31. Dezember
Für heute reicht’s.
Felix Philipp Ingold: Leben & Werk
30. Dezember
30. Dezember
Was bleibt, sind diese wenigen Zeilen und eine der magischen Stunden dieses Jahrs.
29. Dezember
29. Dezember
Mein Wunsch … meine Hoffnung ist, dass ich vorbehaltlos abnehmen kann, verzichten, vergessen, leichter werden, um noch dies und jenes in mich aufzunehmen, von dem ich bisher nichts weiß und nichts ahne.
28. Dezember
28. Dezember
Alles, was der Traum will, ist – mit dem Träumer zu schlafen.
27. Dezember
27. Dezember
Die Möglichkeit als eine spezifische Wirklichkeitsform zu begreifen und zu akzeptieren, statt sie, wie üblich, von ihr abzusetzen, sie qualitativ abzuwerten, das könnte ein neues Weltbild begründen, in dem Realität und Fiktion gleichrangig koexistieren.
26. Dezember
26. Dezember
es geht ihm weniger darum, über den vorliegenden Gegenstand zu schreiben als ausgehend von ihm.
25. Dezember
25. Dezember
So werden einst, denke und wünsche ich mir, die Sterne auf mich herab und in mich hinein sinken.
24. Dezember
24. Dezember
Was eigentlich … oder wer … kann mir überhaupt heilig sein? Und kann umgekehrt das Heilige überhaupt etwas oder jemand sein?
23. Dezember
23. Dezember
Schöne … reichlich romantische Vorstellung – wie wir am sogenannten Heiligen Abend im Gartenpavillon unter der Petroleumlampe zusammenrücken und gemeinsam auswürfeln, was – oder wen – wir nun feiern werden.
22. Dezember
22. Dezember
Bei aller Skepsis und Abwehr muss ich nun doch daran glauben – es ist die Zeit der Geschenke und Wünsche.
21. Dezember
21. Dezember
Denkt mit vollem Mund!
20. Dezember
20. Dezember
Mir wird ja mein strenges kritisches Urteil hin und wieder zum Vorwurf gemacht, aber offenbar bin ich für manche Zeitgenossen noch immer nicht deutlich genug.
19. Dezember
19. Dezember
Fragt sich aber doch … jedenfalls ich als Laie frage mich, weshalb keiner der großen Pianisten des 20. Jahrhunderts – kein einziger! – als Vermittler zeitgenössischer Musik angetreten ist. Eine vergleichbar reaktionäre Haltung ist in keinem andern Kunstbereich zu beobachten.
18. Dezember
18. Dezember
Dann komm ich eben am Sonntag zu einem schönen Brunch zu dir. Bringe was mit. Sing dir was vor.
17. Dezember
17. Dezember
»Mundfunk« ist heute naturgemäß nicht mehr angesagt.
16. Dezember
16. Dezember
Immer weniger verstehe ich … immer mehr bedaure ich, dass meine poetische Arbeit (nach wie vor das Beste, was ich zu bieten habe) in einschlägigen Anthologien nicht dokumentiert ist. Bleibendes Defizit?
15. Dezember
15. Dezember
nicht Systembildung, vielmehr Sinnbildung ist das Ziel dieses Denkens: Lebensphilosophie und Lebenshilfe in einem.
14. Dezember
14. Dezember
Keine noch so fixe Idee hält sich länger als die Tränenform des Alls.
13. Dezember
13. Dezember
Was für ein Ort, der nie Gehörtes wahrt! Auch eine Art zu bannen? Statt bloß Ja! und … aber Amen? Ja. Doch.
12. Dezember
12. Dezember
Man ist im 21. Jahrhundert angekommen. Ist man ins 21. Jahrhundert zurückgefallen?
11. Dezember
11. Dezember
In einem meiner Beiträge zur Malewitschforschung hatte ich einst vorgeschlagen, das ›Schwarze Quadrat auf weißem Grund‹ als einen opaken Text zu begreifen, mithin als einen undurchdringlichen schwarzen Satzspiegel, der alle möglichen beziehungsweise denkbaren, hier gleichsam einander überlagernden Texte virtuell enthält, aber keinerlei Bedeutung mehr freigibt.
10. Dezember
10. Dezember
Alles und noch viel mehr – das war lange Zeit meine Devise, der nachzuleben mich einiges an Substanz und Energie gekostet hat, zu viel … so viel, dass mir die Kraft für einen hochgemuten Schlussakkord vermutlich fehlen wird.
9. Dezember
9. Dezember
Wieder die Migräne: Schön ist die Angst fast eine Insel (Gerinnsel?). Auf der Stirnseite (Sturmseite?) des Schmerzes weiter nichts (nachts?).
8. Dezember
8. Dezember
Der gleiche Leser, der einen wortspielerischen Werbespruch oder den genannten Zeitungstitel problemlos begreift, scheitert an entsprechenden Formulierungen, wenn er sie in einem Gedicht vorfindet.
7. Dezember
7. Dezember
Wie die andern sein zu wollen, läuft aber auch darauf hinaus, das haben zu wollen, was andere ihr eigen nennen; und an dieser Stelle wird die Nachahmung zum Überlebenskampf.
6. Dezember
6. Dezember
Immer öfter wünscht man sich … wünscht sich einer wie ich, dass einem Hören und Sehen vergehn … dass einem die Sinne schwinden angesichts der despotischen Übermacht der Nichtigkeit.
5. Dezember
5. Dezember
Alles scheint um den Nullwert herum zu stagnieren – Temperatur, Windgeschwindigkeit, Libido, Luftblau, Appetit, Arbeitsmoral, Überlebensfreude.
4. Dezember
4. Dezember
Golf! Es gibt kaum eine Sportart, die mich dermaßen langweilt wie das Golfspiel und … aber es gibt auch keine andere, die so viele Analogien zum literarischen, vor allem zum lyrischen Schreiben aufweist.
3. Dezember
3. Dezember
Nicht die Krone, nicht das Szepter, der Reichsadler, der Apfel, der Hammer, die Sichel sind das adäquate Signum der Macht, sondern – die Leere
2. Dezember
2. Dezember
Die Zahl als solche wird zum Qualitätskriterium, beglaubigt den Erfolg, diskreditiert jeglichen künstlerischen Anspruch.
1. Dezember
1. Dezember
Also selber lesen, hingehen, hinsehen! Nicht sich abbringen lassen davon, mit jeder Vorgabe – Film, Bild, Buch – etwas anzufangen, etwas Eigenes, Eigensinniges.
30. November
30. November
Der Gruß hat mich die Idee gekostet.
29. November
29. November
Ein Katastrophentag. Wenn auch in Maßen. Aber doch dicht genug.
28. November
28. November
Neuartig – das heißt in diesem Fall, dass die Sprache nicht nur zum Transport von Begriffen und Argumenten eingesetzt wird, sondern auch als autonomer Generator von Problemstellungen und Problemlösungen.
27. November
27. November
Draußen vor der Tür steht das einundzwanzigste Jahrhundert.
26. November
26. November
Biografie und Ikonografie des Autors, der Autorin werden mit dem Werk so effizient enggeführt, dass man einen Roman, eine Prosa- oder Lyriksammlung heute mit unkritischer Selbstverständlichkeit als direkten literarischen Niederschlag persönlichen Erlebens wahrnimmt.
25. November
25. November
das Buch muss zur Rarität werden
24. November
24. November
Man ertappt sich beim Lesen persönlicher Nachrichten, die offensichtlich für jemand andern bestimmt sind, die einen also nichts angehen, die man aber doch selbst verfasst hat!
23. November
23. November
Ja, wo bin ich? Bin immer da, wo ich mir meiner nicht ganz sicher sein kann.
22. November
22. November
Die Poesie ist das Register in der literarischen Armatur, das ich am besten beherrsche – nein! – das ich am liebsten und am sichersten handhabe; das einzige, in dem ich mich wirklich souverän fühle und von dem ich weiß, dass ich es optimal nutze.
21. November
21. November
Ob man das Anliegen des Autors – Behauptung? Vermutung? Spekulation? Verarschung? – kapiert oder nicht kapiert, ist einerlei. Einerlei, was ich als Leser damit anfange.
20. November
20. November
Wie kommen die zahlreichen weiblichen und männlichen Vornamen in die Wetterberichte?
19. November
19. November
Was mich hinreißt, kann mich nicht auch noch beeinflussen oder gar prägen; was mich beeinflusst und prägt, reißt mich meist nicht sonderlich hin, lässt mich vielmehr einhalten, zusehen, nachdenken, Abstand nehmen, ist auch oft schwierig, wenn nicht unangenehm zu lesen.
18. November
18. November
wie ich in der Rolle Célines beim Zivilstandsamt die sofortige Geschlechtsumwandlung meines Namens fordere; wie alle alle hassen, verleumden, übervorteilen, ausnutzen, gegeneinander ausspielen und … und auf diese Weise sich wechselseitig vernetzen.
17. November
17. November
Dass dieser junge Mann aber zu meiner Lesung kommt, weil er im Roman gleichsam die existentielle … die zum Tod hin offene Spielart des Pokerturniers entdeckt zu haben glaubt, ist das wohl ungewöhnlichste Feedback, das mich als Schriftsteller bisher erreicht hat.
