Raoul Schrotts Gedicht „Szenen der Jagd V“

RAOUL SCHROTT

Szenen der Jagd V

aaaaaaahappy hour · der himmel aus curacao zweifinger
hoch limettensaft dazu die amaretto-kirsche der sonne

aaaaaaader barkeeper gottes schüttelt nicht aber er rührt:
natürlich · doch dafür dekoriert er den abend mit strand

aaaaaaaschirmen aus papier: na was hältst du davon auf
einmal mit mir gelandet zu sein an der theke der see?

basel, 10.4.02

aus: Raoul Schrott: Weissbuch. Carl Hanser Verlag, München 2004

 

Konnotation

Der österreichische Universalpoet Raoul Schrott (geb. 1964) leistet sich manche Kühnheit bei der Wiederbelebung der alten Suggestions-Techniken der Dichtkunst. Hatte er in seinem Gedichtband Tropen (1999) die alte Kategorie des „Erhabenen“ eingekreist, so konzentriert er sich in den Reisebildern und Liebes-Poemen des Bandes weissbuch (2004) auf „das Heilige“. Das Heilige ist bei Schrott nahe dem Eros angesiedelt. In seinem Zyklus „Szenen der Jagd“ werden vor allem erotische Motive ausgemalt.
„Literatur“, hat Schrott eine seiner Figuren sagen lassen, „liegt für mich im Versuch, für archetypische Situationen und Emotionen die eine passende und allumfassende Formulierung zu finden.“ Auch in diesem Ausschnitt aus den „Szenen der Jagd“ will der Autor in einer Folge origineller Bildfindungen und der gewagten Metapher vom „barkeeper gottes“ gleichzeitig das Archetypische der Liebe wie die konkreten Phänomene selbst aufleuchten lassen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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