Thomas Klings Gedicht „Hombroich-Elegie (14)“

THOMAS KLING

Hombroich-Elegie (14)

aber sie zirpen ja!
kurven und luftzug.

sprache der falken: sie zirpen
mitunter sich zu. zarte äugende sprache,

die hörbare zunge im anflug.
insgeheim beute, zirpen ja: beute,

charakter, vertrauen. sie zirpen
ja – damit ist vieles gesagt.

2001/02

aus: Thomas Kling: Sondagen, DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2002

 

Konnotation

In seinen letzten Lebensjahrzehnt lebte der Dichter und Spracharchäologe Thomas Kling (1957–2005) auf einer ehemaligen Raketenstation nahe der Museumsinsel Hombroich, einer klimatischen Schnittstelle am Nordrand der Kölner Bucht. Als „ekstatischer Sprachreisender“ betrieb er dort seine silben- und bild-zersprengende Dichtung bis zum Exzess. Hinzu kam auf der wild wuchernden Flora der Raketenstation die Sehnsucht, sich zarter Naturphänomene und kreatürlicher Wunder zu vergewissern – und auch die Möglichkeit, in ruhigen Bildern seine Wappentiere zu besingen, die Wespe und den Falken.
Den Geräuschen all seiner geliebten Flugtiere folgen die Bewegungen von Klings anmutiger „Hombroicher Elegie“. „Vertrauen“, das hier dem Falken zugeschrieben wird, ist ein seltenes Wort bei diesem Dichter. Zu viele Katastrophen sind den Landschaften, die er poetisch durchquert hat, widerfahren.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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