Matthias Claudius’ Gedicht „Die Liebe“

MATTHIAS CLAUDIUS

Die Liebe

Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel
Und dringt durch alles sich;
Sie ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel
Und schlägt sich ewiglich.

1798/99

 

Konnotation

Dem literarischen Gedächtnis hat sich der Pastorensohn, Theologe, Journalist und Dichter Matthias Claudius (1740–1815) meist nur als Klassiker frommer Kalenderdichtung und anrührender Volkslieder eingeprägt. Aber er ist weit mehr – nämlich der größte Dichter der menschlichen Vergänglichkeit, der Kleinheit des Menschendaseins. Goethes Spott über den „Narren, der voll Einfaltsprätentionen steckt“, blamiert sich angesichts der herzrührenden Gedichte von Claudius über die Grundfiguren der menschlichen Existenz.
Das Gedicht über die Liebe als eine überzeitliche Elementargewalt ist um 1798 entstanden. Claudius hat das Epigramm in seine Sämmtlichen Werke des Wandsbecker Bothen aufgenommen, die er unter dem Titel Asmus omnia sua Secum portans (zu deutsch etwa: „Asmus, alles Seinige mit sich tragend “ von 1775 bis 1781 in acht Teilen veröffentlichte. Im sechsten Teil der „Sämmtlichen Werken“ findet sich die „Die Liebe“, neben einem weiteren Meisterstück des vierzeiligen Wohllauts, dem Gedicht „Der Tod“.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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