Kalauer

Der Gescheitere ist heute, der Kalauer weiss es, zumeist der Gescheiterte. Und er scheitert keineswegs besser als der Unbedarfte. Zu sagen hat er nichts mehr dort, wo alle – in der Talkshow, im TV-Quiz, auf der Leserbriefseite, im Chatroom und, vorläufig noch, beim Urnengang – mitzureden haben. Der Gescheitere ist der, der den Triumph der Mediokrität stört und deshalb marginalisiert, ruhig gestellt, vielleicht ausgetrieben wird; insofern ist er der Dumme, es sei denn, sein Aussenseitertum hat irgendeinen Unterhaltungswert oder bringe dem Zentrum irgendeinen Nutzen. Zum Beispiel die Möglichkeit, den blauäugigen Normalverbraucher x-fach zu klonen oder in immer noch kürzerer Zeit immer noch mehr Information zu beschaffen, für deren Verarbeitung es weder den dazu notwendigen Geist noch einen vernünftigen Grund gibt.

 

aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern

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