16. November
16. November
Pass auf!
15. November
15. November
Wie sollte … wie konnte ich dieses Vorbild vergessen haben?
14. November
14. November
Auch der November, mein bevorzugter Monat, gibt mir keinen Schutz mehr, keinen Aufschub.
13. November
13. November
Ein Rivarol täte gut … täte heute Not als Meisterdenker gegen jede Art von Korruption und Mediokrität, gegen den Scheintriumph der Quantität, gegen die Diktatur der Ratings, gegen Sprachverluderung und Denkfaulheit, gegen schlechten Geschmack, eitlen Gratismut, leerlaufende Trends.
12. November
12. November
Das Sagen steht bei ihm für die Aussage, ist Ausdruck seines Beschreibungs- und Benennungsfurors, treibt staunenswerte Sprachblüten, die gleichermaßen betäuben und erleuchten können.
11. November
11. November
Seit dem Kälteeinbruch letzte Woche nehme ich täglich – jeweils dann, wenn’s nicht weitergeht mit dem Schreiben und wenn kein entscheidendes Tennisspiel im Fernsehen übertragen wird – ein heißes Bad.
10. November
10. November
Was sich dem Verständnis entzieht, hat eine eigene … hat für viele Menschen eine eigenartige Faszination.
9. November
9. November
Ich bin endlich im Suizidhospiz angekommen.
8. November
8. November
Auch in verhältnismäßig geringen Dosen halten hier menschliche Niedertracht und menschliche Erniedrigung die Tyrannei einer ruchlosen, perfekt krawattierten Führungsclique aufrecht, die dank global durchgesetzter politischer »Korrektheit« keinerlei Einspruch zu gewärtigen hat.
7. November
7. November
Ich tendiere einmal wieder, wie oft in dieser Jahreszeit, zu einer diffusen, miesen Stimmungslage … zu einem privaten, unteilbaren, unmitteilbaren Mauvismus, einer Übellaunigkeit, die mich als mein eigener Seelenmulm übersteigt, mir den Tag vergällt, der Migräne Auftrieb gibt, mich zu lächerlichen Fehlgriffen und Missverständnissen verleitet.
6. November
6. November
Die Nichtübereinstimmung von Form und Inhalt bewirkt, dass der Satz als solcher, der Satz als künstlerisches Konstrukt umso deutlicher hervortritt.
5. November
5. November
»Unter den Verrückten gibt es auch die, die nicht verrückt sind.«
4. November
4. November
Die Lineatur der Schrift ist ebenso einzigartig wie die Linien der Hand.
3. November
3. November
Ich verschwinde, du verschwindest, er verschwindet, wir alle verschwinden – wo ist das Problem?
2. November
2. November
Die Vorsokratiker sind schwer zu behalten, und das Vergessen liegt mir nicht.
1. November
1. November
Reden ist Silber, Schweigen ist Ingold.
31. Oktober
31. Oktober
Aber geht das überhaupt – sich ganz dem Lesen hinzugeben, ohne sich des Gelesenen zu versichern?
30. Oktober
30. Oktober
Für mich eine neue Erfahrung – zu bezahlen für etwas, das man nicht haben will.
29. Oktober
29. Oktober
Statt Zeitungen zu lesen, könnte ich, denke ich, beim Frühstück auch eine Fremdsprache lernen, Georgisch für Geschäftsleute oder Iwrit in dreizehn Tagen, da käme ich wohl eher auf die Rechnung.
28. Oktober
28. Oktober
Wo ist – in der Natur – das Original?
27. Oktober
27. Oktober
Doch zu eigenem Denken reicht es diesmal nicht, nur eben zum Gedanken … zur schläfrigen Frage
26. Oktober
26. Oktober
Sein? Scheinen? Zu sein scheinen!
25. Oktober
25. Oktober
Ohne Reibung in die Winterzeit!
24. Oktober
24. Oktober
Das graue Publikum füllt langsam den Raum, etwas verspätet beginne ich zu reden, rede mich rasch in Rage, beschimpfe die Zuhörerschaft, werfe den Leuten geistige Trägheit und Unbedarftheit vor, wonach sich sofort einzelne, dann mehrere, schließlich alle in wortloser Trauer erheben und den Saal verlassen.
23. Oktober
23. Oktober
Also warten wir’s ab. Falls wir es erleben.
22. Oktober
22. Oktober
Dass man Unerhörtes, Niegesehenes, nicht Erwartetes, mithin Überraschendes abwehrt, fernhält, dass man es eigentlich nicht wissen, nicht kennen, nicht annehmen will!
21. Oktober
21. Oktober
Nach längerer Auszeit gibt’s wieder Gedichte.
20. Oktober
20. Oktober
Mich wundert’s, dass mit diesem Buch offenbar doch etwas gelingt, das ich zwar nie angestrebt, insgeheim aber erhofft hatte, dass es nämlich für naive und für elitäre Leser gleichermaßen (wenn auch jeweils aus unterschiedlichen Gründen und auf unterschiedliche Weise) – funktioniert.
19. Oktober
19. Oktober
Es ist der zunehmende Verlust an Zeitgenossen, die meiner Generation angehören und mit denen ich mich historisch wie auch intellektuell verbunden fühle … verbunden durch gemeinsame Interessen, Wertvorstellungen und Projekte, verbunden auch im Widerspruch, doch im Verlass auf eine gemeinsame Sprache.
18. Oktober
18. Oktober
Willkommen zu Hause.
17. Oktober
17. Oktober
Ansichtskarten mit diskret kolorierten Sujets aus der Alltagswelt, mit Grüßen eines Zeitgenossen, der nur einfach bezeugen will: Ich bin dagewesen. – Nobelpreis?
16. Oktober
16. Oktober
Die ganze Zeit ist vorbei, und niemand weiß, wie viel Uhr es ist.
15. Oktober
15. Oktober
Statt in monströser Ballung jedermanns Nächster zu sein.
14. Oktober
14. Oktober
Dennoch kann nicht das Erzählte, nur das Erzählen authentisch sein. Um solche Authentizität – oder Wahrhaftigkeit – geht’s in dem, was folgt.
13. Oktober
13. Oktober
Ein Ungemeiner – kaum jemand kennt ihn, viele schätzen ihn falsch ein, weil er ständig außer sich ist.
12. Oktober
12. Oktober
Langsamkeit und Aufmerksamkeit sind unabdingbare Voraussetzung für den Schmelz- und Formungsprozess
11. Oktober
11. Oktober
Im Babelturm sind die Aufnahme- und Sendestudios untergebracht, Dutzende, Hunderte, nummeriert ab 731 bis unendlich.
10. Oktober
10. Oktober
Kitsch ist eine zutiefst menschliche Angelegenheit … ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, das dem Naturschönen dumm und dreist zuwiderläuft.
9. Oktober
9. Oktober
Ein älterer Herr streift mit dem Jackett unsern Tisch, bleibt plötzlich stehn, beugt sich zu mir herab, sagt »wir kennen uns nicht« und bedankt sich flüsternd für meine »hochspirituellen Beiträge«
8. Oktober
8. Oktober
Ich bin ein toleranter, grundsätzlich interessierter und ziemlich kompetenter Leser, der keineswegs auf Spannung, aktuelle Thematik oder gar Tabubrüche angewiesen ist, um einen Text nicht langweilig, nicht überflüssig zu finden.
7. Oktober
7. Oktober
Selbstbefragung, Selbstbekenntnis, Selbstkritik, auch Selbstgespräche in Dialogform. Alles selbst.
6. Oktober
6. Oktober
Keine Zeit für schwärmerische Gespräche über Eos und Konsorten.
5. Oktober
5. Oktober
Die demonstrative Performance nimmt sich aus wie eine Parodie auf einen literarischen Workshop, da ihr aber jede Ironie abgeht, sehe ich darin doch eher eine unfreiwillige Selbstparodie.
4. Oktober
4. Oktober
Ist Ernst vielleicht schon tot? Er, der zeitlebens diesen merkwürdigen Namen – kein Pseudonym! – zu tragen hatte: Neiswestnyj, »der Unbekannte«.
3. Oktober
3. Oktober
Was für eine Mission! Was für ein Gratisakt!
2. Oktober
2. Oktober
Die für mich plausibelste Gotteserklärung ist Zimzum – Gott zieht sich zusammen, Gott zieht sich zurück, Gott macht sich zu nichts, damit wir, die nicht Gott sind, alle Möglichkeiten haben, also die Freiheit wie das Leid.
1. Oktober
1. Oktober
Was für die googlende Mehrheit selbstverständlich ist, dabei interessant, vielleicht gar unverzichtbar, kommt mir völlig fremd vor, ist für mich unerheblich, überflüssig, so wie ich für sie überflüssig und unerheblich bin. Doch eben dies ist der Triumph meiner Wenigkeit.
30. September
30. September
Das öffentliche Interesse kennt keine Moral, artikuliert sich aber noch immer in moralischer … in moralisierender Absicht.
