Daniel Falbs Gedicht „aufforderung zur erotik auf dem finanzplatz, bitte sehr. …“

DANIEL FALB

aufforderung zur erotik auf dem finanzplatz, bitte sehr.
aaaaaaaa aaaaein kleines feuer vor dem bundeskanzleramt, bitte.

wir hatten uns sanktionen ausgedacht, aber mehr als spaß.
aaaaaaaa aaaaaaaaaaaaaa       ich band mir ein schuldgefühl um:

wie diese jugendlichen sich masken umbanden im bericht
aaaaaaaaa aaa               über ihren alkoholismus. erster karneval:

ich als jäger, träumend, mit einem gewehr aus holz, dann machen wir
a awirklich etwas liebe und du betastest den plastiksprengstoff.

2003

aus: Daniel Falb: die räumung dieser parks. kookbooks Verlag, Berlin 2003

 

Konnotation

In kühler Beiläufigkeit protokolliert hier der Berliner Großstadtpoet Daniel Falb (geb. 1977) den Zusammenprall hedonistischer Privatvergnügungen mit dem Ordnungsanspruch politischer Institutionen. In diesem Szenario gibt es keine Hierarchie von Bedeutungen und Geschehnissen mehr: Alle Beobachtungen stehen gleich nah zum Mittelpunkt. Und in diesem Mittelpunkt scheint ein sehr indifferentes Ich zu agieren.
Falb schreibt eine Lyrik, die demonstrativ „auf Gelassenheit heruntergeschaltet“ (Ron Winkler) ist. Seine distanzierten Rapporte erzeugen Reibung zwischen unterschiedlichsten Satztypen und Fachsprachen, die Bewusstseinsreize aus einer urbanen Lebenssphäre werden gleichsam „dokumentarisch“ erfasst und in reizvolle Konstellationen integriert. Auch wenn hier ein Ich eine Innenperspektive behauptet, scheinen die Ereignisse und Situationen in Falbs Gedichten aus dem Blickwinkel einer neutralen Kamera gezeigt zu werden.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009

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