Albert Ostermaiers Gedicht „faust aufs herz“

ALBERT OSTERMAIER

faust aufs herz

hier hängt er drin
in meiner brust
der alte sack &
kann nicht raus
aus seiner leder
haut & weiss
nicht mehr für
wen er noch ge
schlagen wird
geschlagen
schon genug
mit all dem
sand der ihm
aus seinen
nähten platzt &
platz macht
für ein neues
herz das schlägt

1990er Jahre

aus: Albert Ostermaier: Herz Vers Sagen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1995

 

Konnotation

Albert Ostermaiers (geb. 1967) expressive Großstadtpoeme und Liebesgedichte erzählen von den Aufbruchsphantasien „on the road“ und von der jähen Kollision romantischer Liebesträume mit den harten Desillusionierungen in einer von Widersprüchen zerklüfteten Alltagswelt. Seine poetischen Bilder sind in ihrer Plastizität den modernen Mythen des Films und den Bilderwelten der Comics entlehnt. Von Beginn an kreist seine lyrische Phantasie um das alte Schlüsselwort der Poesie, das „Herz“.
Das gestische Moment dieser neo-expressionistischen Poesie basiert auf einem atemlosen, staccato-haften Sprechen, einem sich beschleunigenden und dann wieder verlangsamenden Rhythmus. Es ist eine ungestüm vorwärts drängende Versrede, die durch kaleidoskopische Sinnverschleifungen einen eigentümlichen Reiz gewinnt. Fast immer tobt in diesen lyrischen Stenogrammen ein Extremismus der Leidenschaften, der sich stetig neu aufladen muss.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009

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