Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Personalstil und Epochenstil (Teil 1)

Personalstil und Epochenstil

 

Stets sind es Personalstile gewesen, die die Literatur als Kunst vorangebracht haben. Villon, Rabelais, später Hölderlin, dann auch Rimbaud, Pound, Marina Zwetajewa; und andere mehr. Demgegenüber waren Epochenstile – etwa Barocklyrik, Klassizismus, Symbolismus, Surrealismus, Sozrealismus – in aller Regel bloss Ableitungen oder Ausfaltungen, schliesslich Synthetisierung und Standardisierung innovativer Personalstile. Selbst der Futurismus mit seinen Höchstanforderungen an individuelles urtümliches Schöpfertum ist in Italien wie in Russland nach kurzer Pionierzeit populistisch vereinnahmt und politisch instrumentalisiert worden.
Vollends im aktuellen Literaturbetrieb sind ausgeprägte Personalstile rar geworden. Bei der nachrückenden Schriftstellergeneration scheint es dafür kaum noch Interesse zu geben. Sperrige, sprachlich unangepasste Autoren – beispielhaft unter den Modernen: Welimir Chlebnikow, Antonin Artaud, William Faulkner, Clarice Lispector – gelten heute beim Publikum wie bei der Kritik als «schwierig», wenn nicht gar als «elitär», obwohl gerade sie, allem Elitären und Gediegenen abgeneigt, ihren unverkennbaren Stil aus dem Fundus der Gebrauchssprache entwickelt, diese aber auf jeweils eigene Weise literarisiert haben.

… Fortsetzung hier

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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