29. September
29. September
Der Eigenname, der stets ein Fremddiktat ist, kann auch Schande und Schimpf sein, wenn nicht gar Schicksal.
28. September
28. September
Vielleicht steht für jeden Tag eine bestimmte, nicht überschreitbare Schreibzeit und Schreibkraft zur Verfügung, die automatisch abbricht, sobald sie optimal genutzt worden ist? Optimal!
27. September
27. September
Es handle sich in diesem Fall – Stichwort: Sampling – um »wirklichkeitsbasierte Kunst fast ohne Kunst«.
26. September
26. September
Der eigentliche, also eigene Sinn des Lebens erschließt sich, anders als die Bedeutung, erst hinterher – was ich aus meinem Leben gemacht habe, was in meinem Leben, rückblickend und aufs Ganze gesehen, Sinn gemacht hat.
25. September
25. September
Selbst meine Schreibarbeit ist, vermute ich, stark durch die Krankheit geprägt, ja-nein, durch die Krankheit bin ich überhaupt erst zu einer Schreibgeste und in eine Schreibbewegung gekommen, die ihren Impuls gleichermaßen aus dem Körper und aus Geistigem, Erlerntem, Erlesenem gewinnt.
24. September
24. September
Das Gespräch artete zum Schluss in unerwartete Härte aus, ich selbst (der ich ziemlich regelmäßig Traumberichte verfasse) geriet in den Verdacht, träume literarisch zu fälschen oder wenigstens zu verfälschen – worauf ich eine wahre, wenn auch ziemlich unwahrscheinliche Geschichte aus meiner Alltagswelt zum Besten gab, die dann wiederum beargwöhnt wurde, bloß ein Traum gewesen zu sein.
23. September
23. September
»Werkstatt Leben?« – »Werk statt Leben!« – Was für eine Alternative! Der Gleichklang als Falle.
22. September
22. September
Jedes meiner Gedichte ist ein Hauptgedicht.
21. September
21. September
Ich schreibe, also bin ich: Ein Plagiator und Usurpator, der das gefundene oder entwendete Skript nicht einfach in Druck gibt, sondern es Wort für Wort abschreibt, um so als Autor gerechtfertigt zu sein.
20. September
20. September
Die Dimension der Zeit dagegen ist variabel konzipiert und reicht auf der historischen Achse von der Antike bis zur Gegenwart, ohne freilich linear und progressiv abzulaufen.
19. September
19. September
Kurz danach werde ich auf der Kantonsstraße geblitzt, bin erstaunt, erschrecke sogar, war in Gedanken anderswo und hätte eher gedacht, ich sei zu langsam unterwegs.
18. September
18. September
Klischeehaftes Schreiben steht nicht nur für den Mangel an Können und Wollen, mitunter ist es eine aus der Not geborene Tugend, vor allem dort, wo gegen die Zensur oder in höherem (staatlichem, parteilichem, kirchlichem) Auftrag geschrieben werden muss.
17. September
17. September
Der Briefkastenonkel war damals mein produktivster Informant, wichtiger als meine Lehrer in der Schule, wichtiger als meine Eltern auch, denen die Bibel als das einzige verlässliche Lexikon galt und die auch gar nicht begriffen, was mich an so abstrusen Themen wie Pyramidenbau, Armbrust, Weltraumforschung, Farbenlehre, Faustlegende, Blindschleichen, die Bartholomäusnacht, die Handschrift von Saragossa usf. interessieren konnte.
16. September
16. September
Eigentlich sollten Gottesbeweise eine Disziplin der Poesie sein.
15. September
15. September
Der Kalauer macht’s wahr: Regenfall als Regelfall
14. September
14. September
Ich notiere diese Dinge, um mir selbst – angesichts der Weltlage – klar zu machen, welche echten staatsbürgerlichen Herausforderungen hier in der jurassischen Provinz zu bewältigen sind.
13. September
13. September
Was ist das nun? Ein Exzerpt? Eine Zusammenfassung? Eine freie Nachdichtung? Eine bloße Nachahmung? Eine Übersetzung aus dem Deutschen ins Deutsche?
12. September
12. September
Im Stehen schlafen: meine Art zu kämpfen.
11. September
11. September
Die Apfelernte war in diesem Jahr kaum zu bewältigen.
10. September
10. September
Das wäre dann wohl der Weg des Mystikers, dessen Ziel es sein müsste, »das Wort, aus dem er bestünde, zu finden«, oder es wäre die Kunst eines Stendhal, dem es gelingt, »sich vollständig aufzuschreiben«.
9. September
9. September
Zu wenig Publikum für eine Katastrophe.
8. September
8. September
Sinnbildung ist dort gefährdet, wo bei Autoren wie bei Lesern die Überzeugung vorherrscht, verstanden zu haben; denn was einer zu verstehen gibt oder verstanden zu haben meint, ist nie nicht etwas Abgeschlossenes, und gerade das Abgeschlossene, Vollendete, vermeintlich Vollkommene ist das, was die Entstehung und Entfaltung von Sinn verhindert.
7. September
7. September
Ob das die Zukunft von Autor und Buch ist? Jedes Werk ein Lebenswerk, ein Unikum und Unikat – Vollendung von Werk und Leben in einem; und irgendein hergelaufener Leser wie ich oder du macht es zufällig ausfindig (denn suchen kann man es nicht, weil keiner weiß, dass und wo es existiert …), um damit möglicherweise etwas anzufangen.
6. September
6. September
Der Zwang, das Falsche, das Nichtgewollte zu realisieren, statt ganz einfach nichts zu tun, ist wohl einer der seltsamsten Zwänge überhaupt, hat aber meines Wissens noch nicht mal einen Namen.
5. September
5. September
Am Leitfaden des jeweils jüngsten Gerüchts ist jeder … bin auch ich damit beschäftigt, irgendwelche Gegenstände hinter den wankenden Kulissen in Sicherheit zu bringen, lauter unbrauchbare Dinge, zu denen auch meine Bücher gehören.
4. September
4. September
Dann die Prosa vom Tag sichtend – Rechnungen, Mahnungen, unerbetene Sonderangebote.
3. September
3. September
Damit ist zumindest zeitweise die Demarkationslinie zwischen Realität und Fiktion aufgehoben.
2. September
2. September
Seit vielen Jahren sehe ich mir täglich einen, manchmal auch zwei TV- oder Kinofilme an, ausschließlich vom Genre Drama, Thriller oder Krimi, ausschließlich deutschsprachige (also nicht synchronisierte) und zeitgenössische Produktionen, also keine Kostümfilme, keine Komödien, nichts Historisches, kaum Klassiker.
1. September
1. September
Füße und Köpfe beherrschen den Ball ja offenkundig nicht, sie reagieren bloss auf ihn – die Spieler treiben das Leder vor sich her zum gegenerischen Tor und tun letztlich doch nichts anderes, als hinter ihm herzujagen und seinen nomadischen Sonderwegen zu folgen.
31. August
31. August
Seltsame Befindlichkeit! Eine Erinnerung an etwas zu haben, an das man sich nicht erinnern kann.
30. August
30. August
In jüngster Zeit setzt sich in meinen Träumen eine neuartige Dramaturgie mit ungewohnter Besetzung durch
29. August
29. August
Möchte ich … sollte ich wissen, was Zwanzigjährige heute mit besonderem Interesse, vielleicht gar mit Begeisterung lesen?
28. August
28. August
Kitsch als gemeinsamer Nenner für Gewaltherrschaft und Spießertum!
27. August
27. August
Was ich nicht weiß, macht mir (oder mich?) nicht heiß.
26. August
26. August
Warum werden Roboter auch heute noch in aller Regel der menschlichen Körpergestalt nachgebildet?
25. August
25. August
Unversehens gerät der Tag zum Fest!
24. August
24. August
Heute früh – ich bin noch bei Dunkelheit aufgestanden – funkelte der Himmel schwarz wie frisch geschürfte Kohle … funkelte aus allen Sternen.
23. August
23. August
Guter Glaube – nie wird einer fürchten, was er glaubt.
22. August
22. August
Als Dilettant bewege ich mich nicht mehr nur auf wissenschaftlich gesichertem Gelände, knüpfe nicht mehr nur an den aktuellen Forschungsstand in meinem Arbeitsgebiet an, beschränke mich auch nicht auf die übliche Darbietungsform der Abhandlung mit permanenter Bezugnahme auf Sekundärliteratur und damit auf fremde Autoritäten, erlaube mir statt dessen ein deutlich riskanteres, eigensinniges Denken und eine essayistische beziehungsweise experimentelle Schreibweise, die nicht nur Erkenntnisse vermittelt, sondern solche auch hervorbringt.
21. August
21. August
»Smart« ist das Zauberwort und »cool« ist alle Magie und »egal« das Geheimnis.
20. August
20. August
Doch im Unterschied zur Wunde schmerzt das Wunder nicht, und deshalb glaube ich auch nicht daran.
19. August
19. August
Anderseits sind all die vergessenen Autoren, für die ich mich bisher als Vermittler und Kommentator engagiert habe, wie Kunstfiguren in mein Lebenswerk eingegangen … in mein Werk und mein Leben gleichermaßen
18. August
18. August
es ist, als sollte das Buch zum Sprechen gebracht werden … oder zum Fliegen.
