Rolf Haufs’ Gedicht „Auf einem Bein“

ROLF HAUFS

Auf einem Bein

Nichts mehr los auf dem Hochstand
Was gäben wir für eine Wiederauferstehung
Pfiffe bieten wir an durch Zahnlücken
Der Dentist wundert sich über soviel Luft
Die jungen Apothekerinnen bieten Saft und Kapseln
Son Tinnef. Jetzt eine Ehrenrunde um den
Heißen Brei. Wir können nicht immer
An alles denken. Bleibt noch ein bißchen Wetter
Ein Lungenzug. Hüpfen Sie mal, sagt der Neurologe
Etwas elastischer! Etwas mehr geradeaus!

um 2000

aus: Rolf Haufs: Ebene der Fluß. Zu Klampen Verlag, Springe 2002

 

Konnotation

Der sarkastische Melancholiker Rolf Haufs (geb. 1935) hat sich hier einige grimmige Verse über die Misslichkeiten des Alterns einfallen lassen. Das Ich erscheint in diesem um 2000 entstandenen Gedicht als ziemlich wackliges Subjekt, das die Einflüsterungen der Jugendkult-Propagandisten im Praxistest zurückweist. All die Verheißungen der Jungbrunnen-Elastizität brechen buchstäblich in sich zusammen.
Rolf Haufs hat in seinen Versen so einige Exerzitien der Desillusionierung eingeschmuggelt. Ein Grundmotiv seiner Dichtung ist die unaufhaltsam verrinnende Lebens-Zeit, deren bedrückende Macht nur im Augenblick des Schreibens einen Moment lang außer Kraft gesetzt werden kann. Penibel vermisst der lyrische Melancholiker „die Geschwindigkeit eines einzigen Tages“, um am Ende mit dem immergleichen Vanitas-Gefühl und dem Schrecken vor der Leere dazustehen. So findet der Autor hier ein gewisses Vergnügen daran, die Unaufhaltsamkeit des körperlichen Verfalls zu glossieren.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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