Oskar Pastiors Gedicht „a wird eintreten.…“

OSKAR PASTIOR

a wird eintreten. doch b kann warten. c wird d zu lange brauchen. e und f dürfen zu i und j. g und h betreffen und veranlassen k und l. erst kommt m und n vor o, doch rund s nach p und q. wird t gefolgt haben oder sein? u und v eröffnen w und x, zu machen y – und z und y machen zu. x und w eröffnen v- und u-sein – oder „haben gefolgt“. t wird q und p nach s und r, doch o vor n, und m kommt erst. l und k veranlassen und betreffen h und g, j und i zu dürfen. f und e brauchen lange. zu d wird c. warten kann b. doch eintreten wird a

um 1985

aus: Oskar Pastior: Kopfnuß Januskopf. Hanser Literaturverlag, München 1990

 

Konnotation

Die Dichter sind als sensible Beobachter der Sprachordnung nicht nur heimliche Gesetzgeber der Welt, sondern betreiben gelegentlich auf sehr eigensinnige Weise die Alphabetisierunq der Gesellschaft. Der siebenbürgische Wortkünstler und Sprachenregisseur Oskar Pastior (1927–2006) hat versucht, die 26 Buchstaben des Alphabets zu einem Gruppenbild zu versammeln. Dabei ging es ihm nicht nur darum, sie aufgrund ihrer Eigenschaften in eine angemessene Reihenfolge zu bringen, sondern auch die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den einzelnen Buchstaben zu klären.
Pastior selbst hat das Gedicht unter die Mitte der 1980er Jahre entstandenen „Wörterpalindromblöcke“ gerechnet, die eine spiegelbildliche Struktur mit dem gleichen Wortbestand anstreben und später im Band Kopfnuß Januskopf (1990) versammelt wurden. Als „Hauptperson“, so Pastior, fungiert hier die Syntax. In deren Raster erscheint der Wortbestand wie zufällig, ja auswechselbar.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

0:00
0:00