17. August
17. August
ich bekomme die Schlechtigkeit des menschlichen Daseins und die Niedertracht allen Strebens, auch des Strebens nach dem Besseren, beredt vorgeführt und argumentativ bestätigt, und ich lasse mich noch einmal darüber belehren, wie aus Ungemach und Undank zumindest minimale Kraftimpulse zu gewinnen sind.
16. August
16. August
Meine Wahrnehmung ist also, nicht anders als meine Lektüre, ein Übersetzungsakt.
15. August
15. August
Jeder aufmerksame Psychotherapeut könnte mir meine Träume … könnte mir die Bedeutung meiner Träume plausibel machen, aber deren Sinn kann einzig ich selbst erschließen, und der hat in jedem Fall seine Richtigkeit, eben weil er nicht nur das Ergebnis meines Verstehens ist, sondern auch und vor allem ein Mehrwert meiner Vorstellungs- und Assoziationskraft.
14. August
14. August
Alles ist in der Schwebe, wir fahren und fahren und wissen nicht, ob die Richtung stimmt, wir wissen nicht einmal, wo wir uns befinden und ob wir jemals dort ankommen werden, wohin wir eigentlich nicht wollen.
13. August
13. August
Weit auseinander liegende Interessen! Also kann man sich auf Wesentlicheres konzentrieren.
12. August
12. August
Die Kunst geht vor.
11. August
11. August
Die andere Welt, so weit sie auch abliegt, ist meine Welt.
10. August
10. August
Zufall oder Fingerzeig? Und wem soll’s eine Lehre sein? Schwer zu sagen. Kaum zu entscheiden
9. August
9. August
Die Klarheit macht das Schreckliche wahrnehmbar, der Dunst wendet den Schrecken ins Schöne, entrückt ihn ins Ungefähre. War’s nicht schon am allerersten Morgen so? Dass das Schöne mit dem Horror begann! Und keiner sah hin.
8. August
8. August
Ich trage keine Lehre davon, nur ein schlechtes Gefühl im Gedanken daran, dass auch ich, als einer von Milliarden von Menschen unter Milliarden von Sternen, nicht mehr als eine »Ameise« bin … eine Ameise allerdings, die »ich!« sagt und sich damit vollends lächerlich und überflüssig macht: »Zu viel!«
7. August
7. August
Die Realität … das Reale selbst schwindet, wird abgelöst durch mögliche Welten (possible worlds, wie die Informatiker ja schon lange wissen), die sich aus disparaten Elementen zu einem multidimensionalen Gebilde aufbauen, das am ehesten im Traum … in der vom Traum realisierten möglichen Welt eine Entsprechung findet. Mal sehen!
6. August
6. August
Es wird Nacht … es wird spät.
5. August
5. August
Selbstbefragung, Selbstbekenntnis, Selbstkritik, dazu Lektüre als Überlebenstext (selbst schwache Autoren werden für ihn zu Partnern seines Denkens), inszenierte Dialoge, Reminiszenzen.
4. August
4. August
Denn human ist, meine ich, nicht das Menschliche im gängigen Verständnis, nicht das, was menschenrechtlich als legitimes Bedürfnis von uns allen anerkannt ist, sondern gerade das, was über dieses ordinär Menschliche hinausgeht, was hinausgeht über das Animalische, das dem Menschen zugestanden wird als ein Natürliches.
3. August
3. August
Plötzlich der ungute Eindruck, mein Kopf mache sich über mich lustig.
2. August
2. August
Und vielleicht hat ja sogar die unbedarfte Vorstellung ihre Richtigkeit, dass man sich Texte durch Lektüre einverleibt, um sie zu verdauen. Dem Gedächtnis mögen sie entfallen, als Energie wirken sie fort. Was mir vom Lesen bleibt, ist das, was ich – vergessen – habe.
1. August
1. August
Heute bildet die Schweiz mit ihrem annähernd sternförmigen Grundriss die zentrale Leerstelle im europäischen Kontext, ein schwarzes Loch, das sich mehr und mehr zusammenzieht und dabei nach allen Richtungen abwehrende Zacken ausfährt.
31. Juli
31. Juli
Um die Grenzen des Wirklichen und Machbaren zu erweitern, müsste Mögliches wie Unmögliches gleichermaßen bedacht werden.
30. Juli
30. Juli
Ich werde ein Autor für Anfänger gewesen sein.
29. Juli
29. Juli
Eine große schwere Schwester – sie sieht dem Leben auffallend ähnlich –, betupft meine Wunden. Ich kann ruhig sein.
28. Juli
28. Juli
Einen schönern Einklang von Luft, Wasser, erdigem Duft, dichtem Geräusch und diskreter Farbenpracht kenne ich nicht, habe ich nie erlebt, würde ich mir wünschen als marche funèbre. In solcher Atemweite den Geist aufzugeben!
27. Juli
27. Juli
Kanonisierung, Entkanonisierung! Dominantenwandel! Gesunkenes Kulturgut! Innovation durch Archaisierung! Usf.
26. Juli
26. Juli
Ich als Kopie und – alle andern als weit entrückte Originale.
25. Juli
25. Juli
Ein passendes Geburtstagsgeschenk für meine Person hab ich heute Nacht (schlaflos) im Fußbereich meiner Bibliothek gefunden.
24. Juli
24. Juli
Unter all den eingeladenen IT-Freaks und Computerfachleuten werde ich der Einzige gewesen sein, der das Verfahren von Kopieren-Schneiden-Komponieren aus historischer und künstlerischer (literarischer) Sicht darstellt.
23. Juli
23. Juli
Der Urtext steht nicht fest, er ist ständig im Werden, wird ständig nachgeschrieben, überschrieben, umgeschrieben, weitergeschrieben.
22. Juli
22. Juli
Die Lektüre war für mich ungemein anregend, auch aufregend, ein Trost geradezu in dieser dürftigen Zeit, die Autoren dieses Formats längst nicht mehr kennt und auch nicht mehr braucht.
21. Juli
21. Juli
Ob auch Missverständnisse zu »Klassikern« werden und in den »Kanon« eingehen können?
20. Juli
20. Juli
Die neuen Medien haben den Rezeptionsraum der Künste, zu dem immer auch die Zukunftsdimension gehörte, so weit zum Schwinden gebracht, dass nur noch die laufende Saison, der aktuelle Spaß- und Gewinnmoment, bestenfalls »Schopenhauer für Minuten« von Interesse sind.
19. Juli
19. Juli
Allein, dass es diesen Satz, so wie er gebaut ist und dasteht, zu lesen gibt, ist – unabhängig von seiner Aussage – ein Glück.
18. Juli
18. Juli
Kaputte … kranke Tage, Kopfschmerz, Schweißausbrüche, Herzflattern; Ärger und Zerknirschung.
17. Juli
17. Juli
Noch ein Beispiel dafür, dass starke Texte aus körperlicher Schwäche erwachsen können; dass der Autor schon zu Lebzeiten ins Jenseits seines Werks eingehen kann
16. Juli
16. Juli
Das weithin geltende Prinzip ist Gleichgültigkeit, und je mehr vom Gleichen gültig ist, desto mehr entspricht’s der sogenannten Normalität und wird damit konsensfähig. Voraussetzung dafür ist immer, dass an irgendeinem Punkt Quantität (Produktion, Umsatz, Erfolg usf.) in Qualität umschlägt.
15. Juli
15. Juli
Doch es war eben ein Traum … es war mein Traum, banal und kleinmütig, nicht weniger konkret … nicht weniger anschaulich und irritierend als das sogenannte wahre Leben.
14. Juli
14. Juli
Das Wiederlesen ist in meinem Alter – anders als das Neu- oder Erstlesen – ein merkwürdiges Abenteuer.
13. Juli
13. Juli
Lärm gehört heute, auch in seinen lästigsten Ausprägungen, zur alltagsweltlichen Normalität, Stille gilt als luxuriöse Ausnahmesituation, auf der längst niemand mehr zu beharren wagt.
12. Juli
12. Juli
Die Schreibbewegung als solche, in der Puls und Schritt zusammenwirken, ist vielleicht überhaupt das einzig Persönliche, das einzig Authentische, das ein Schriftsteller (und der Dichter zuerst) in seinen Text einbringen kann.
11. Juli
11. Juli
Warum sollte Literatur nicht eine Anstrengung verlangen (und übrigens schlicht auch eine solche ermöglichen), wo doch die meisten Texte – von der Regierungserklärung bis zur Familiensaga, vom Werbetext bis zum Streikaufruf und zur Hausordnung – ohne besonderen intellektuellen Aufwand zu verstehen sind. Sie sind zu verstehen, weil sie verstanden werden sollen … verstanden auf immer nur eine vorbestimmte Weise.
10. Juli
10. Juli
Was habe ich … was hat der alltägliche Horror mit mir als Person zu schaffen? Was kann ich dafür? Was kann ich dagegen? Was … wo liegt meine Verantwortung dafür? Was kann jemand … was kann einer wie ich überhaupt noch wollen … noch sollen hienieden?
