Achim von Arnims Gedicht „Petersilie“

ACHIM VON ARNIM

Petersilie

Was hab ich meinem Schätzlein zu Leide getan?
Es geht wohl bei mir her, und sieht mich nicht an;
Es schlägt seine Augen wohl unter sich,
Und sieht einen andern Schatz wohl lieber als mich.

Petersilie, das edle grüne Kraut!
Was hab ich meinem Schätzelein so vieles vertraut;
Vieles Vertrauen tut selten gut,
So wünsch ich meinem Schätzelein alles Guts.

Alles Guts und noch vielmehr,
Ach wenn ich nur ein Stündelein bei meinem Schätzgen wär;
Ein Viertelstündchen zwei und drei,
Damit ich mit meinem Schatz zufrieden sei.

vor 1806

aus: Des Knaben Wunderhorn

 

Konnotation

In ihrer populären Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn (1806–1808) haben die Romantiker Clemens Brentano (1778–1842) und Achim von Arnim (1781–1831) gerne von einem Täuschungsmanöver Gebrauch gemacht. Sie deklarierten zahlreiche Lieder als Produkte „unbekannter Dichter“, obwohl der Text in Wahrheit aus ihrer eigenen Dichterwerkstatt stammte. Wie dieses traurige Liebeslied über enttäuschte Sehnsucht, das Achim von Arnim geschrieben hat.
Arnims Klagelied handelt vom schmählichen Liebesverrat. Der enttäuschte Liebhaber thematisiert den Vertrauensbruch seines „Schätzeleins“ und kann dennoch nicht ablassen von seiner Hoffnung auf die Revitalisierung der Liebe. Eine Irritation erwächst aus dem Titel des Gedichts, der die Petersilien-Pflanze aufruft. Die Reinheit des „edlen grünen Krauts“ steht im Widerspruch zur Untreue der geliebten Frau. Das Lob der Petersilie darf man wohl auch als Anspielung auf mittelalterliche Hochzeits-Rituale lesen. Dort gab es das Brauchtum, mit verräucherter Petersilie böse Geister und Unglück vom Brautpaar abzuwenden.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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