Martin Luthers Gedicht „Liebes Kind, lernest du wohl“

MARTIN LUTHER

Liebes Kind, lernest du wohl

Liebes Kind, lernest du wohl,
so wirst du guter Hühner voll,
lernest du aber übel,
So mußt du mit den Sauen essen aus dem Kübel.

nach 1510

 

Konnotation

Dem großen Reformator Martin Luther (1483–1546) hat die religionskritische Forschung eine Neigung zur schwarzen Pädagogik nachgesagt. Man beruft sich dabei auf Luthers Übersetzung der „Sprüche Salomos“, in denen es im 23. Kapitel heißt: „Du hauest ihn (den Knaben) mit der Rute; aber du errettest seine Seele von der Hölle.“
Neben seinem berühmten Kinderlied zu Weihnachten („Vom Himmel hoch da komm ich her“), in dem allen Gläubigen „eine gute Mär“ gebracht wird, finden sich auch lyrische Sprüche, in denen von Luther sehr drastische Erziehungsprinzipien empfohlen werden. Der pädagogische Lockvogel, der hier für den Appell ans Lernen eingesetzt wird, ist das Versprechen, dass Lernwillige später einmal gut zu essen haben werden, während den Lernfaulen nur der Weg zu den Schweinen bleibt.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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