Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Dichterische Philosophie (Teil 4)

Dichterische Philosophie

Der französische Lyriker Roger Munier

Teil 3 siehe hier

Und der Dichter? Roger Munier bezeichnet ihn schlicht als «Schreiber» (scriptor), verweist ihn und damit sich selbst in ein «neutrales» Exil, verpflichtet ihn auf «Abwesenheit», auf «Anonymität sogar; will heissen – er hat zurückzutreten hinter den Text, der nicht für ihn, den Autor, zu sprechen hat, sondern einzig für sich als Sprachwerk. «Wenn ich schreibe, spreche ich ‹in seinem Namen›», explizierte Munier 1990 in einem bekenntnishaften Vortrag im Collège International de Philosophie: «Die Berufung zum Schreiben ist ohne Zweifel die höchste, die es gibt.»

Die Selbstentmächtigung und das Verschwinden des Dichters haben mit Resignation nichts zu schaffen, vielmehr bezeugt gerade der Verzicht seine Autorität. Die hier angedeutete Analogie zum Schöpfergott, der sich von seiner Schöpfung zurückzieht, sie ihrem «Schicksal» überlässt, wirkt heute reichlich überzogen, nicht anders auch Muniers trotziges Eingeständnis, er schreibe letztlich nur für den abwesenden Gott und – für sich selbst.

… Fortsetzung hier

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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