Z.Zt. n.V. Arnim Sensers Gedicht „Romanze“

ARMIN SENSER

Romanze

Acht Jahre zwischen uns und Haut
und Haare, zusehends ergraut,
und dann und wann ein Pyjama.
Acht Jahre und kein Drama.

Acht Jahre. Eine kurze Zeit
für Schildkröten und Astronomen,
aber ein sicheres Geleit
für vergangene Omen.

Acht Jahre im Mittelpunkt,
was war es noch mal?
Irgendwie hat’s gefunkt.
Es war wohl banal.

Und blieb es auch bei acht Jahren,
wüchse aus der Niedergeschlagenheit
von zwei unschuldigen Ovalen
glatt eine Unendlichkeit.

2005/2006

aus: Armin Senser: Kalte Kriege. Gedichte. Carl Hanser Verlag, München 2007

 

Konnotation

Dem Schweizer Dichter Armin Senser (geb. 1964) verdanken wir die Wiederbelebung des politischen Zeitgedichts, das – in seinem Gedichtband Kalte Kriege (2007) – in grell-sarkastischen Bilderfolgen die Konflikte und Katastrophen der Epoche in den Blick nimmt. Senser versteht sich aber auch auf die Modernisierung altehrwürdiger Formen wie der „Romanze“, in der er auf den Spuren Heinrich Heines das Scheitern einer Liebe besingt.
Wie die Liebe Spuren eines Alterungsprozesses zeigt und schließlich vergeht – Senser hat das hier in kühne Reimbildungen und prägnante Bilder gefasst. Der Autor liebt die harte, originelle, treffende Fügung – sein Gedicht wird zu einem Prisma, das die Zeiten und Ereignisse und Empfindungen bündelt. In einer verblüffenden Volte wendet Senser den Vergänglichkeits-Befund in der Schluss-Strophe noch einmal in ein pathetisches Hoffnungsbild.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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