker ist „halb Zauberer halb Dirigent“.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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