Rainer Maria Rilkes Gedicht „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“

RAINER MARIA RILKE

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

1899

 

Konnotation

Im Frühling 1899 reist Rainer Maria Rilke (1875–1926) gemeinsam mit dem deutsch-russischen Ehepaar Salomé zum ersten Mal nach Russland. Der Dichter zeigt sich enthusiasmiert von der Ursprünglichkeit und tiefen Religiosität des Landes, das er als Gemeinschaft der Brüderlichkeit und des Glaubens verklärt.
In seinem Stundenbuch, das unter dem Eindruck seiner zwei Russland-Reisen geschrieben ist und einen ersten Höhepunkt seines Frühwerkes darstellt, manifestiert sich eine mystische Gottesbeziehung, die auf kirchliche Bindung völlig verzichten kann. Im September 1899 ist dieses wohl berühmteste Gedicht des Stundenbuchs entstanden. Es steht dort im Ersten Teil, dem „Buch vom mönchischen Leben“. Spirituelle Erwartung, Ahnung von Vergänglichkeit und unmittelbare Beschwörung einer mystischen Gotteserfahrung liegen dicht beieinander. In späteren Gedichten rückt Rilke immer mehr von dieser Gottesgewissheit ab.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

10 Antworten : Rainer Maria Rilkes Gedicht „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“”

  1. Christine Khälß, MSc sagt:

    RAINER MARIA RILKE
    Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
    Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
    die sich über die Dinge ziehn.
    Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
    aber versuchen will ich ihn.
    Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
    und ich kreise jahrtausendelang;
    und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
    oder ein großer Gesang.
    1899

    Für mich sind die 2 letzten Zeilen eine Schilderung meines Lebens:
    Als Falke erkundete ich die Welt und lernte ihre Schönheit und auch, was es Schwieriges bringt.
    Im Sturm packte ich mein Leben, besser oder weniger gut mit all dem, was mir zugedacht war.
    Heute, mit 85, bin ich im Großen Gesang. Trotz vieler Schmerze und Beschwerden singt mein Inneres.
    Es bedurfte eines Genies wie Rilke, das Leben schon in jungen Jahren so deuten zu können.

  2. Amina sagt:

    Heute kam der erste Solosong und da dazugehörige Musikvideo von Jimin von BTS raus und sein Oberkörper war mit diesem Gedicht beschrieben. Rainer Maria Rilke wird in der K-Pop-Kultur nach und eröffnet mir wieder neue Aspekte. Passt grade gut zu meinem Leben. Danke Rainer und Jimin. 🙂

  3. Malak (butterfly) sagt:

    this poem focused on rings

  4. Raya sagt:

    Ich liebe Gedichte und schreibe sie selbst auch, ich wollte mir hier mal die interpretation anschauen und war geschockt als ich es auf deutsch auf Jimins Oberkörper sah…

    schon witzig Army ist überall

  5. Micha sagt:

    Super Song! Sehr kraftvoll (wie alle Lieder von BTS! Ich bin 61 Jahre alt und seit knapp 5 Jahren absoluter Fan von BTS! Ich glaube schon lange, dass sie (BTS) eine besondere Aufgabe erfüllen, um die Menschen auf den ‚richtigen‘ Weg zu führen!

  6. HEINZELMÄNNCHEN sagt:

    Es ist sehr wichtig, sich auch im Alter mit Lyrik zu beschäftigen und auch

    Gedichte auswendig zu lernen. Wie von Rilke: Ich lebe mein Leben….

    Es befeuert mein Herz und ich fühle mich glücklich. 84 Jahre…

  7. Redaktion sagt:

    KI verbildlicht Rainer Maria Rilkes Gedicht „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“

  8. Angelika Bleiholder sagt:

    Ich kenne keine bessere Artikulation, die ewige Suche nach dem eigenen Selbst – ob im präsenten Bewusstsein oder un- bzw. unterbewusst – darzustellen.

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