ROLF HAUFS
Generation
Daß wir nicht Väter sind, die wir doch
Keine Väter hatten. Blutrote Kleider
Umgeschneidert umgefärbt
Mein erster Anzug
Ach Sohn, es fragte jemand mich nach dir
Ich sagte, es hätten die Söhne sich
Schon wieder geändert. Danach
Schlief ich wie tot
Und du Tochter, machst dir ein Bild
In deinen Augen verschwenderische Gedanken
Die ich lese, als könnten sie mich
Am Leben halten
Oh nicht noch einmal beginnen
Auf den Bergen brennt Feuer
Kein Krieg. Es ist. Kein Krieg.
1984/85
aus: Rolf Haufs: Felderland. Carl Hanser Verlag, München 1986
Mit einer ebenso einfachen wie prägnanten Gedichtsprache und mit dem bewußten Verzicht auf dekorative Metaphorik hat Rolf Haufs (geb. 1935) einen Gedichttypus geschaffen, der ganz auf die spezifische poetische Kraft der Erinnerung, der sarkastischen Beobachtung und sinnlichen Wahrnehmung vertraut. Im additiven Nebeneinander der Erinnerungsbilder überlagern sich individuelle und kollektive Geschichte.
Wie tief der Bruch zwischen der Kriegs-Generation der NS-Zeit und ihren Söhnen ist, vergegenwärtigt schon die Paradoxie der beiden Eingangszeilen. Nicht nur die Möglichkeit einer Identifikation zwischen Vätern und Söhnen wird hier negiert, sondern auch jede Form der Traditionsbildung. Die „blutroten Kleider“ der soldatischen Väter sind von Schuld besudelt. Deren Söhnen gelingt es ebenso wenig, mit ihren eigenen Kindern eine stabile, Gemeinsamkeit stiftende Verständigung zu erreichen.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009
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