9. Juli
9. Juli
Erst der Klang, dann der Sinn? Und … aber was für ein Sinn? Wessen Sinn?
8. Juli
8. Juli
Auch dies darf nicht gesagt werden – dass das zunehmende Mehr an Menschen den Einzelnen entwertet, ihn entbehrlicher werden lässt.
7. Juli
7. Juli
Bin ich – heute – als Leser darauf verwiesen … soll ich mich darauf beschränken, mich dem Blick, der Diagnose, der Therapie von Seiten fiktiver Charaktere auszusetzen?
6. Juli
6. Juli
Bin heute ohnehin indisponiert – Sommergrippe, alles überwärmt in der Runde, Kopf- und Knieschmerz, Schreibhand geschwollen bis zum Ellenbogen; also nur kurz diese Notiz in den Laptop getippt: Unser Buch bleibt unser Bruch, vor großer Runde muss das nicht bestehen, auch ist’s nicht zu vernichten.
5. Juli
5. Juli
Da geh ich drüber hin, verfolge diese oder jene Idee, hänge diesem oder jenem Problem nach, versuche aus meinen Schritten den Rhythmus für diesen oder jenen Satz zu gewinnen; aber die Natur bleibt ein kulissenhafter Raum, demgegenüber ich, obwohl ich doch regelmäßig in ihn eindringe, immer »draußen« bin und den ich durch meine Gegenwart gleichsam überfremde.
4. Juli
4. Juli
Was diese Aufzeichnungen von allem andern, was ich schreibend erledige, am meisten unterscheidet, ist die durchgehende Präsenz … ist der laufende Auftritt der ersten Person Einzahl.
3. Juli
3. Juli
Hören … hinhören auf das, was nie spricht und dennoch so etwas wie eine Sprache ist.
2. Juli
2. Juli
Korruption, Erpressung, Vergeltung, Neid, Eifersucht usf. wären im Großen wie im Kleinen neu einzuschätzen, wenn man sie unter amoralischem Gesichtspunkt beziehungsweise als Erscheinungsformen der Amoral betrachtet, und nicht bloß als Ausdruck unmoralischen Verhaltens.
1. Juli
1. Juli
Warum … wozu ich das alles aufschreibe? All diese Trivialitäten, Träume, Erinnerungen, Entwürfe, Frustrationen, all die privaten Befindlichkeiten, fixen Ideen, unbeantwortbaren Fragen, spontanen Einfälle!
30. Juni
30. Juni
Leider ist
wer bei den Dingen ankommt nie
nicht immer schon am Ende.
29. Juni
29. Juni
Dazu allgemein: Blödigkeit, Bequemlichkeit, Rendite sind die unlauteren Beweggründe für das Bedürfnis nach Fusion, von dem Politik wie Kultur und Ökonomie seit mindestens einem Jahrhundert geprägt sind.
28. Juni
28. Juni
Ich fürchte, ich verrate mich durch solche Gedanken als einer, der interesselos, schuldlos, unverdient, ungewollt, unverhofft bislang verschont geblieben ist.
27. Juni
27. Juni
wenn schon auf Distanz kommuniziert werden muss – der Schrifttext jedenfalls verlässlicher sei, authentischer als die beim Telefonieren freigesetzte Stimme; dass ich mich beim Schreiben wie auch im Geschriebenen (Brief, Mail, Fax usf.) als erste Person glaubwürdiger und vollständiger artikulieren kann, als wenn ich mich allein über die Stimme, über »es«, gleichsam über das Neutrum einer dritten Person vernehmen lasse.
26. Juni
26. Juni
Das »Als-ob« mag eine Möglichkeitsform sein, doch als solche macht sie einen Großteil der sogenannten Wirklichkeit aus.
25. Juni
25. Juni
Was ich dazu an dieser Stelle notiere, ist zugegebenermaßen nicht viel mehr als eine persönliche Meinung, hergeleitet aus der aktuellen Lektüre des Werks. Es fiele mir allerdings nicht schwer, diese Meinung argumentativ zu festigen und durch beliebig viele Textbeispiele zu stützen. Doch das ist heute nicht mein Ding, und mein Ding würde die Sache auch nicht besser machen. Besser machen?
24. Juni
24. Juni
Doch die Hoffnung stirbt zuerst. Nämlich jetzt.
23. Juni
23. Juni
Bei mir – Puritaner! falscher Asket! – ist es umgekehrt.
22. Juni
22. Juni
Alles ist doch längst auf Assimilation, Anpassung, Vereinnahmung, Gleichstellung, Gleichberechtigung, Gleichbehandlung, Rechtsgleichheit, Vereinheitlichung, Harmonisierung, Nivellierung, Konsens, Konvention angelegt.
21. Juni
21. Juni
Nicht die Schicksalslinie, sondern die Totalität der blinden Zufälle wird meine Biografie bestimmt haben.
20. Juni
20. Juni
Titanisch ist dieser schreibende Titan im Detail, in der kleinstmöglichen Form, in der momentan aufschießenden Einbildungskraft, im wortspielerischen Schnappschuss, im brillanten Medaillon.
19. Juni
19. Juni
»Die Erschöpfung von dem lebensrettenden Schreiben, des Alleinseins bittere Seite sprechen durchs Fenster, indes die Tür fest verriegelt bleibt.«
18. Juni
18. Juni
Was mich angeht – schon als Kind war mir klar, dass ich einst ohne Ankündigung, ohne Abschied abhauen würde; doch dazu hätte ich – damals wie heute – eine Tarnkappe gebraucht.
17. Juni
17. Juni
Weiterlesen!
16. Juni
16. Juni
Literatengeplauder.
15. Juni
15. Juni
Ich denke nach über die gestrige Mailanfrage eines mir unbekannten Lesers: »Großartig – all Ihre Sachen! Eigenes wie Übersetztes! Warum, für wen tun Sie das eigentlich?«
14. Juni
14. Juni
Einmal »Du!« gesagt, und es ist – ich weiß es doch – nicht wieder gut zu machen.
13. Juni
13. Juni
Preise, wem Preise gebühren! Doch ein wenig sollte doch auch an die Namenspatrone gedacht werden.
12. Juni
12. Juni
Keine Spur von Irritation, keine Traumreste, keine Erinnerungslasten, keine Zukunftsskepsis … keinerlei ungute Gefühle.
11. Juni
11. Juni
Acht, fast neun Stunden hat der Aufstand gedauert, und ich weiß … ich weiß noch immer nicht, was das alles bedeuten und wozu es gut sein soll, geschweige denn, worin der Sinn des Vorgangs bestehen könnte.
10. Juni
10. Juni
Aber man darf sich auch selbst mal etwas fragen
9. Juni
9. Juni
Kann es mit dem Tod, wie auch immer er erfolgt, seine Richtigkeit haben?
8. Juni
8. Juni
In vielen Gottesbeweisen verbinden sich Wissenschaftlichkeit, Glaubenskraft, Spekulation und Philosophie zu einem poetischen Denken, dessen funktionale und formale Spezifik offenbar noch weitgehend unerforscht ist.
7. Juni
7. Juni
Auch auf diesem Feld kann sich Qualität offenbar nicht behaupten, wenn es bloß um den Sieg, bloß um den Punkt geht.
6. Juni
6. Juni
Doch die »Opferzahlen« bleiben den Toten vorbehalten, denen die Erde um soviel leichter ist als den »glücklich Überlebenden«.
5. Juni
5. Juni
Fragt sich bloß, wie verlässlich Freunde als Kritiker sein können.
4. Juni
4. Juni
Und wie großartig sich der Text in dieser Fassung liest, die ihn doch fast unlesbar erscheinen lässt mit den überlangen Zeilen, die sich oft seitenlang, eng gesetzt und absatzlos, dahinziehn.
3. Juni
3. Juni
Heute, auf dem Fußweg nach Bretonnières, kam’s unversehens zu einem wilden, dabei ungemein zarten Spektakel
2. Juni
2. Juni
Mir ist der Schnee von gestern lieber als der Shit von heute.
1. Juni
1. Juni
Der beste Arzt, den ich in meiner langen Karriere als Patient hatte, war mein Körper; der zweitbeste ich. Ohne uns beide wäre ich tot.
31. Mai
31. Mai
2004 ist man, mit allem, was man liebt, kaum mehr allein.
30. Mai
30. Mai
Ich vermute, das gute alte »Dichten und Trachten« geriete im luftleeren Raum, wo nach einer gewissen Zeit der Schwerelosigkeit auch fixe Ideen wohl hinfällig werden, zum unergiebigen Flohfang.
29. Mai
29. Mai
Eine schlichte, statistisch bedingte Notwendigkeit? – Alle wollen sie länger leben, am liebsten ewig – um sich gegenseitig zu überleben.
28. Mai
28. Mai
Gegen Hilflosigkeit und Mitleid und Verzweiflung kann nur Gleichgültigkeit helfen, doch auch die nützt – gleichsam als Imprägnierung – einzig uns, und nicht den Betroffenen. Wir überleben in dem Maß, wie wir verdrängen. Wie denn anders?
27. Mai
27. Mai
Das alles wäre mehr oder minder naheliegend und könnte auch jederzeit geschehen.
