Felix Philipp Ingold: Nach der Stimme

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Felix Philipp Ingold: Nach der Stimme

Ingold/Leimgruber-Nach der Stimme

XII

aaaaaaaaaaaaaaaaaaaRené Char lesen hören

Tiefer ins
Inselinnre sich erinnern. Wo
Igitur ruht
ist der Name Ort genug. Als wär’s
ein Vers
herzwärts. Werden plötzlich die Bläulinge
Meer.

*

Teer der glüht und wer
wenn der Zeitspatz tschilpt die lautlos
brodelnde Wolke auf
den Bildschirm ruft. Luft faustdick
auf die Leertaste
gepackt. Nur um die Trauer
zu tragen die man
kennt von Elektra. Und dann
unter jedermanns Hand
stirbt’s wie Mai.

*

Ei vollendet als heiteres
Amen den Arsch. Reiner ist kein
Beginn nicht. Fängt ein
was richtet. Setzt frei was spricht. Jetzt
… schweigt!…
bricht’s. Ohne Eile unter
leichtern Händen. Wie Char ins
stumme ǝ total
vertrauen. Wohingegen
Frau ist leider.

*

Insider sein und
aber draussen fristen. Ist
der Rand
die List der Mitte. Mit
der Zeit gehn
Frist und Sorge. Nämlich ungeheure
Summen immer. Stiefgeschwister. Hurenkinder. Und
der Sinn wie Eis
ins Aus treibt mit Gezeiten. Nicht
zu machen.

*

Lache
gestreift vom Flügel eines
Trauermantels. Oder von dem bisschen
Luft die
ihn trägt von Sturz
zu Sturz. Runzelt kurz der Himmel
sein sinnloses Blau und ist
auch im seichtesten Spiegel zu lesen. Als
mehrfach gestrichenes
c.

*

Szene im gestrigen
Licht. Das Zimmer noch immer
gefaltet. Die Helle
verneint es. Der Eifer sucht’s. Jemand
wie ich hüllt mich
in seinen Flügel. Unzweifelhaft und…
… und Ikarus stürzt
auf mein Grab. Wird Traum. Gesetz. Den Raum
setzt ein Stolz ausser
Kraft. Ein
Blitz. Dein Blick. Mein
Ja.

*

Ja… ach. Dieses
Wort sagt ich. Wie Marthe. Wie
Marr…cht. Zum Beispiel
aber „du“. Tu’s
mit der Schönheit
die dir so ähnlich ist dass
einer wie „ich“ also jeder
sie wie nichts vergisst. Fast
wie Macht.

*

Sacht Jährchen
eingelegt. Was Weine. Gut
gekeltert. Halb
gealtert. In Kellern wo
Leben geht und
Rat nicht kommt. Nur
ewig Mythen. Lächerlich ist nie
mehr Lachen aber
Weinen sehr. Weil Tod muss
immer alles
sein. Auch selbst. Auch
verdient. Solang
noch das Lämpchen
glüht. Und
bis der Baum dich pflückt.

*

Fügt der frühe
Farn seinem Alter den
zackigen Schatten
hinzu. Hin zum
ungefähr Genauen winzig dieser
Asterisk. Und rasch
was Sache ist z-zi… zitiert. Was
Habe. Und zitternd um’s
zu vergessen.

*

Lesen tu… tut es
aber wer. Und wettern g-ge…
gegen Sturm und
laufen weg wenn er sich
legt und l-liegt
wie nichts. Und nichts
mehr ist diesseits zusch…
zu stillen. Auch nicht
wo’s reimt entg-
ge… gegen den Willen. Wo
das Ziel zwar
das Schwärzeste ist.

*

Frisst
er’s ein Stück
Brot zum Lachen. Mittags
flüstert Wahnwitz
ptschchu! statt schreien. Bitterer
zu wissen dass
„und hier und jetzt“
kein Wissen ist. Nur hoffen was
nicht untergeht
sei Sonne. Und gültig
für immer
wie dein Gesicht.

*

Wie ein Gsche-siiich… ein
Gesicht zwischen Schrift und
Gedicht. Wie Kalk
so kalt und so
bald. Es unsbi… unsi…
ist ein Unsichtbares und
am Leben ich. Ach ausser Atem
gibt’s hier alles. Also
lass uns
noch ein bisschen dauern.

Romainmôtier; 30. Juni und 21. Juli 1996

 

 

Beitrag zu diesem Buch:

Jdl.: Zwischen Zinn und Ober
Neue Zürcher Zeitung, 17. 12. 1998

 

 

Jan Kuhlbrodt: Versuch über Ingold
poetenladen.de, 28.10.2012

Jan Kuhlbrodt: Vom Abtragen der Monumente oder das Wesen der Chronologie

 

MIT DEM BLICK, ALLEIN
Für Felix Philipp Ingold

Monologe, die
in Schneestürme münden
Gestöber, Gebete, aus denen
Wörter fallen, tauen
und wieder überfrieren.

Der Dichter Gennadij Ajgi
wird begraben
wie weiß ist der Schnee
leis die Schritte

Leichnam in Tücher gehüllt
den Leichnam gebettet
weißer als weiß, blendend
tschuwaschisch gewaschen

und die das Tuch halten
im einträchtigen Gleichgewicht
niedergelegt, das Bild schneit ein
verblaßt nicht

so haben Sie es erzählt

Ursula Krechel

 

 

Zum 70. Geburtstag des Autors:

Ulrich M. Schmidt: Das Leben als Werk
Neue Zürcher Zeitung, 25.7.2012

Zum 80. Geburtstag des Autors:

Magnus Wieland: Der Autor, der die Autorschaft hinterfragt
Berner Zeitung, 25.7.2022

Fakten und Vermutungen zum Autor + PreisKLG +
Kalliope + Viceversa + Forschungsplattform + slavistik-portal
Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde Ohlbaum + Keystone-SDA +
deutsche FOTOTHEK
shi 詩 yan 言 kou 口

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

0:00
0:00