Felix Philipp Ingold: Aufs Wort (genau) – Gemeinhin …

Aufs Wort (genau) – Teil 1

 

A sentence uttered makes a world appear
Where all things happen as it says they do;
We doubt the speaker, not the tongue we hear:
Words have no word for words that are not true.
W. H. Auden, “Words”

 

Gemeinhin liest man, wenn man Poesie, literarische oder diskursive Prosa liest, Texte. Die Selbstverständlichkeit des Vorgangs – der Automatismus der Lektüre – lässt vergessen, dass Texte keineswegs homogen und kompakt gefügt, sondern vielfach segmentiert sind, vergessen auch, dass jeder Text nebst seiner Bedeutung auch eine eigenständige formale Beschaffenheit hat, weist doch der Text als sprachliche Textur weder in lautlicher noch in visueller Hinsicht signifikante Übereinstimmungen mit seiner Aussage auf.
Der Struktur nach sind Gebrauchstexte wie künstlerische Texte aus unterschiedlich formatierten Versatzstücken zusammengesetzt. Jeder Text baut sich auf (wird aufgebaut) aus separaten Einzelteilen – Kapitel, Absatz (oder Strophe), Satz (oder Vers), Wort; das Wort als kleinste selbständige Form- und Bedeutungseinheit ist seinerseits gefügt aus den unselbständigen Elementen Silbe, Phonem, Buchstabe. Isaak Babel, Grossmeister kleiner Prosa, hat dazu einst notiert: «Ich schreibe nicht seitenweise, sondern Wort für Wort.»

… Fortsetzung hier

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