Unbekannter Autor Gedicht „Kinderreim“

UNBEKANNTER DICHTER

Kinderreim

Da droben auf dem Berge
Da ist der Teufel los
Da zanken sich vier Zwerge
Um einen Kartoffelkloß
Der erste will ihn haben
Der zweite läßt nicht los
Der dritte fällt in’ Graben
Dem vierten platzt die Hos

18. Jahrhundert

 

Konnotation

Der Kinderreim ist seit dem Mittelalter die einzige poetische Form, deren Nutzwert außer Frage steht. Denn diese ebenso einfachen wie einprägsamen Sageweisen und Beschwörungsformeln werden gebraucht – zur sozialen Orientierung im geselligen Spiel und zur Selbstverständigung. Im Sprachspiel sind anarchische Begebenheiten möglich – wie hier in der turbulenten Erzählung vom Zwergen-Streit um einen Kartoffelkloß.
Erstmals nachgewiesen ist dieser Kindervers im 18. Jahrhundert, wobei unterschiedlichste Varianten existieren. Einmal sind es nur zwei, dann wieder fünf Zwerge, die den hitzigen Streit um ein begehrtes Lebensmittel ausfechten. In der Version mit „fünf Zwergen“ wird das Gedicht auch als pädagogisch sinnvolles „Fingerspiel“ genutzt. Der Ausgangsvers „Da droben auf dem Berge“ eröffnet viele Kinder- und Marienlieder, die bereits in der legendären Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn zu finden sind.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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