Christoph Wilhelm Aigners Gedicht „Wunschinsel“

CHRISTOPH WILHELM AIGNER

Wunschinsel

Ich hör und spür dich gern
Möcht für dich allein
auf einer Insel ein Lehnstuhl
mit großen Ohren sein
und dich umarmen können
wie das Wasser die Insel
die im Lichtschaum badet

1990er Jahre

aus: Christoph Wilhelm Aigner: Die Berührung. Gedichte. Deutsche Verlags-Anstalt, München 1993

 

Konnotation

Der österreichische Lyriker Christoph Aigner (geb. 1954) hat von Beginn seines Werks an entgegen allen modischen Literatur-Strömungen an einer impressionistisch grundierten Naturpoesie festgehalten, die auf die Verlässlichkeit einer sensibilisierten Wahrnehmung vertraut. Als „Gegenorte“ werden entrückte Garten- und Sehnsuchtslandschaften benannt, in denen das kontemplativ in sich ruhende Ich die Geheimnisse des Daseins aufsucht.
So erträumt der Autor auch auf der „Wunschinsel“, die er hier in emphatischer Unmittelbarkeit ausmalt, eine symbiotische Einheit von Subjekt und Natur. Die imaginierte „Insel“ erstrahlt in schönstem romantischen „Lichtschaum“, als habe es in der Moderne die Störungen und Gefährdungen eines idyllischen Naturbegriffs nie gegeben. Aigner setzt mit großer Beharrlichkeit auf die Auflösung jedweden Skeptizismus: Liebe und Natur sind bei ihm unauflöslich miteinander verbunden.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009

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