26. Mai
26. Mai
Bilden Originaltext und Übersetzung ein doppelgängerisches Paar?
25. Mai
25. Mai
Der Freund ist verweht.
24. Mai
24. Mai
Die Parallelisierung der Jahre an jeweils einem Tag wird zu unerwarteten Kontrastbildungen führen und kann dadurch auch triviale Einzelheiten in spannungsvollen Zusammenhängen aufscheinen lassen.
23. Mai
23. Mai
Milliarden gewonnen, Milliarden zerronnen – mir kann’s egal sein, aber auf irgendeiner lebenspraktischen, weit von mir abgehobenen Ebene ist es dann doch vielleicht nicht ganz so irrelevant, wer die Milch wann und wo und wieso verschüttet hat.
22. Mai
22. Mai
Die Geheimschrift ist bis heute nicht entziffert
21. Mai
21. Mai
Denken kann ich selber, zur Nachdenklichkeit muss ich gebracht … muss ich angemacht werden, und eben dies erwarte ich – unter andern Impulsen – von ernst zu nehmender Literatur.
20. Mai
20. Mai
Seitdem ich als »freier Schriftsteller« gelte (selbstständig erwerbend), scheint der für mich zuständige Kommissar meine Steuererklärung besonders kritisch zu prüfen.
19. Mai
19. Mai
Mein optimaler Monat wäre der Märzember – März und November zugleich, und dies rund ums Jahr.
18. Mai
18. Mai
Rechts das Meer und links der Ozean.
17. Mai
17. Mai
Vielleicht ist Ich also einfach das, was hier und jetzt ist und dafür auch das Bewusstsein hat?
16. Mai
16. Mai
vorstellbar wäre doch ohne allzu viel Fantasie, dass die Knochen in den Gelenken, die Augen in den Höhlen, das Gehirn bei Beanspruchung hörbar knirschen, knarren oder knacken – und so auch die Erde bei ihrer Drehung um die eigene Achse. Unter solch mörderischem Lärm hätte die menschliche Sprache nicht entstehen können, und sie hätte auch nicht entstehen müssen.
15. Mai
15. Mai
Am allerwenigsten kann ich mich mit der ganz normalen Mediokrität des Kulturbetriebs abfinden, mit der Duckmäuserei, dem Konsensbedürfnis, der Buchhaltermentalität von verantwortlichen Interessenvertretern, von Kuratoren und Organisatoren, die kaum noch eine Ahnung davon haben, was sie organisieren oder kuratieren, aber auch mit der intellektuellen Bequemlichkeit, dem Unterhaltungs- und Unmündigkeitsbedürfnis so vieler – der letzten – Kulturkonsumenten.
14. Mai
14. Mai
Auffallend auch, dass ich an Schmerzerlebnisse – Schmerz gehört zu meinen prägenden, ständig wiederkehrenden Erfahrungen – keinerlei Erinnerung habe; ich erinnere mich einzig an die Umstände gewisser Schmerzerfahrungen, an Anlässe, Situationen, Begleiterscheinungen, nicht aber – nie – an den Schmerz als solchen.
13. Mai
13. Mai
Varia menschlicher Alltäglichkeiten und in allen Medien die meistgelesene Rubrik.
12. Mai
12. Mai
Im Unterschied zu allen andern Phänomenen vergeht das Wunder in dem Moment, da es eintritt.
11. Mai
11. Mai
Ein spezielles Interesse von mir.
10. Mai
10. Mai
Glückliche Menschen scheinen ohne Kalender und Agenda auszukommen, sie verstehen im und aus dem Moment zu leben, und wenn sie sich zeitlich festlegen, dann am ehesten auf »immer« oder »ewig«.
9. Mai
9. Mai
Der Autor von einst ist zum Image verdampft, Autorschaft unterliegt vor allem institutionellen und marktwirtschaftlichen Vorgaben, tendiert deutlich zur Publizistik, zur Reportage, zum Selbsterlebensbericht; doch mehr als eine von vielen gleichartigen Stimmen aus dem globalen Literatenchor ist kaum noch zu vernehmen, seitdem die Qualitätskriterien weitgehend durch Literaturinstitute, Schreibwerkstätten, öffentliche Lesekonkurrenzen und Publikumsjurys bestimmt werden.
8. Mai
8. Mai
Nicht nur die NZZ, das überregionale deutschsprachige Qualitätsfeuilleton insgesamt scheint, beim Gleichziehen mit dem Boulevard, den Kulturbegriff ausweiten zu wollen auf all das, was vor … vor zwanzig, fünfundzwanzig Jahren unter den »Vermischten Meldungen« zwischen Börse und Sport oder im Editorial auf der Frontseite zu lesen war.
7. Mai
7. Mai
sein Kopf, seine Vorstellungswelt ist ihm zur Bühne geworden, und mit dem gebückten Rücken zur Wirklichkeit hat er nun seinen Lebenstraum begraben.
6. Mai
6. Mai
›Gegen den Tag‹, 1592 Dünndruckseiten, wimmelnd von Jargonismen, Fachbegriffen, Daten, Personen- und Ortsnamen, ganz zu schweigen von zahllosen Anspielungen und Paraphrasen, die auch meine Lektürekompetenz auf die Probe stellen.
5. Mai
5. Mai
Was ich geschrieben habe, habe ich – wie gesagt – nicht; zu haben ist eher das Gelesene, doch wie behalte ich es? Indem ich etwas anfange damit … indem ich’s aufgehen lasse in dem, was ich schreibe.
4. Mai
4. Mai
Das war diesmal eine gute Woche, nur … leider bin ich skeptisch genug, um mein Wohlgefühl – wenn es mal wieder da ist wie heute – als Vorboten der nächsten Katastrophe zu beargwöhnen.
3. Mai
3. Mai
Wenn ich an meinen Tod denke, bin ich zutiefst verwirrt: wohin dann mit all meiner Liebe? – Vielleicht könnte – oder sollte! – man sich einmal wieder auf das dadaistische Entrümpelungspostulat besinnen?
2. Mai
2. Mai
Bei allem »Fortschritt« triumphiert der Atavismus.
1. Mai
1. Mai
Alles Hiesige, ob Verlust oder Gewinn, geht im All auf und geht gleichzeitig darin verloren; alles erhält sich, indem es verschwindet in allem.
30. April
30. April
Nie war der jüdische, der christliche, der muslimische Gott auch nur als Frau denkbar, geschweige denn als Berg, als Baum oder – als etwas ganz anderes noch.
29. April
29. April
Wenn ich heute, als einer von vielen Passanten, von einem Pizzakurier am Straßenrand angefahren und zu Fall gebracht werde, mir dabei den Schädel aufschlage und die linke Hand breche, wird sich bald jemand über mich beugen mit der völlig deplatzierten, jedoch als politisch korrekt geltenden Frage: »Geht’s Ihnen gut? Sind Sie ok?«
28. April
28. April
Die Anfänglichkeit des poetischen Denkens und Schreibens ist vergleichbar mit einer allseits überströmenden Quelle, die ihren Weg sucht (ihren Gang nimmt); den Verlauf der Ströme oder Rinnsale bestimmt die Beschaffenheit der Oberfläche, über die sie fortlaufen.
27. April
27. April
Durch Schestow bin ich noch unleidlicher, mir selbst unliebsamer geworden, noch eigensinniger, kompromissloser, intoleranter, fordernder, pessimistischer, egoistischer, auch risikofreudiger.
26. April
26. April
Offenbar stimmt es eben doch, dass Bücher ihre ganz eigenen »Schicksale« haben, und dies nicht selten entgegen den Absichten und Fähigkeiten ihrer Verfasser.
25. April
25. April
Doch wie im Detail der Gott hockt, so lauert im Nichtssagenden der Abgrund.
24. April
24. April
Nach allen Seiten Schrift die harrt auf Sinn. Statt Sinn zu sein.
23. April
23. April
im Wissen also, dass der Leser über weite Strecken nur noch sehen, nicht aber verstehen kann, was er schwarz auf weiß vor Augen hat.
22. April
22. April
(Oft sind für mich Störungen nicht Ablenkung, sondern Kippmomente, die mir den Übergang aus dem Stillstand in die Schreibbewegung ermöglichen.)
21. April
21. April
Mir solche Lektüren leisten zu können … mir diese Lektüren gefallen zu lassen, ist das Höchste, was mir in meiner kleinen Welt erreichbar ist. Kein Millionenbonus könnte dieses Vergnügen und diesen Gewinn ersetzen.
20. April
20. April
Cioran gehört zu den Wenigen, von denen ich vermuten darf, dass sie ähnlich ticken wie ich. Ticken und tricksen.
19. April
19. April
Menschenrechte, Gleichberechtigung, Gleichstellung und überhaupt – Gerechtigkeit! Da sind Gleichschaltung und Gleichmacherei nicht weit.
18. April
18. April
dennoch diese Augenblicke der Schönheit, der lichten Erinnerung, die heranfliegenden Ideen und Sätze, die ich dann ebenso bemüht zusammenhalten muss wie meinen Lebensmut.
