Gerhard Rühms Gedicht „hasen-ode“

GERHARD RÜHM

hasen-ode

hasen in hosen
lasen in losen
assen aus dosen
sassen in sossen

grasen im grossen
rasen in rosen
blasen mit blossen
nasen in moosen

aasen in posen
gasen und tosen
vergassen zu kosen
die hasen in hosen

1978

 

Konnotation

Unter den Autoren der Wiener Gruppe, der einflussreichsten Denkfabrik avantgardistischer Dichtkunst in den 1950er und 1960er Jahren, ist der 1930 geborene Gerhard Rühm der methodisch strengste Experimentator. Rühm war von der Musik zur Literatur gekommen und hatte sich mit seriellen Kompositionen beschäftigt. Die Übertragung von Homophonien in ein poetisches Sprachspiel ist ihm besonders schön in der 1978 entstandenen „hasen-ode“ gelungen.
In rhythmischer Gleichförmigkeit jeweils in fünf Silben von einem Substantiv oder Verb mit dem Vokal „a“ zu einem reimtechnisch passenden Substantiv oder Verb mit dem Vokal „o“ zu gelangen, ist das Bauprinzip dieser „Ode“. Nur in den letzten beiden Versen wird der Rhythmus fast unmerklich gewechselt – so entfaltet sich diese Hasen-Szene zu einem wunderbar-grotesken Slapstick von großer Komik.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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