17. April
17. April
Befinde mich – gleichzeitig – in meiner Lebenszeit und in einer unmessbaren Traumzeit.
16. April
16. April
Kaum etwas von dem, was ich hier notiere, ist mir am Schreibtisch eingefallen oder klar geworden, das Meiste unterwegs beim Stapfen und Staunen.
15. April
15. April
Kinski wagt es … er schafft es, sich in die Befindlichkeit des Erlösers zu versetzen
14. April
14. April
Weltliteratur aus dem Gästebuch, aus dem Zettelkasten, aus freundschaftlichen Billets und Gesprächen, aus dem Wörterbuch, aus der lateinischen und englischen Grammatik
13. April
13. April
Und doch ist Gott – das Göttliche – die gewaltigste aller menschlichen Sinnbildungsleistungen.
12. April
12. April
Amor light nur zu!
11. April
11. April
Die Nämlichkeit und die Wörtlichkeit.
10. April
10. April
Aufmerksames, völlig literaturfremdes Publikum, meist Künstler und Kunstinteressierte, die sich meine Gedichte mit sinnlichem Erkenntniswillen anhören, die hören und sehen, während ich lese.
9. April
9. April
Nicht auszumachen, woher das Licht, woher der Tag kommt.
8. April
8. April
der Sarg mit meiner Leiche wird schließlich an Bord genommen, ich bleibe ohne Bedauern zurück.
7. April
7. April
Der Schleuderkurs, der meinem Lebenslauf sehr ähnlich ist.
6. April
6. April
Wie nicht reden? Wie nicht schweigen? Verschweigen ist beides – man schweigt über etwas, indem man »mit andern Worten« darüber redet.
5. April
5. April
über den Tod kann nur der Tod selbst angemessen sprechen … sprechen durch den Sterbenden, der nach allem Gerede nur noch sagt (statt irgendetwas zu besagen): »Uuuuh…«
4. April
4. April
So entsteht bei mir bisweilen der Eindruck, dass sich meine Alltagswelt, nicht anders als die höhere Welt von Politik und Wirtschaft und Wissenschaft und Kunst, aus lauter Aprilscherzen zu einer einzigen menschlichen Tragödie fügt.
3. April
3. April
Und wieder da, wo wir auch schon mal waren.
2. April
2. April
»Aber sterben möchte ich nachgerade schon, wie ich’s gewohnt bin.«
1. April
1. April
Und was ist aus dem Aprilscherz geworden?
31. März
31. März
Bruder Cham ist da.
30. März
30. März
Imitation ist in jedem Fall mehr als bloße Imitation. Imitation bereichert das Imitat um den Akt des Imitierens.
29. März
29. März
Felix = F/Exil! – warum nur hab ich diesen buchstäblichen Zusammenhang zwischen »Glück« und »Exil« bisher nicht bemerkt? Zu einseitig ans Glück gedacht?
28. März
28. März
Dass ich hier mitten im Idyll hocke und nicht in einem Ruinenfeld unweit von Homs oder Aleppo, ist eins und … aber was ist das andere?
27. März
27. März
Die Migräne wie ein sirrender Helm auf dem Schädel.
26. März
26. März
Leere Wörter klingen besser als große Worte.
25. März
25. März
Die Erinnerung … Erinnerung, erweitert durch Einbildungskraft, muss genügen.
24. März
24. März
Wenn ich’s bedenke – unvorbereitet mit Haut und Haar, mit dem ganzen Alltagskrempel, mit Bibliothek und Lebensgeschichte und Gefühlshaushalt weggespült zu werden und für immer zu verschwinden, wäre mir als das Letzte gut genug; schrecklich aber, es zu überleben.
23. März
23. März
»Vonwegen Selbstmord geschlossen« (fermé pour cause de suicide).
22. März
22. März
fühle mich leichter werden, glaube mich vom hartgefrornen Boden zu lösen, hochzuschweben, wegzuschweben, fort (oder schon tot?) zu sein, vergessen zu werden. Schöner geht’s nicht.
21. März
21. März
aber mir verschlägt der schlechte Geruch das Gehör. Doch! Ist so!
20. März
20. März
Nachdem nun wirklich alle Stufungen von Grau abgeschritten sind, wird dieser Sonntag unerwartet zum Sonnentag
19. März
19. März
Genie, Prophetie, Wahnsinn, Sucht, Verbrechen!
18. März
18. März
Als Variante dazu könnte ich mir für meine noch späteren Jahre vorstellen, meine Lieblingstexte … die Texte, die mich am tiefsten geprägt und mir am meisten gesagt haben, abzuschreiben.
17. März
17. März
frage auch Sie als schreibende Kollegen, als Kritiker oder Juroren, als rare Lyrikleserinnen und -leser, ob es das Interesse und die Aufgabe der Poesie sein kann … sein sollte, den heruntergekommenen Status der Alltagssprache zu übernehmen, zu kultivieren und damit sekundär zu rechtfertigen:
16. März
16. März
Manches lässt darauf schließen, dass ursprüngliche Rede poetische Rede ist; dass erstes Reden also nicht diskursiv auf Verständigung und Bestätigung angelegt ist, sondern als Ruf, Anruf, Aufruf, Warnung, Drohung, Lockung, Dank, Gebet ergeht
15. März
15. März
Jeder Text muss sich gegenüber allen andern selbst behaupten, jedoch nicht durch vorab gesicherte Meriten, wie der Kanon oder ein Rating sie festschreibt, sondern schlicht als das, was von ihm Schwarz auf Weiß dasteht.
14. März
14. März
Aber immer besser verstehe ich die strenge Empfehlung der Stoa, sich über Undankbarkeit nicht zu beklagen … sich über Undank und Missachtung hinwegzusetzen und damit menschliche Größe, Würde, Gleichgültigkeit zu zeigen. Simples Rezept!
13. März
13. März
und überhaupt empfinde ich die im Kalender rot markierten Daten als eine Zumutung, da sie mich zu Aussetzern zwingen, zu Freitagen, zu Sonntagen, die ich mir lieber selbst verordnen würde.
12. März
12. März
Auf Schlimmes folgt deutscher Gesang oder, noch schlimmer, Migräne;
11. März
11. März
Gibt zu lachen und … und zu denken!
10. März
10. März
Irgendwie werde ich mir dabei selbst auch noch zum Verlust.
9. März
9. März
Welch ein Beitrag zur Poetik! Ganz zu schweigen von der Poesie! »Poethik«
8. März
8. März
Die Grautönigkeit hält an; die Grippewelle fegt jeden vierten, fünften Arbeitsplatz leer.
7. März
7. März
Wie weit liegt die Zeit zurück, da der Reim noch eine Exklusivität der Dichtung war?
6. März
6. März
Philosophen, Sänger, Artisten, Rezitatoren, Fürsten, Jockeys, Skribenten, Hebammen, Geometer, Poeten, Models, Verwaltungsräte, Fünfkämpferinnen – lauter Rekordhalter.
5. März
5. März
»Nicht dass diese Welt nicht existierte, aber ihre Wirklichkeit ist keine.«
4. März
4. März
Die Luft ist eisig und reglos, bin eigentlich erstaunt
3. März
3. März
Literarische Qualität ist nicht allein im Text begründet, sondern auch darin, ob und in welcher Weise der Text durch andere Autoren – Zeitgenossen wie Nachfahren – produktiv gemacht wird.
2. März
2. März
Heute ist der Tag schon um halb acht ganz groß, ganz da, der Himmel gleichmäßig zugemalt mit blassem Violett, keine Wolke, kein Wind, die sichtbare Welt präsentiert sich wie ein sorgsam retuschiertes Kalenderbild.
1. März
1. März
Die Unsäglichkeit des Kopfwehs wird automatisch kompensiert dadurch, dass sich, an Stelle der Worte, Bilder, Vorstellungen aufdrängen, die mir den unfassbaren Schmerz irgendwie anschaulich machen.
29. Februar
29. Februar
Die einen wie die andern darf man sprachverrückt nennen.
28. Februar
28. Februar
Das Geringste hat keine Richtung.
27. Februar
27. Februar
Das Orakel von Delphi hat mit der Sprache der Dichtung manches gemein.
26. Februar
26. Februar
Mach das Gedicht zu deiner Angelegenheit! Lass dir etwas dazu einfallen!
25. Februar
25. Februar
Aber bist du denn auch »das in die perfekte Person gekleidete Subjekt«?
24. Februar
24. Februar
Freiheit bewährt sich nicht im Entweder-oder, nur im Sowohl-als-auch.
23. Februar
23. Februar
Mein atmosphärisches Sensorium kann es mit jedem Messgerät aufnehmen, nur meldet es die Ergebnisse nicht in Zahlenwerten, sondern in Nervenspannung und in Schmerzeinheiten.
22. Februar
22. Februar
… frage ich mich mit Karl Marx ganz ohne Ironie (aber nicht ohne poetisches Interesse), was wohl das Geld zu alldem sagen würde, wenn es denken und reden könnte.
21. Februar
21. Februar
Ein Werk, dessen Monumentalität einzig darin besteht, dass es besteht; dass da einer sich vorgenommen hat … dass da jemand sich hingesetzt hat, um ausschließlich über Privates zu berichten, über strikt persönliche Dinge, die zumeist völlig unerheblich sind, bisweilen aber auch überlebenswichtig sein können.
20. Februar
20. Februar
Ein simples poetologisches Programm, das zu staunenswerten Entdeckungen und Ausfaltungen führen kann.
19. Februar
19. Februar
Hin und wieder dringt aus dem Dunkel des Vergessens ein leises Rumoren herüber.
18. Februar
18. Februar
Man achte auf das, was dasteht … man beachte den Klang, das Aussehen, die Fügung, den Eigensinn der Wörter und man fange damit etwas an … etwas Anderes, etwas Eigenes.
17. Februar
17. Februar
Endzeitgeschichten enden gewöhnlich ja doch in finaler Beschleunigung und Überstürzung.
16. Februar
16. Februar
Einfach so. Um dagewesen zu sein. Auch ohne mich.
15. Februar
15. Februar
Das ist das minimale Maximalprogramm hienieden.
14. Februar
14. Februar
Der gleitende Übergang vom Da-Sein zum Dort-Sein muss die Bewusstseinsgrenze verwischt haben.
13. Februar
13. Februar
Die strenge winterliche Kälte gefällt, weil sie Klarheit und Differenzen schafft, weil sie die Zeit anzuhalten oder wenigstens zu verlangsamen scheint, weil sie Verschmelzung und voreilige Synthesen verhindert.
12. Februar
12. Februar
Man mag den Konstrukteur als Gott bezeichnen oder die Konstruktion als numerisches Kombinationsspiel ausweisen, am magischen Zauber ändert es nichts.
11. Februar
11. Februar
Der Rückblick auf Getanes und Vertanes ist mehr als ernüchternd, nichts will sich zusammenfügen, zu vieles kommt in Sackgassen und auf Abwegen zum Stocken, bleibt bei mir hängen, genügt weder mir noch sich selbst, hat keinen Horizont und keine Perspektive.
10. Februar
10. Februar
Ich bin … das Ich ist gleichzeitig so etwas wie ein Berg und ein später Hahnenschrei: I-i-i-íiich; i-i-i-íiich!
9. Februar
9. Februar
Die Fließschrift des Tages! Ob’s noch Fragen gibt?
8. Februar
8. Februar
Die Kunst lässt sich nicht vernichten, sie kehrt als Wirklichkeit wieder.
7. Februar
7. Februar
Ich redete nur einfach mit jemandem … zu jemandem, der vielleicht noch eine Intonation aufnehmen konnte, aber nicht mehr etwas Gesagtes und Gemeintes.
6. Februar
6. Februar
Wieder ein wenig Antrieb jetzt; nach den Migräneschlieren und den verquollenen Kondensstreifen wird das alte wahre Blau des Himmels zur tröstlichen Leere.
5. Februar
5. Februar
Beklagt wird hier – wie anderswo auch – das Überhandnehmen eines globalen, nach Aussprache, Grammatik und »Wortschatz« defizitären englischen Idioms, wie es allenthalben von Fußballtrainern, Eisprinzessinnen, Spitzenköchen, Bankangestellten, Blumenverkäuferinnen, Tenniscracks, Schönheitsköniginnen, Slampoeten, Slalomspezialisten, Politikberatern, Armeesprechern und Supertalenten aller Sparten, aber auch von minderen Zeitgenossen wie du und ich praktiziert wird.
4. Februar
4. Februar
Derweil gehn Regen fressen die die’s wissen.
3. Februar
3. Februar
Die schöngeistige Ethik des Philosophen bleibt Behauptung, vermag nichts zu ändern, nichts zu bewirken.
2. Februar
2. Februar
Beschallung aus dem Hintergrund? Anregende Begleitmusik?
1. Februar
1. Februar
Der Schnee von gestern ist in den Neuschnee von heute verpackt, …
31. Januar
31. Januar
Was wäre aus mir geworden, wenn ich Balz Kussmaul geheißen hätte, oder Fritz Würmli, oder Götz von Ficker? Zu schweigen von Thomas Mann!
30. Januar
30. Januar
Auch das Neuste weiß man schon längst.
29. Januar
29. Januar
Mein tägliches … mein nächtliches Fest ist die Lektüre.
28. Januar
28. Januar
Für ein paar Wochen, während draußen Bürgerkrieg und Hungersnot herrschten, führten die beiden ungleichen Freunde zwischen ihren Zimmerecken eine Kontroverse über (buchstäblich:) Gott und die Welt.
27. Januar
27. Januar
Es kamen weitere, härtere Träume, keinen hab ich behalten, aber ich ahne sie alle – als lägen sie in der Zukunft.
26. Januar
26. Januar
Und wie geht’s dir, mein Lieber, wann sieht man sich wieder?
25. Januar
25. Januar
So! Unsere kurze Saison in der Hölle ist vorbei.
24. Januar
24. Januar
Hier und jetzt geht es um die andere Prosa: putzen, waschen, einkaufen, einzahlen, Post abholen, Geld abheben usf.
23. Januar
23. Januar
Fazit aus dem Spätwerk so manch eines Künstlers/Autors:
22. Januar
22. Januar
»Nicht der Rede wert.« Um so besser denn also, wenn man nicht auch noch darüber reden muss.
21. Januar
21. Januar
Als die reine … als die eine Sprache gilt auch hier die unartikulierte Kundgabe des Tiers, das dem Göttlichen näher steht als dem Menschlichen:
20. Januar
20. Januar
In diesen Tagen, Nächten häufen sich die Träume von Desorientierung und Unsicherheit.
19. Januar
19. Januar
Plötzlich kommt die dreizehnjährige Pauline Vogaux mit dem Vorschlag, dass wir alle nun unser Testament machen und laut sagen sollen, was wir uns wünschen für wenn wir tot sind.
18. Januar
18. Januar
Wer in Ichform denkt, muss immer auch er sein … muss einen Körper haben.
17. Januar
17. Januar
Das eigene Verschwinden zu betreiben, erfordert mehr Umsicht und Mut, als sich durchzusetzen und sich aufzustellen.
16. Januar
16. Januar
Immer wieder überkommt mich die abstruse Vorstellung … überkommt mich der perverse Wunsch, meine letzte Liebe für eine blinde Frau aufzubringen; für jemanden, dem ich die sichtbare Welt erzählen könnte, dem ich meine Welt als die wirkliche Welt in Worten vorspiegeln könnte, für jemanden, dessen Welt meiner Vorstellung entspräche und der – oder die – in dieser Welt tatsächlich zugange wäre.
15. Januar
15. Januar
Ja. Ich möchte auch das gesagt haben.
14. Januar
14. Januar
Mein Interesse gilt vielmehr dem unangepassten Anderen, der sich durch seine Eigenart, mithin durch seine Fremdheit widerständig zu erkennen gibt.
13. Januar
13. Januar
Die Migräne ist diesmal an mir gescheitert.
12. Januar
12. Januar
Nur zum Gedicht bin ich immer bereit, falls es für mich bereit ist; ein Gedicht muss ich nicht schreiben wollen, es selbst ist der Appell – es ruft, ich geh hin, es ist da, und da, wo es ist, gibt’s dann einiges noch zu tun.
11. Januar
11. Januar
Und so wird denn – wie anders? – der Großteil jenes Allerwichtigsten ungeschrieben bleiben. So auch mein Testament.
10. Januar
10. Januar
Das ganz und gar unaufwendige Projekt besteht darin, auf dieser längsten Strecke der hiesigen Verkehrsbetriebe aktuelle Materialien zur Stadtschrift zusammenzutragen – sogenanntes Sprachgut, das sich auf unterschiedliche Art und in unterschiedlicher Funktion im öffentlichen Raum kundtut.
9. Januar
9. Januar
Was bleibt, ist kein Verlust … ist nur ein leises Bedauern.
8. Januar
8. Januar
Hier implodieren alphabetische Ordnung und Bedeutungszusammenhang gleichermaßen
7. Januar
7. Januar
Listentaumel!
6. Januar
6. Januar
Beste Texte zu lesen, ist keineswegs ein elitäres Unterfangen – jeder ist dazu eingeladen, jeder kann sich bedienen, und kosten tut’s nichts als die Anstrengung, mitlesen zu wollen.
5. Januar
5. Januar
Ein dürftiger Tag, der sich durch diverse saisonale Widersprüche hervortut.
4. Januar
4. Januar
Das Leben … mein Leben ist ein permanenter Selbstmordversuch. Weshalb sollte ich Hand an mich legen?
3. Januar
3. Januar
Das Traumgeschehen erreicht hier, obwohl ein spannender Plot fehlt, eine Intensität und einen Detailreichtum, wie ich es sonst nur im Wachzustand erlebe.
2. Januar
2. Januar
Mit wem werde ich mich diesmal verwechseln?
1. Januar
1. Januar
Ich kann mir einen Beginn nicht vorstellen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass vor dem Beginn nichts war; ein Gleiches in Bezug auf das Ende – wie ist ein Ende zu denken, wenn man nicht denken kann, dass nach dem Ende nichts mehr sein wird.